Vorbeugung gegen strengere Verbraucherschutzgesetze?

Microsoft will nur noch auf Web-Sites mit klarer Privacy-Politik werben

02.07.1999
MÜNCHEN (CW) - Microsoft will vom 1. Januar 2000 an keine Online-Werbung mehr auf Web-Sites schalten, die sich nicht strengen Regeln im Umgang mit der Privatsphäre (Privacy) ihrer Nutzer unterwerfen. Damit möchte das Unternehmen möglicherweise verhindern, daß in den USA schärfere Verbraucherschutzgesetze eingeführt werden.

Microsofts Chief Operating Officer (COO) Bob Herbold betonte in seiner Eröffnungsrede auf der PC Expo in New York, eine ungenügende Privacy-Politik sei eines der Haupthindernisse für ein kontinuierliches Wachstum des elektronischen Handels. Sein Unternehmen werde daher sowohl die eigenen Anstrengungen erhöhen als auch auf andere Web-Site-Betreiber entsprechend einwirken. Stärkstes Mittel dabei ist die Ankündigung, vom kommenden Jahr an keine Werbung mehr auf Web-Sites zu schalten, die nicht Microsofts Anforderungen an eine offene Informationspolitik im Umgang mit Verbraucherdaten genügen.

Der Softwaregigant war nach eigenem Bekunden mit einem Budget von etwa 30 Millionen Dollar im vergangenen Jahr vor IBM der größte Online-Werber überhaupt. Big Blue hatte eine ähnliche Initiative bereits im März angekündigt. Um in den Genuß von Microsoft-Werbung zu kommen, sollten Web-Site-Betreiber künftig bestimmte Grundregeln beachten. Unter anderem müssen Nutzer informiert werden, ob und wie persönliche Daten gesammelt werden, die Informationen müssen klar zugänglich sein, und die Privacy-Richtlinien müssen festgelegten Sicherheitsanforderungen genügen.

Microsoft stellt allen Interessenten kostenlos ein Tool zur Verfügung, mit dessen Hilfe sie Privacy-Statements analog dem vom World Wide Web Consortium (W3C) initiierten Privacy Protection Project (P3P) erstellen können. Die Gates-Company selbst will beispielsweise weltweit alle 29 Sites des Online-Dienstes MSN mit dem Siegel der Privacy-Initiative Truste (www.truste.org) versehen lassen.

Während einige Beobachter Microsofts Ankündigung als bahnbrechenden Erfolg für Online-Verbraucherschützer feiern, sehen andere das Vorhaben eher im Lichte der Untersuchungen der Federal Trade Commission (FTC), die seit einer Weile die Selbstregulierung der Web-Anbieter kritisch verfolgt. Die FTC bereitet zur Zeit Empfehlungen für den US-Senat vor, ob strengere Gesetze zur Wahrung der Privatsphäre von Internet-Anwendern nötig sind. Das wollen die großen Player im Online-Business natürlich unter allen Umständen vermeiden.