Der Mehrwertdienste-Markt ist attraktiv, aber komplex

Mehr Chancen durch Vielfalt im weltweiten VANS-Angebot

30.11.1990

Im Rahmen der weltweiten Internationalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten gründen immer mehr Firmen Niederlassungen in anderen Ländern oder gehen Verbindungen mit ausländischen Vertriebsorganisationen ein. Im Zuge dieser Entwicklung nehmen Bedarf und Angebot an internationalen Netzwerk-Dienstleistungen erstaunliche Maße an.

Eines der am schnellsten wachsenden Segmente dieses Marktes stellen die internationalen Mehrwertdienste (IVANS - International Value Added Networks and Services) dar. Sie werden installiert von Unternehmen, die meist neben anderen Servicepaketen unterschiedliche Dienstleistungen auf der Basis der Datenkommunikation, der elektronischen Post, des Filetransfers etc. anbieten. Nach Angaben der Europäischen Kommission in Brüssel weisen die mit internationalen und nationalen Mehrwert-Dienstleistungen weltweit erzielten Umsätze derzeit Wachstumsraten von 20 bis 25 Prozent auf, im Jahre 1988 betrug der Umsatz weltweit bereits fast 15 Milliarden Dollar.

Der einzige Unterschied zwischen den weltweit operierenden Unternehmen und den lokal anbietenden besteht in ihrem mehr oder weniger großen Radius. Allerdings ist der Schritt über die Grenzen der USA beispielsweise, was die von Land zu Land verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen betrifft, oft ein Schritt ins Ungewisse.

Die direkte Anbindung ist eine große Stärke

Das Hauptproblem liegt darin, daß in den meisten Ländern der Welt örtliche oder regionale Monopolunternehmen für die Bereitstellung der öffentlichen paketvermittelten Dienste und auch anderer Datenkommunikations-Dienstleistungen zuständig sind. Dies führt dazu, daß in diesen Ländern Angebote von US-Firmen, die die Benutzer direkt an ihre privaten VANs anbinden möchten, häufig zumindest theoretisch illegal sind.

Dabei ist diese direkte Anbindung gerade die Stärke der internationalen Anbieter. In vielen Ländern umgehen die Amerikaner diese Monopole, indem sie sich nationale Bestimmungen zunutze machen, die bei sogenannten "höheren" Datenkommunikations-Dienstleistungen im Gegensatz zu "einfachen" Datenkommunikations-Dienstleistungen einen Wettbewerb privater Anbieter zulassen.

Welche Arten von Dienstleistungen in die eine oder andere Kategorie fallen, ist überall umstritten, variiert von Land zu Land und dort dann auch wieder von Anbieter zu Anbieter (siehe auch Seite 44 "Definitionen").

Häufig versteht man unter einfachen Dienstleistungen (Basic Services) die bloße Datenpaket-Vermittlung, das heißt das Verschieben von Daten zwischen Computern über öffentliche X.25-Netze. Als höhere Dienstleistungen gelten normalerweise alle weiteren Möglichkeiten der Datenkommunikation und deren Voraussetzungen, so zum Beispiel Protokollumwandlung, EDI (electronic data interchange), Datenbankdienste und Netzwerk-Verwaltung.

Um Konflikte mit den örtlichen Bestimmungen zu vermeiden, achten die Anbieter peinlich darauf, daß nicht der Eindruck entsteht, ihr Angebot an Netzwerk-Diensten umfasse auch einfache Datenkommunikations-Dienstleistungen. "Wir bieten kein VANS, sondern internationale Datenfernverarbeitungs-Dienstleistungen an", stellt Donna Valtri, Marketing-Leiterin für Netzwerk-Dienste der General Electric Information Services (GEIS, siehe Marktübersicht Geisco) in Rockville, Maryland, klar. "Ich weiß, daß man uns in den Vereinigten Staaten für einen VANS-Anbieter halten könnte. Wir ziehen allerdings andere Bezeichnungen vor."

