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Max Schrems reicht Sammelklage gegen Facebook ein

01.08.2014
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Der Wiener Jurist Max Schrems hat in Österreich eine Datenschutz-Sammelklage gegen Facebook eingereicht, der sich jeder Nutzer außerhalb der USA und Kanadas anschließen kann.

Beim Handelsgericht Wien wurde laut Mitteilung von Schrems und Roland Prozessfinanz eine umfangreiche Zivilklage gegen die irische Tochter des börsennotierten US-Unternehmens (PDF-Link) eingebracht. Kläger ist Max Schrems, weitere Betroffene können sich anschließen. "Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass Facebook im Bereich Datenschutz endlich rechtskonform agiert.", sagt Schrems. Neben datenschutzrechtlichen Unterlassungsansprüchen wird auch Schadenersatz geltend gemacht.

Schrems ruft auch alle anderen Facebook-Nutzer auf, sich der Sache im Rahmen einer "Sammelklage österreichischer Prägung" anzuschließen. Mit jedem zusätzlichen Teilnehmer steige auch der Druck auf Facebook. Das soll in den nächsten Monaten durch entsprechende "Abtretungen" von Forderungen anderer Facebook-Nutzer aus der ganzen Welt an den Hauptkläger erfolgen.

Im Unterschied zu US-Sammelklagen müssten sich Teilnehmer daher aktiv melden, heißt es weiter. Die Abtretung könne jedoch einfach über eine eigens programmierte und mit Facebook verbundene "Abtretungs-App" für Computer und Smartphone unter www.fbclaim.com erfolgen. Teilnehmen können alle volljährigen privaten Facebook-Nutzer außerhalb Kanadas und der USA.

Schrems wirft Facebook Irland verschiedene Rechtsverstöße (PDF-Link) vor, darunter:

  • Datenverwendungsrichtlinien, die nach EU-Recht ungültig sind

  • Fehlen wirksamer Zustimmungen zu vielen Arten der Datenverwendung

  • Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm "PRISM"

  • Tracking von Internetnutzern auf Webseiten, zum Beispiel über "Like-Buttons"

  • Überwachung und Analyse der Nutzer mit "Big-Data"-Anwendungen

  • Unrechtmäßige Einführung von "Graph Search"

  • Unberechtigte Weitergabe von Nutzerdaten an externe Anwendungen

Dabei gelte zwar europäisches Datenschutzrecht gilt, doch seien die Schadenersatzansprüche gemäß den Nutzungsbedingungen von Facebook nach kalifornischem Recht zu beurteilen, sagt Schrems: "Bei Facebook Irland haben wir die sehr interessante Situation, dass neben europäischem Datenschutzrecht auch US-Schadenersatzrecht anzuwenden ist. Für die Durchsetzung der Rechte der Nutzer ist das natürlich hilfreich."

Die Schadenersatzforderung sei dabei mit symbolischen Euro 500 pro Nutzer bewusst gering angesetzt. "Wir klagen nur eine kleine Summe, weil es uns vor allem um ordentlichen Datenschutz geht", so Schrems weiter. "Bei vielen Tausend Teilnehmern würden wir aber eine Summe erreichen, die Facebook spürt." Er organisiere und betreibe die Klage selbst unentgeltlich.

Die Finanzierung und das Kostenrisiko der Sammelklage übernimmt der spezialisierte Prozessfinanzierer Roland Prozessfinanz AG (PDF-Link). Im Erfolgsfall erhält dieser 20 Prozent. so Arndt Eversberg, Vorstand der ROLAND ProzessFinanz AG. "Alle erlangten Ansprüche werden, abzüglich Kosten und Prozessfinanziereranteil an die Teilnehmer ausgeschüttet", sagt dessen Vorstand Arndt Eversberg. Die Sammelklage sei damit nicht auf Profit angelegt.

Das noch parallel laufende Verfahren vor der Datenschutzbehörde in Irland hat Max Schrems offenbar weitgehend abgeschrieben. "Anfangs hatten wir große Fortschritte in Irland. So musste Facebook wegen unserer Beschwerden Daten löschen und die Gesichtserkennung weltweit ausschalten", sagt der Wiener Jurist. "Mit der Zeit wurde jedoch klar, dass die irische Behörde kein Interesse hatte, substanzielle Änderungen durchzusetzen. Das Verfahren läuft bald drei Jahre und uns wird noch immer eine Entscheidung 'in Kürze' versprochen." Das liege offenbar am politischen Druck, die in Irland sehr wichtige IT-Industrie nicht zu vertreiben. Dieses Problem habe man in Österreich eher weniger und verlagere den Schwerpunkt der Aktivitäten daher nun dorthin.

Weiterführende Informationen finden Interessierte auf der Presseseite von europe-v-facebook.org.