DV und RechtAllgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) auf dem Prüfstand

Microsoft: Bestimmungen sind besser als der Ruf

09.05.1997

Das Gates-Unternehmen verwendet derzeit einen "Endbenutzer-Lizenzvertrag für Microsoft-Software". Dieser wird der Packung mit dem Produkt so beigefügt, daß der Kunde ihn lesen kann und soll, bevor er die Packung öffnet. In großen Buchstaben heißt es: "Wichtig - bitte sorgfältig lesen." Dem Leser wird mitgeteilt, daß er einen Vertrag mit Microsoft schließen soll: "Indem Sie das Softwareprodukt installieren, kopieren oder anderweitig benutzen, erklären Sie sich einverstanden, an die Bestimmungen dieses Vertrags gebunden zu sein. Falls Sie den Bestimmungen dieses Vertrags nicht zustimmen, geben Sie bitte das unbenutzte Softwareprodukt unverzüglich gegen Rückerstattung des Preises der Stelle zurück, von der Sie dieses erhalten haben."

Vermieten bedarf der besonderen Zustimmung

Microsoft geht davon aus, daß der Anwender bereits einen Liefervertrag mit einem Händler zu dessen Geschäftsbedingungen geschlossen hat. Nach überwiegender Auffassung der Juristen werden die Vertragsbedingungen von Microsoft deswegen nur dann verbindlich, wenn der Kunde sie entweder bereits gegenüber dem Händler anerkannt hat oder ihnen tatsächlich - auch ohne Äußerung - beim Öffnen der Packung zustimmt. Ansonsten ist der Hinweis des US-Software-Unternehmens genauso unwirksam wie der auf Rechnungen, daß nur die AGB des Lieferanten zählen.

Unter der Überschrift "Softwareproduktlizenz" heißt es: "Das Softwareprodukt wird nicht verkauft, sondern lizenziert." Das klingt gut. In den USA gibt es in der Tat Unterschiede zwischen dem Verkauf und der Lizenzierung an den Anwender. Nach dem deutschen Urheberrecht, wie auch nach dem anderer EU-Staaten, wird das Produkt allerdings ganz normal verkauft. Das ändert aber nichts an der Wirksamkeit der folgenden Klausel. "Sie sind berechtigt, (...) eine Kopie des Softwareprodukts auf einen einzelnen Computer zu installieren und zu benutzen, (...) eine zweite Kopie für (die) exklusive Benutzung auf einem Heimcomputer oder einem tragbaren Computer herzustellen."

Es ist müßig, darüber zu streiten, in welchem Umfang ein Softwareprodukt ohne spezifische Vereinbarung benutzt werden darf. Die Klausel mag unerfreulich sein. Sie ist aber die notwendige Voraussetzung für die Differenzierung der Vergütung nach der Zahl der Arbeitsplätze. Dementsprechend ist sie wirksam.

"Sie sind ebenfalls berechtigt, eine Kopie (...) auf (...) einem Netzwerk-Server zu speichern oder zu installieren, sofern dieser nur dazu benutzt wird, das Softwareprodukt über ein internes Netzwerk auf Ihren anderen Computern zu installieren oder auszuführen. Sie sind jedoch verpflichtet, für jeden Computer, auf dem das Softwareprodukt auf einer Speichereinheit installiert oder ausgeführt wird, eine Lizenz zu erwerben, die speziell für diesen Computer gilt."

Daß der Einsatz eines Programms auf mehreren Arbeitsplätzen ("Computern") mehr kosten soll, ist nachvollziehbar. Die Preisdifferenz kommt kleinen Anwendern zugute. Schwierig ist nur die Formulierung, daß die Erlaubnis (hochtrabend "Lizenz" genannt) "speziell für den Computer" gilt. Soll das heißen, daß der Anwender, der die Erlaubnis erwirbt, das Programm auf 20 Arbeitsplätzen einzusetzen, dieses nur auf 20 bestimmten Arbeitsplätzen einsetzen darf und nicht auf 20 beliebigen innerhalb eines Client-Server-Systems?

Dennoch vermag ein Lieferant die Benutzung seines Programms in AGB wirksam dahingehend einzuschränken, daß es der Anwender nur auf ganz bestimmten Arbeitsplätzen einsetzen darf. Er kann auch technisch vorsehen, daß bestimmte Programmteile auf diesen Arbeitsplätzen zu installieren sind. Gegen solche "definierten" Arbeitsplätze ist rechtlich nichts einzuwenden. Sie sind insofern nicht mit den unzulässigen "definierten Benutzern" von SAP zu vergleichen (siehe CW Nr. 9 vom 28. Februar 1997, Seite 85).

Die Frage ist nur, ob Microsoft diese Einschränkung wirklich will, und wenn ja, ob es das ausreichend deutlich formuliert hat. Zumindest letzteres ist nicht der Fall.

"Eine Lizenz für das Softwareprodukt darf nicht von mehreren Benutzern geteilt oder gleichzeitig an verschiedenen Computern genutzt werden." Da hat der Käufer eine Suite von Softwareprodukten als ein einziges preisgünstig erworben und möchte diesen Vorteil richtig ausnutzen, indem er die einzelnen Programme getrennt verwendet. Das schafft noch einen weiteren satten Rabatt. Es ist verständlich, daß Microsoft das verhindern will. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden.

Microsoft wiederholt das weitgehende Verbot, die Programme zu dekompilieren, zu vermieten oder zu verleasen. Das Vermieten bedarf der besonderen Zustimmung des Rechtsinhabers; dieses Verbot geht in Ordnung.

Das Verbot, die Programme zu verleasen, dürfte nicht ernstgemeint sein. Finanzierungsleasing von Systemen ist weit verbreitet; Microsoft-Programme sind nahezu stets dabei. Die Klausel dürfte nur das kurzfristige Verleasen meinen.

Inhaltskontrolle

Die Vertragspartner können weitgehend von den gesetzlichen Vorschriften des Vertragsrechts abweichen, wenn sie den Vertrag individuell aushandeln. Wenn ein Vertragspartner, beispielsweise der Lieferant, aber sein Angebot zu seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen macht, wird die Vertragsfreiheit, die er erfahrungsgemäß einseitig ausnutzen will, eingeschränkt. Dann sind nur solche Regelungen wirksam, die nicht grob gegen Treu und Glauben verstoßen. Was das im einzelnen bedeutet, ist schwer zu ermitteln (Zahrnt/Erben: DV-Verträge - Wirksame und unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen, Hüthig Verlag 1996).

*Dr. Christoph Zahrnt ist Rechtsanwalt in Neckargemünd und beschäftigt sich ausschließlich mit DV-Vertragsrecht und Softwareschutz.