Vor-Ort-Betrieb kann illegal sein

Die Schwierigkeiten, vor denen international agierende Mehrwertdienste-Anbieter bei der Beschreibung ihrer Aufgaben für die gesetzliche Genehmigungen stehen, sind deshalb von Bedeutung, weil sie den Kern ihrer Arbeitsweise betreffen.

Um Profite zu maximieren und den Benutzern den bestmöglichen Service zu bieten, versuchen die Betreiber internationaler Netze in jedem größeren Land, zu dem sie Geschäftsverbindungen unterhalten, Netzwerk-Knoten einzurichten.

Dabei sind sie daran interessiert, daß die Benutzer in diesen Ländern über Wählverbindungen oder Standleitungen direkten Zugriff auf die örtlichen Netzwerk-Knoten haben, um weltweit Daten mit anderen an IVANS angeschlossenen Benutzern und Organisationen austauschen zu können.

Suche nach dem Weg im Paragraphendschungel

Der Vor-Ort-Betrieb eigener Netzwerk-Knoten kann jedoch in Ländern, die einem örtlichen Betreiber ein Monopol auf Datenkommunikations-Dienstleistungen einräumen, illegal sein. In solchen Fällen können IVANS ihre Teilnehmer nur erreichen, wenn sie sich über öffentliche Gateways (Datenübertragungs-Einrichtungen) an das örtliche öffentliche Datennetz (PDN - Public Data Network) anschalten lassen.

Für die Endabnehmer ist diese Situation unbefriedigend, da sie es so mindestens mit zwei Betreibern zu tun haben: einem von den USA aus operierenden IVANS und dem örtlichen PDN. PDNs reagieren oft weniger entgegenkommend auf Kundenwünsche als IVANS. Verbindungen über zwei oder mehrere VANS haben den Nachteil, daß Netzwerk-Probleme schwerer zu lokalisieren und zu beheben sind und ein geringeres Spektrum von Anwendungen unterstützt wird. Gleichzeitig steigt die Fehlerwahrscheinlichkeit im Gesamtsystem.

"Das ist eine Situation, die man nach Möglichkeit vermeiden sollte", meint Martin Morell, Seniorberater der Unternehmensberatung Lynx Technologies in Little Falls, New Jersey. Ein gutes Beispiel für den Paragraphendschungel, in dem sich die Betreiber von IVANS zurechtfinden müssen, sind die gesetzlichen Bestimmungen für Netzwerke in Frankreich. Die französische Regierung räumt der Transpac, einer Tochtergesellschaft des Staatsunternehmens France Telecom, ein Monopol für die Bereitstellung sämtlicher öffentlicher Paketvermittlungs- und Datenkommunikations-Einrichtungen ein.

Auf dem Gebiet der höheren VANS-Dienstleistungen, die von der französischen Regierung als "Telematics" bezeichnet werden, ist dagegen ein Wettbewerb privater Anbieter zulässig. Ausländische Firmen dürfen in Frankreich Paketvermittlungs-Netzwerke einrichten und Kunden werben, solange sie im wesentlichen höhere Dienstleistungen anbieten. Um zwischen einfachen und höheren Dienstleistungen unterscheiden zu können, stellen die zuständigen Behörden die Erträge eines IVANS den Ausgaben gegenüber, die zur Aufrechterhaltung des Netzwerk-Betriebs für Privatleitungen anfallen.

Falls die Ausgaben eines internationalen Netzbetreibers für Privatleitungen in Frankreich mehr als 1,5 Prozent der im Land erzielten Erträge ausmachen, gehen die Behörden davon aus, daß lediglich Paketvermittlungsdienste angeboten wurden, für die eigentlich die Transpac zuständig wäre, oder daß es sich um einen illegalen einfachen Weiterverkauf von Datenübertragungs-Kapazitäten handelt. Betragen die Ausgaben des IVANS für Privatleitungen dagegen weniger als 15 Prozent der erzielten Erträge, wird es problemlos als legaler Anbieter höherer Dienstleistungen anerkannt.

