Ungeklärte BT-Strategie führt zu neuen Spekulationen

MCI-Worldcom: Monopolist im Web?

21.11.1997

Bekanntlich sieht die Übereinkunft zwischen Worldcom, MCI und BT vor, daß die Briten für ihren 20-Prozent-Anteil an MCI sieben Milliarden Dollar in bar sowie eine Entschädigungszahlung von 465 Millionen Dollar für den Bruch der mit MCI bereits ausgehandelten Fusionsvereinbarung bekommen sollen. BT dürfte demnach unter dem Strich (1993 hatte man den Anteil an MCI für 4,3 Milliarden Dollar erworben) trotz aller geplatzten US-Träume ein Nettogewinn von fast 2,3 Milliarden Dollar bleiben.

Zunehmend stellt sich jedoch unter britischen TK-Experten so etwas wie Katzenjammer ein. BT habe zwar Geld verdient, stehe aber ohne Partner auf dem wichtigen US-Markt da und sei damit so gut wie chancenlos, als Carrier auf dem Weltmarkt eine führen- de Rolle zu spielen, heißt es. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß BT-Chairman Iain Vallance in einer ersten Stellungnahme davon gesprochen hatte, daß man sich die Flexibilität gesichert habe, die eigene globale Strategie "auch in Zukunft mit einer starken Präsenz im US-Markt zu begleiten".

Was wird BT jetzt unternehmen, fragen sich immer mehr Kenner der internationalen TK-Szene. Ersten Aufschluß darüber gab die Ankündigung der Briten, den bis dato von MCI gehaltenen 24,9-Prozent-Anteil an Concert zu kaufen. BT will seine Verbindung zu MCI offenbar vollständig lösen, um flexibel für eine andere großangelegte Allianz zu sein, wird dieser Schritt allgemein interpretiert. Fraglich in diesem Zusammenhang bleibt allerdings bis auf weiteres das Schicksal der iberischen Telefongesellschaften Telefonica und Portugal Telecom, die erst im Frühjahr mit Concert strategische Allianzen vereinbart hatten.

Offenkundig ist jedenfalls das Bestreben von BT, Concert mehr denn je als strategische Plattform für das eigene internationale Geschäft darzustellen. Das Unternehmen sei gesund, betreue bereits mehr als 3500 globale Kunden und werde im kommenden Jahr den Break-even erreichen, wird in London betont. Darüber hinaus dürfte es, wie weiter spekuliert wird, dem BT-Management gar nicht so unangenehm sein, daß nun wieder kräftige Spekulationen um neue Allianzen einsetzen. Nach wie vor wird in Fachkreisen ein Merger zwischen BT und dem bis dato in seiner Internationalisierungsstrategie ebenfalls glücklosen US-Branchenprimus AT&T für möglich gehalten. Denkbar wäre aber auch eine Allianz mit der bei der Übernahmeschlacht um MCI ebenfalls unterlegenen GTE Corp.

Doch die sich anbahnende Fusion zwischen MCI und Worldcom wirft noch eine ganz andere Frage auf. Viele Experten sehen den dominanten Internet-Carrier der Zukunft entstehen. Worldcom-Chef Bernard Ebbers habe in letzter Zeit alles gekauft, was im Zusammenhang mit Datenkommunikation und dem Internet Rang und Namen hatte, heißt es. Dazu zählen die 12,4 Milliarden Dollar teure Übernahme des US-Carriers MFS inklusive dem weltweit größten Internet-Anbieter Unet ebenso wie die erworbenen Netzwerke der Online-Dienste America Online (AOL) und Compuserve. Mit dem MCI-Backbone, über den derzeit 40 Prozent des US-Internet-Verkehrs abgewickelt werden, dürfte die neue Company zum weltweit größten Internet-Carrier avancieren. Estmals könnte damit ein Unternehmen die "Kontrolle über das World Wide Web gewinnen", kommentierte das "Wall Street Journal" - entsprechendes Drehen an der Preisschraube inklusive.

GENEHMIGUNGSPFLICHTIG

Noch ist bekanntlich die Fusion von MCI und Worldcom zu MCI-Worldcom nicht rechtskräftig. Neben der Zustimmung der Aktionäre beider Unternehmen steht vor allem das Plazet der zuständigen Kartellbehörden aus - und das kann sich erfahrungsgemäß über Monate hinziehen. Erste inoffizielle Kommentare aus dem Umfeld der EU-Kommission lassen indes nicht auf ein Veto aus Brüssel schließen. Auch die US-amerikanische Federal Communications Commission (FCC) dürfte nach Auffassung von Experten keine juristische Möglichkeit haben, den Deal zu stoppen. Im klassischen Telefongeschäft bringen es beide Firmen in den USA auf deutlich weniger als 30 Prozent Marktanteil. In Sachen Internet-Verkehr müsse man allerdings, so der Tenor, aufpassen, wenn sich "die Nummer eins und die Nummer zwei zusammenschließen". Noch gebe es allerdings genügend andere Carrier, die Internet-Backbones und damit WWW-Zugänge bereitstellen.