Diebold untersucht deutschen Markt für Heim- und Bürocomputer:

MDT-Tradition steht Mikroboom noch entgegen

17.08.1984

FRANKFURT (CW) - Den höchsten Zuwachs im DV-Sektor der Bundesrepublik konnte der Markt für Mikrocomputer verbuchen: 647 000 Stück mit einem Gesamtwert von 1,4 Milliarden Mark setzten die Anbieter im letzten Jahr ab. Dies ermittelte die Diebold Deutschland GmbH in einer Untersuchung, deren Resultate jetzt veröffentlicht wurden.

Danach bietet die Mikroszene auch weiterhin das gewohnte Bild: Platz eins im Gesamtmarkt hält weiterhin Commodore mit 32,8 Prozent Anteil bei der Stückzahl und 23,2 Prozent nach dem Wert. Auf Platz zwei folgt Sinclair mit 15,9 Prozent (Stückzahl) beziehungsweise Apple mit 11,3 Prozent (bezogen auf den Wert). Diebold erwartet jedoch in den nächsten Jahren Verschiebungen in der Reihenfolge der Anbieter. So sei anzunehmen, daß die klassischen DV-Anbieter bei den professionellen Systemen Marktanteile gewinnen und auch die deutschen Hersteller stärker beteiligt sein werden.

In den einzelnen Marktsegmenten eruierte Diebold folgende Veränderungen: Von den Systemen der Preisklasse (Heim- und Hobbycomputer bis 1500 Mark) konnten 510 000 Einheiten (entsprechend 258 Prozent Zuwachs), in Klasse II 40 000 Stück (plus 63 Prozent) und in Klasse III 44 000 Systeme (plus 66 Prozent) verkauft werden. Einen deutlichen Trend zu höherwertigen und professionell eingesetzten Mikrocomputern sieht Diebold in den 53 000 abgesetzten Rechnern der Preisklasse IV (10 000 bis 25 000 Mark Kaufpreis).

Insgesamt beträgt der Bestand an Mikrocomputern jetzt 1,004 Milliarden Einheiten mit einem Installationswert von 2,6 Milliarden Mark. Nach Stückzahlen führen die Heimcomputer der Klasse I (70,3 Prozent Anteil). Bezogen auf den Wert nehmen die Mikros der Klasse IV den Spitzenplatz mit 42,5 Prozent ein. Im europäischen Markt hält die Bundesrepublik den zweiten Rang. Insgesamt waren in Europa zum Stichtag 829 000 Systeme der Klassen III und IV (Kaufpreis ab 5000 Mark) im professionellen Einsatz. Davon entfallen auf Großbritannien 265 000, auf Frankreich 180 000 und auf die Bundesrepublik Deutschland 194 000 Systeme.

Dies hat Diebold zufolge mehrere Gründe:

Mittlere und größere Unternehmen halten sich mit der Installation von Mikros nach wie vor stark zurück. Die technischen und organisatorischen Probleme bei der Integration der Mikros in die vorhandene DV-Infrastruktur seien, so die Marktforscher, noch nicht so weit gelöst, daß die Installation größerer Stückzahlen über 50 gewagt würde. Der isolierte Einsatz könne indes nicht als das mittel- bis langfristige Ziel der professionellen deutschen Mikro-Anwender angesehen werden. Hier unterscheide sich der deutsche vor allem vom amerikanischen Markt.

Die Adaption der vorwiegend amerikanischen Standardsoftwarepakete auf deutsche Marktanforderungen erfordert laut Diebold nach wie vor eine Zeit von sechs bis zwölf Monaten.

Mikros so teuer wie konventionelle Systeme

In kaum einem anderen europäischen Markt sei der Bürocomputermarkt so ausgeprägt wie in der Bundesrepublik. Das Angebot dieses Marktes mit vielfach eingesetzten Problemlösungen ist in Verbindung mit den ausbaufähigen Systemen für viele potentielle Anwender ein Grund, mit der Installation von Mikrocomputern abzuwarten. Besonders Klein- und Mittelbetriebe werden überrascht, wenn sie feststellen, daß die wenigen mehrbenutzerfähigen Mikrocomputer bei einem Ausbau mit drei bis vier Arbeitsplätzen so teuer werden wie konventionelle Bürocomputersysteme. Diese könnten jedoch im Gegensatz zu den Mikros auf eine Vielzahl integrierter Anwendungen mit hohem Komfort zurückgreifen.

Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich zwar die Know-how-Situation im Vertrieb der Mikros nachhaltig erhöht. Dennoch sind nur wenige Büromaschinenhändler und Mikroshops in der Lage, über die Standardsoftwareprodukte hinaus spezifische Branchenlösungen ausreichend qualifiziert zu vermarkten.

Diebold erwartet mit Wachstumsraten von jährlich mehr als 30 Prozent auch weiterhin eine über dem Durchschnitt liegende Zunahme des Marktes in der Bundesrepublik. Bereits für den Jahresanfang 1986 erwarten die Frankfurter Marktbeobachter einen installierten Bestand von mehr als zwei Millionen Systemen. Die Marktsättigung sei jedoch auch dann bei keiner der Anwendergruppen erreicht.