Vorschriften für VANS werden gelockert

Obwohl solche Bestimmungen einen offenen Anreiz für überhöhte Benutzungsgebühren darstellen, konnten fast alle größeren amerikanischen Betreiber von IVANS in Frankreich eigene Netzwerk-Knoten einrichten, indem sie ihr Angebot an höheren Dienstleistungen in den Vordergrund rückten und von der bloßen Bereitstellung von Paketvermittlungssystemen Abstand nahmen.

Andere Vorschriften betreffen das Verbot von Datenkommunikations-Dienstleistungen, die herstellerspezifische Übertragungsprotokolle verwenden

- ein besonderes Schreckgespenst für das IBM Information Network, das auf dem IBM-eigenen SNA-Protokoll (Systems Network Architecture) beruht.

So konnte das IBM Information Network beispielsweise bis zum letzten Jahr nicht in Japan eingesetzt werden, weil die dortigen Bestimmungen für alle IVANS die Benutzung des X.25-Protokolls zwingend vorschrieben. Nachdem diese Beschränkung auf Druck der amerikanischen Regierung fallengelassen wurde, ist IBM heute in Japan auf diesem Gebiet präsent.

Andere Länder, wie beispielsweise Südkorea und Thailand, verbieten den Wettbewerb auf dem Gebiet der VANS zum Teil aus Gründen der nationalen Sicherheit. In solchen Ländern scheint man zu glauben, daß fremde Geheimdienste internationale VANS auf irgendeine Weise zum Sammeln sicherheitsrelevanter Informationen mißbrauchen könnten.

All dies betrifft die Benutzer in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird klar, in welchem Maße dieser Markt von unterschiedlichen nationalen Bestimmungen abhängig ist. Diesbezüglich gibt es allerdings gute Neuigkeiten, weil immer mehr Länder rund um den Erdball ihre Vorschriften für VANS lockern.

Zum anderen ergibt sich daraus, daß das wichtigste Kriterium bei der Auswahl eines Netzbetreibers dessen Präsenz in den Ländern ist, mit denen der Benutzer kommunizieren will. Ein potentieller Benutzer sollte genau ermitteln, welche Einrichtungen der Mehrwertdienste-Anbieter seiner Wahl in den Ländern bereitstellt, in denen die Dienstleistungen benötigt werden, und sich vergewissern, daß der Anbieter über gute Beziehungen zu örtlichen Betreibern und Behörden verfügt.

Leitende Angestellte von VANS-Anbietern erzählen hinter vorgehaltener Hand oft von Konkurrenten, die ihre Dienstleistungen unter Umgehung örtlicher Gesetze anbieten, Ärger mit Behörden haben und ständig am Rande eines Hinauswurfs aus dem betreffenden Land operieren.

Ständig am Rande eines Hinauswurfs

Doch selbst wenn sich ein Netzbetreiber über längere Zeit in einem Land hält, kann böses Blut zwischen ihm und örtlichen Beamten große Probleme aufwerfen. Streitigkeiten können dazu führen, daß örtliche Betreiber die Genehmigung der für den Zugriff auf das Netzwerk benötigten Einrichtungen verschleppen und den nicht nationalen Anbieter und seine Kunden mit zweitklassigem Service abspeisen.

"Als Kunde möchte man auf jeden Fall vermeiden, daß der Anbieter, für den man sich entschieden hat, von den Behörden aus dem Land gejagt wird, nachdem man gerade erst dort angekommen ist, und man sollte auch keine Firma wählen, die vor Ort nicht die nötigen Verbindungen hat, um den versprochenen Service auch tatsächlich zu liefern", meint ein Manager für Internationale Netzwerke aus dem Transportgewerbe, der anonym bleiben möchte. Sein Unternehmen, das nach der Aufstellung des US-Magazins Fortune zu den 100 größten im Land zählt, hat sich für eines der führenden international operierenden US-VANS entschieden, mit dessen Hilfe Datenkommunikations-Verbindungen in 57 Ländern unterhalten werden. "Alles hängt von der Qualität der Vor-Ort-Vertretung im Zielland ab", fügt Ray Pardo, leitender Telekommunikations-Ingenieur des internationalen Bauunternehmens Bechtel Group in San Franzisko, hinzu.

