Arbeitsgruppe entwickelt Buskonzept:

Mikro mit 80386 noch in diesem Jahr

06.06.1986

BOSTON (CWN) - Einen Standard-Bus für Rechner mit dem 32-Bit-Chip 80386 von Intel möchte die Phoenix Technologies Ltd. entwickeln. Dieses Vorhaben, das die Verkaufschancen der Systeme der nächsten Generation fördern soll, wurde von dem US-Unternehmen jetzt offiziell bekanntgegeben. Mangel an Unterstützung durch IBM, Microsoft und Compaq läßt jedoch Skepsis hinsichtlich der Erfolgschancen aufkommen.

Phoenix produziert IBM-PC-kompatible Systemtechnik für AT&T und viele andere Hersteller kompatibler Geräte. Nun möchte das Unternehmen eine Standard-Hardware-Architektur für Intels 32-Bit-CPU kreieren, die es potentiellen Anbietern ermöglichen soll, innerhalb von drei Monaten eine derartige Maschine zu konstruieren.

Mit der Festlegung auf eine bestimmte Busanordnung wäre allerdings nur ein Problem erschlagen, nämlich das der Hardwarekonfiguration. Viele Inkompatibilitätsprobleme der Software blieben zunächst ungelöst, jedoch könnte dieser Schritt Peripheriehersteller zu einem Vorpreschen ermutigen, erklärte Phoenix-Chef Neil Colvin. Seiner Ansicht nach gibt es bereits viele Hersteller, die darauf warten, den 80386 in ihre Produktpalette einzufügen. Beim gegenwärtigen Stand allerdings befürchteten sie, am Ende allein mit einem ungenormten Produkt dazustehen.

Als ersten Schritt brachte Phoenix daher 44 Hardwarehersteller zusammen und gründete eine Arbeitsgruppe, der beispielsweise AT&T, Emulex, Olivetti und Tandy angehören. Aufgabe dieses Gremiums ist die Erarbeitung eines Normvorschlags, der als Diskussionsvorlage dienen soll.

"Es wäre schön gewesen, wenn IBM teilgenommen hätte", sagte Colvin, "aber ich denke nicht, daß es von entscheidender Bedeutung ist". In der Industrie herrsche übereinstimmend die Ansicht, daß IBM zumindest in den nächsten neun Monaten kein 80386-System einführen wolle und die Konkurrenten diese Zeitspanne nicht ungenutzt verstreichen lassen sollten.

Colvin, der bereits Demonstrationen dreier derartiger Systeme gesehen haben will, vertrat die Ansicht, daß bereits im Spätsommer die ersten 80386-Systeme am Markt sein werden; bis Jahresende schätzte er ihre Anzahl auf etwa ein halbes Dutzend. Anfänglich würden diese wahrscheinlich als eine Art "Turbo-AT" eingesetzt. Für den Mikroprozessor 80386 maßgeschneiderte Software werde dann nach und nach auf dem Markt erscheinen.

Auch Compaq-Sprecher Swavely erwartet nicht, daß IBM eine Pionierrolle bei 80386-Systemen einnehmen werde: "Sie haben gerade umfangreiche Investitionen in die Modernisierung ihrer 80286-Architekturen gesteckt, da denke ich, sie werden sich nicht um eine neue Generation drängeln. Außerdem bietet der 386 eine Leistung, wie sie vielen Produkten von IBMs mittlerer Leistungsklasse entspricht." Hinweise auf 80386-Pläne seines Unternehmens wollte er allerdings nicht geben.