Marktführer-Bonus für IBM und Siemens

25.03.1983

Wenn man die Entwicklung im Universalrechnergeschäft verfolgt, wird man unwillkürlich an das Kinderlied von den "Zehn kleinen Negerlein" erinnert. Auf die DV-Hersteller bezogen: ". . . der eine stolpert über sein eigenes Bein, da waren's nur noch neun."

Anzeichen für eine Mainframe-Müdigkeit zeigen sich auch, wenn man die Ergebnisse der CW/Datapro-Umfrage deutet (Seite 1), die wir als repräsentativ für den bundesdeutschen Universalrechnermarkt ansehen. Gewiß: Die Anwender halten offenbar große Stücke auf ihre Lieferanten, nur kreist die Perspektive der Hardware- und Softwareplaner bei den Kunden um immer weniger Anbieter. Denn beteiligten sich an den früheren CW/Datapro-"Zufriedenheitsbörsen" noch Mainframe-Anwender, die mit ICL-, Control-Data- oder DEC-Anlagen arbeiten, so war bei den Kunden dieser Hersteller diesmal Fehlanzeige. Kaum anzunehmen, daß ihnen ein Maulkorb verpaßt wurde. Doch wer in einer IBM- und Siemens-Welt als Besitzer eines Exoten-Hobels spießrutenlaufen muß, um den ständigen Gleichschaltungsversuchen zu entgehen, hat wohl nicht den Nerv, seine Meinung über das installierte Equipment offen kundzutun. Selbst die leiseste Kritik könnte als Abnabelungswunsch verstanden werden.

Was ist nun den Datapro-Noten zu entnehmen, außer daß sie auf eine "Friede-Freude-Eierkuchen"-Atmosphäre zwischen Herstellern und Anwendern schließen lassen? Man bedenke: Schlechter als "zwei bis drei" bei der "Zufriedenheit insgesamt" kam kein Computerproduzent weg - ungerecht, hier von Tabellenschlußlichtern zu sprechen. Auch wer unter "ferner liefen" rangiert, war eben einer von mehreren Guten.

In Nuancen unterscheiden sich die Zeugnisse der einzelnen Mainframekläßler gleichwohl - insbesondere, wenn man die Notenentwicklung über mehrere Jahre betrachtet. Die Feststellungen über NCR etwa können von den Augsburger Marketingstrategen wohl kaum als angenehm empfunden werden. Da ist die Serie 8400 in der Anwendergunst innerhalb von 18 Monaten um 0,7 Skalenpunkte abgesackt - das ist nicht mehr mit Supportpannen zu erklären, "wie sie in den besten Familien vorkommen". Dieser Vertrauensschwund zwingt die NCR-Produktmanager, die Vorstellung von den immer kompromißbereiten, geduldigen Altkunden zu relativieren, auch wenn die 8400 mit einem Notendurchschnitt von 2,7 (besser als befriedigend) alles andere als eine Problemmaschine zu sein scheint.

Auch die reife Jumbo-Dame Univac 100, stolze Leitfregatte des Alt-Mainframers, nimmt sich - gemessen an den Datapro-Werten - keinesfalls als Aspirantin auf den Titel einer "Gelben Zitrone der Computerindustrie" aus. Dem Univac-Management könnte es dennoch den Mund verziehen, wenn es den Sympathieschwund von 2,2 auf nur 2,6 Grad Zufriedenheit verkraften muß. Die von den Mainframe-Usern an der Umfrage beteiligten IBM-Kunden zeigten sich in ihrem Urteilsverhalten weit weniger launisch. So kam die 4331 mit 2,2 auf exakt den gleichen Wert wie vor 18 Monaten. Die 4341, meistgefahrenes Midrange-Modell, wurde von ihren Chauffeuren gar geringfügig höher eingestuft (2,1 gegenüber 2,2). Ausgeglichen in ihrem Urteil auch die Siemens-Anwender, von denen sich nur die 7.700-Besitzer unzufriedener als 1981 zeigten.

Fazit: Die großen Mainframer IBM und Siemens profitieren vom Marktführer-Bonus, den kleineren Anbietern werden Technologierückstände weit stärker angekreidet.