Fragt sich also, wie man als Benutzer die Qualität der Vor-Ort-Vertretung eines nicht-nationalen VANS-Betreibers im Zielland einschätzen kann. Auf der Netzwerk-Seite sollte man zunächst feststellen, ob ein VANS-Anbieter im Zielland über eigene Netzwerk-Knoten verfügt. Pardo rät potentiellen Benutzern, dabei nicht nur gegenwärtige, sondern auch mögliche zukünftige Operationsgebiete einzubeziehen. Die Kommunikation über eigene örtliche Netzwerk-Knoten ist deshalb vorzuziehen, weil ein Netzbetreiber auf diese Weise umfangreichere Dienstleistungen bieten kann als bei einem Gateway zu einem Knoten eines lokalen Betreibers.

So unterstützen solche Gateways beispielsweise in den seltensten Fällen die Möglichkeit der Übernahme von Netzwerk-Benutzungsgebühren örtlicher Firmenvertretungen durch das Stammhaus in den Vereinigten Staaten. Dies gilt auch bei geschlossenen Benutzergruppen im Bereich der elektronischen Post und der Paketvermittlung.

Gateway-Anbindungen sind weniger zuverlässig

Außerdem sind Gateways weniger zuverlässig und anfälliger für Netzwerk-Fehler als der direkte Zugriff auf den anbietereigenen Netzwerk-Knoten. "Gateways unterstützen im allgemeinen nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zur Aufrechterhaltung der Kommunikation", gibt Martin Morell von Lynx Technologies zu bedenken.

Verfügt ein IVANS im Zielland nicht über eigene Netzwerk-Knoten, sollte man untersuchen, mit welchen anderen Mitteln es seine Datenkommunikations-Dienstleistungen bereitstellt. Als zweitbeste Alternative zu eigenen Netzwerk-Knoten im Zielland stellen IVANS-Betreiber häufig Standleitungen zur Verfügung, die einen ihrer Netzwerk-Knoten in den USA oder in einem benachbarten Land mit einem durch einen örtlichen privaten Netzanbieter betriebenen Gateway im Zielland verbinden.

Andere Mehrwertdienste-Anbieter arbeiten mit IRCs (International Record Carriers) zusammen, um den Datenverkehr zwischen einheimischen VANS und ausländischen privaten Netzanbietern (PDNs) sicherzustellen. Bis in die frühen 80er Jahre waren die Betreiber von IRCs die einzigen Betreiber in den Vereinigten Staaten, denen die Bereitstellung internationaler Telex- und Paketvermittlungs-Dienste erlaubt war. Als alte Hasen auf dem Gebiet der internationalen Datenkommunikations-Dienstleistungen können sie beste Verbindungen zu privaten Datennetzanbietern in der ganzen Welt vorweisen.

Zu den IRC-Betreibern gehören die Abteilung für Paketvermittlungs- und Telexdienste der Firma ITT World Communications, die mittlerweile der Western Union gehört, MCI Communications, Besitzerin der Western Union International und RCA Global Communications sowie die zur Pacificorp in Portland, Oregon, gehörende Firma TRT/FTC Communications, aber natürlich auch private oder privatisierte Anbieter in den Zielländern, die im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Postgesellschaften gerade auch in Europa vermehrt auf den Markt kommen.

IRCs richten im allgemeinen Mietleitungen ein, die ihre heimischen Gateways für den internationalen Verkehr mit den Gateways ausländischer PDNs verbinden. Über diese Verbindungen werden darin paketvermittelte Datenkommunikations-Dienstleistungen zwischen den IRC-Netzen und den PDNs abgewickelt. Einige der größten Kunden der US-IRCs sind amerikanische VANS-Anbieter.

Obwohl die IRCs in puncto Zuverlässigkeit einen guten Ruf haben, vermeiden manche Benutzer nach Möglichkeit eine Weiterleitung ihres Datenverkehrs von einheimischen VANS-Anbietern, die international tätig sind, über IRC-Einrichtungen zu ausländischen PDNs, weil auf diese Weise drei verschiedene Betreiber an der Bereitstellung der im Zielland benötigten Dienstleistungen beteiligt sind, was die Wahrscheinlichkeit von Netzwerk-Fehlern erhöht und das Beheben von Übermittlungsproblemen schwieriger macht.

Als weitere Möglichkeit des Datenaustauschs mit dem Ausland bedienen sich IVANS sogenannter Transitdienste, bei denen ein PDN die Weiterleitung des Datenverkehrs zwischen einem IVANS und einem weiteren PDN übernimmt. Für dieses Arrangement gelten die gleichen Nachteile wie für die Verwendung von IRCs, wobei verschärfend hinzukommt, daß zwei der drei beteiligten Betreiber im Ausland sitzen, was die Lösung von Netzwerk-Problemen weiter erschwert.

Eine letzte Methode, mit der IVANS-Betreiber ihre internationalen Dienstleistungen bereitstellen, besteht darin, vom Kunden zu verlangen, daß er selbst für eine Wählverbindung oder Standleitung sorgt, die der betreffenden Niederlassung den Zugriff auf einen außerhalb des Ziellandes liegenden VANS-eigenen Netzwerk-Knoten erlaubt. Dieser Weg erweist sich, als problemlos, solange der betreffende Netzwerk-Knoten nicht zu weit entfernt ist und keine allzu hohen Gebührenaufschläge für den grenzüberschreitenden Datenverkehr fällig werden. In anderen Fällen erfordert diese Variante vom Benutzer die Einrichtung teurer Wählverbindungen oder aufwendiger internationaler Privatleitungen zu fernen Netzwerk-Knoten des internationalen Anbieters.

Nachdem der potentielle Benutzer die Verbindungswege eines IVANS unter die Lupe genommen hat, sollte er sich über das technische Kundendienstangebot des IVANS-Betreibers im Zielland informieren und sich vergewissern, daß der dortige Netzwerk-Knoten das voraussichtliche anfallende Datenvolumen verkraftet und das zu verwendende Übertragungsprotokoll unterstützt.

Zeit für das örtliche Kundendienstpersonal

Man sollte sich die nötige Zeit für ein persönliches Treffen mit dem örtlichen Kundendienstpersonal nehmen, um dessen technische Qualifikation besser einschätzen zu können. Erstklassige Kundendienstleute können oft vor Ort kleinere Veränderungen an Netzwerk-Einrichtungen vornehmen, die die Antwortzeiten eines Kunden verlängern und zur Vermeidung von Netzwerk-Fehlern beitragen. Schließlich ist das örtliche IVANS-Personal meist die erste Instanz, an die sich der Abnehmer bei Problemen wendet.

Neben der Beurteilung der Qualität des technischen und personellen Vor-Ort-Supports sollte man sein Augenmerk auf die Art der Anbindung eines in Frage kommenden IVANS zum jeweiligen örtlichen oder regionalen PDN richten. Falls das IVANS eine Schnittstelle zu einem lokalen PDN besitzt, gilt es, die Art der unterstützten Zusammenschaltung zu ermitteln. Es kommt vor, daß PDNs ein Gateway für ein bevorzugtes IVANS reservieren, während sich alle weiteren Anbieter die Kapazität eines anderen Gateways teilen müssen. Außerdem lohnt es sich, eindringliche Fragen über die Art der Geschäftsverbindungen zwischen IVANS-Betreiber und örtlichem PDN zu stellen. "Man sollte herausfinden, ob (vom IVANS-Betreiber an das lokale PDN) Provisionen gezahlt werden und, wenn dies der Fall ist, wer (welcher IVANS-Betreiber) am meisten zahlt", meint der bereits erwähnte anonyme Manager für Internationale Netzwerke aus dem Transportgewerbe. "Wenn man weiß, wer die größten Schecks ausstellt, weiß man auch, wer vom PDN den besten Service erwarten kann."

Durch solche eindringlichen Fragen kann ein Netzwerk-Manager auch herausfinden, ob einem VANS-Betreiber im Zielland Schwierigkeiten mit den Behörden ins Haus stehen, die das dortige Leistungsangebot in Frage stellen könnten. Um all diese Informationen zusammenzutragen, bleibt einem Netzwerk-Manager nichts anderes Übrig, als sich an den Ort des Geschehens zu begeben. "Persönliche Kontakte zu den örtlichen Angestellten des IVANS und des PDNs sind nötig", erklärt besagter Netzwerk-Manager, "sonst kauft man nicht nur die Katze im Sack, sondern versäumt es auch, persönliche Beziehungen aufzubauen, die zur schnellen Beseitigung auftretender Probleme unabdingbar sind."

Betreiber vor Ort sorgen für Support

Die IVANS-Betreiber wissen selbst, wie wichtig qualitativ hochwertiger Vor-Ort-Support für ihre Kunden ist und verfolgen verschiedene Strategien, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Eine unter amerikanischen Anbietern einzigartige Methode verfolgt Infonet Services in EI Segundo, Kalifornien, die ihre Firmenanteile an ausländische Telecom-Betreiber verkauft hat. Infonet gehört zu 100 Prozent elf verschiedenen Betreibergesellschaften aus aller Welt, wobei MCI, France Telecom und die Deutsche Bundespost Telekom die größten Anteilseigner sind, während staatliche Fernmeldeunternehmen aus Australien, Belgien, Japan, Schweden und den Niederlanden kleinere Anteile halten.

Nach Ansicht von Randy Lintecum, Direktor für Marketing und Marktentwicklung bei Infonet, hilft diese Konstruktion bei der Lösung vieler gesetzlicher und operationeller Probleme, da es wenig wahrscheinlich ist, daß ausländische Betreiber einer Firma, deren Miteigentümer sie sind, Steine in den Weg legen oder Serviceleistungen vorenthalten. BT Tymnet und Sprint International werben mit der Tatsache, daß ihre IVANS die gleiche Ausrüstung verwenden wie Dutzende nationale PDNs. In ihrer Eigenschaft als technische Ausstatter können diese Anbieter gute Beziehungen zu den lokalen PDNs aufbauen, die die örtlichen Dienstleistungen für ihre IVANS zur Verfügung stellen.

In einigen Fällen vereinigen Netzwerk-Verwaltungszentren von BT Tymnet und Sprint International die Steuerung nichtamerikanischer PDNs, die mit ihrer spezifischen Ausrüstung arbeiten, und eigener IVANS unter einem Dach. Auf diese Weise sind Übertragungsschwierigkeiten zwischen IVANS-Nutzern und lokalen PDNs leichter zu beheben. Außerdem wird so sichergestellt, daß die IVANS von BT Tymnet und Sprint International den gleichen Systemstandard verwenden wie lokale PDNs, die mit gleiche Ausrüstung arbeiten. Dies führt dazu, daß Anwendungen von Kunden, die über ein solches PDN mit dem IVANS verbunden sind, fast in gleichem Maße technisch unterstützt werden können wie Anwendungen direkt angeschlossener Benutzer.

GEIS und IBM Information Network betonen, daß sie in vielen Ländern schon jahrelang und oft länger als andere IVANS-Betreiber vertreten sind. Nach Ansicht leitender Angestellter beider Unternehmen erleichtert dies den Aufbau enger Beziehungen zu örtlichen Behörden und PDNs. Donna Valtri von GEIS fügt außerdem hinzu, daß sich Benutzer, die einfache Dateiübertragung oder Paketvermittlung im Sinn haben, besser nach einem anderen IVANS umsehen sollten: "Wir sind darauf nicht spezialisiert, weil es in vielen Ländern verboten ist und die Benutzer stärker an höheren Dienstleistungen interessiert sind." Insgesamt teilen BT Tymnet, Sprint International, IBM, GEIS und Infonet 96 Prozent des grenzüberschreitenden VANS-Datenverkehrs von und nach den USA unter sich auf.

Hat ein Benutzer erst einmal sichergestellt, daß das IVANS seiner Wahl vor Ort die nötige Support-Qualität bietet, kann er im allgemeinen nach Vertragsabschluß mit guten Leistungen rechnen. "Was die Qualität ihrer Dienstleistungen betrifft, haben die internationalen VANS in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt", meint Ray Pardo von der Bechtel Group. "In puncto Datendurchsatz und Zuverlässigkeit sind sie Privatleitungen mittlerweile ebenbürtig, manchmal sogar überlegen." Derartige Verbesserungen sind bedeutsam, weil sie Benutzern das Umschichten von Anwendungen auf IVANS ermöglichen, deren reibungsloser Ablauf für den Unternehmenserfolg wichtig ist.

Zunehmend interaktive Netzwerk-Anwendungen

Bislang führten Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Effektivität von IVANS-Diensten dazu, daß viele Kunden IVANS nur als elektronische Post zur stapelweisen Datenübermittlung benutzten. Verbesserungen der IVANS-Einrichtungen lassen in zunehmendem Maße den Einsatz interaktiver Netzwerk-Anwendungen zu, wie sie beispielsweise im Devisen- und Rentenwerthandel benötigt werden.

Außerdem wenden sich immer mehr Benutzer den IVANS als Ersatz für Privatleitungen zu, "Offen gesagt, würde ich gerne die meisten von uns benötigten Dienstleistungen von Privatleitungen auf öffentliche (Daten-) Netze verlagern", erklärt James Bailie, Manager für internationale Netzwerke des Mischkonzerns United Technologies in Hartford, Connecticut. "Dabei muß ich sichergehen können, daß die öffentliche Lösung die erforderliche Zuverlässigkeit bietet und der Verwaltungsaufwand vertretbar bleibt."

In Anbetracht dieses Trends haben die IVANS-Betreiber begonnen, ihre Dienstleistungen aktiv als Ersatz für Privatleitungen zu vermerkten und ihre Preispolitik zu revidieren. Bislang dienten die Sendezeiten eines Netzwerk-Benutzers und das Volumen der dabei übermittelten Daten als Berechnungsgrundlage für IVANS-Gebühren. Für den Benutzer ergaben sich daraus Planungsprobleme, weil sich das in einem gegebenen Zeitraum zu übermittelnde Datenvolumen nur schwer vorausberechnen läßt.

Daher wurde von seiten der Benutzer immer wieder der Ruf nach Gebührenplänen laut, die sich näher an den für Privatleitungen üblichen Pauschaltarifen orientieren. Seit etwa zwei Jahren gehen die Anbieter zunehmend auf solche Wünsche ein. So bietet beispielsweise Infonet seit kurzem einen "Virtual Network" genannten Service an, der es Benutzern erlaubt, für eine von der unterstützten Übertragungsgeschwindigkeit abhängige monatliche Pauschalgebühr von verschiedenen Orten aus unbegrenzte Datenmengen an einen zentralen Server zu senden.

Gebühr: Volumen ersetzt durch Anschlußzeiten

Sprint International hat bei den meisten Übertragungsarten begonnen, Volumengebühren durch reine Anschlußzeitgebühren zu ersetzen. Infonet und andere Betreiber bereiten Pauschaltarife vor, die den Benutzern die Übertragung unbegrenzter Datenmengen zwischen beliebig vielen Servern ermöglichen sollen, die über Standleitungen mit einem IVANS verbunden sind. Ebenfalls mit Blick auf den Privatleitungsmarkt bemühen sich die Anbieter intensiv um eine Verbesserung der Netzwerk-Verwaltungsausrüstung, die sie ihren Benutzern anbieten. So testet beispielsweise BT Tymnet zur Zeit die Beta-Version eines "Netfusion" genannten Systems, das Kunden in die Lage versetzt, über ein Vor-Ort-Terminal mit Online-Zugang zum BT-Tymnet-Netz Netzwerk-Problemen nachzugehen, den Kundendienst zu erreichen und Benutzeradressen zu ändern.

Vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach ihren Dienstleistungen profitieren die international agierenden Mehrwertdienste-Anbieter auch von der weltweiten Lockerung von Betriebsbeschränkungen. So erließ beispielsweise die Europäische Kommission im vergangenen Dezember eine Direktive, nach der die meisten Mitgliedsstaaten bis Ende 1992 die Grundlagen für einen Wettbewerb privater Anbieter auf den Gebieten der einfachen und höheren VANS-Dienstleistungen schaffen müssen. Es wird erwartet, daß die französische Regierung als Reaktion auf die EG-Direktive noch in diesem Herbst Gesetzesvorlagen präsentiert, die die Beschränkungen für IVANS-Betreiber wesentlich vermindern.

Daneben bemüht sich die US-Regierung um Handelsabkommen mit Ländern wie Japan, Südkorea und Taiwan, die für einen Abbau der dortigen gesetzlichen Hürden für Netzbetreiber sorgen sollen. Außerdem wurden entsprechende Vorschläge in die Verhandlungen über ein neues GATT-Abkommen (General Agreement on Trade and Tariffs) eingebracht, das die wichtigsten Grundregeln des globalen Handels festhält und bis zum Jahresende unter Dach und Fach gebracht werden soll.

In Erwartung satter Wachstumsraten auf dem hier beschriebenen Markt tun die größeren Betreiber alles, um rechtzeitig einen Fuß in die Tür zu bekommen. So spielte beispielsweise AT&T überraschenderweise bislang keine große Rolle in diesem Bereich. AT&T bot zwar internationale Paketvermittlung und elektronische Postdienste an, besaß aber außerhalb der Vereinigten Staaten nur zwei Knoten - einen in London und einen in Tokio. Das soll sich nun umgehend ändern. AT&T investierte beispielsweise im letzten Jahr 280 Millionen US-Dollar in den Kauf des englischen VANS-Betreibers Istel und bemüht sich nun, dessen Netz in das eigene VANS zu integrieren. Daneben ist AT&T zu 51 Prozent an dem 1985 gegründeten VANS-Betreiber Japan Enhanced Network Services in Tokio beteiligt, der über Netzwerk-Knoten in 51 japanischen Städten verfügt. Die Verbindung zwischen diesem Netzwerk und dem AT&T-VANS wird über den ST&T-Netzwerk-Knoten in Tokio gehalten.

Um nicht auf der Strecke zu bleiben, kaufte British Telecom im letzten Jahr BT Tymnet von McDonnell Douglas. Dadurch ist die englische Firma nun im AT&T-Revier mindestens ebenso gut vertreten wie AT&T in Großbritannien. MCI Communications erhöhte Anfang des Jahres durch den Erwerb eines 25prozentigen Anteils an Infonet ihre Präsenz auf dem VANS-Markt. Randy Lintecum von Infonet berichtet, daß die beiden Firmen Überlegungen zur Integration von Infonets VANS- und MCs IRC-Einrichtungen anstellen und daß das MCI-Vertriebspersonal derzeit für den Verkauf von Infonet-Dienstleistungen geschult wird.

Sogar die in Memphis beheimatete Federal Express ist auf den IVANS-Zug aufgesprungen. 1984 wurde die Fedex International Transmission Corporation gegründet, die den Benutzern schnelle internationale Paketvermittlungs-Dienste anbietet. Obwohl die Firma noch keine Netzwerk-Knoten außerhalb der USA besitzt, bedient sie örtliche PDNs in sechs Ländern.

Solange die Wirtschaftsbeziehungen immer globaler werden, beurteilen leitende Angestellte der VANS-Betreiber ihre Zukunftschancen optimistisch. "Die Zukunft in diesem Geschäft sieht rosig aus", meint Don Martin, Leiter der internationalen Operationen des IBM Information Network, "nicht nur, weil gesetzliche Hürden fallen. Die Nachfrage nimmt auch durch den zunehmenden Bedarf der Firmen an internationaler Kommunikation zu."