Markenhersteller profitieren vom Preisverfall Vobis ist 1993 der PC-Verkaeufer Nummer eins - HP holt stark auf

11.02.1994

MUENCHEN (wm) - Wenige Hersteller teilten 1993 den PC-Markt unter sich auf. Weltweit verkaufte noch immer IBM die meisten Rechner, gefolgt von Apple, Compaq, NEC und Dell. In Deutschland hatte Vobis die Nase vorn, Escom folgte mit einigem Abstand, und auf dem dritten Platz lagen gemeinsam IBM und Compaq. Doch von weit unten stuermt ein Unternehmen nach oben, dem Marktbeobachter 1995 einen Platz unter den ersten Fuenf zutrauen: Hewlett-Packard (HP).

Nach ersten Schaetzungen der International Data Corp. (IDC) steigerte HP 1993 seinen globalen PC-Ausstoss um ueber 109 Prozent gegenueber dem Vorjahr und erreichte Platz elf mit etwa 640000 verkauften Geraeten. Allerdings verliert dieses starke Wachstum an Bedeutung, wenn man die Absatzzahlen miteinander vergleicht: Compaq verkaufte weltweit etwa drei Millionen PCs, Apple 3,6 Millionen und IBM gar 4,4 Millionen Rechner mit Intel-kompatiblen Prozessoren.

Die Wachstumsraten im PC-Geschaeft waren vor zwei Jahren so gross, dass HP sich entschloss, aggressiv auf Kundenfang zu gehen und die Preise zu senken. "Wenn Sie ein grosser Computerhersteller sein wollen, muessen Sie auch bei PCs Flagge zeigen," zitiert die "Financial Times" Bob Frankenberg, Vice-President und Abteilungsleiter der PC-Sparte bei HP.

Auf einer Konferenz im Juni 1992 beschlossen die Verantwortlichen bei HP, die Preise stark zu senken. Dazu mussten auch im eigenen Haus die Kosten reduziert werden. Die Werke in Brasilien und Mexiko wurden geschlossen; 40 Prozent der Mitarbeiter im PC- Geschaeft wurden eingespart und arbeiten heute in anderen Abteilungen des Unternehmens. "Es aehnelte einem Sprung vom Zehnmeterbrett - allerdings mit geschlossenen Augen und der Hoffnung, dass Wasser im Becken sein muss", beschreibt Frankenberg die Situation.

Die Preissenkung kam zur richtigen Zeit: Compaq entschloss sich im Sommer 1992, PCs ein ganzes Stueck billiger zu machen, als sie bisher von den Markenherstellern wie IBM und Apple angeboten wurden. Die anderen Anbieter sahen sich gezwungen mitzuziehen, worauf wahrscheinlich nur HP vorbereitet war: Im Juni 1992 kostete ein Spitzen-PC des Unternehmens noch um die 12000 Mark, waehrend die Konkurrenz Vergleichbares fuer 9000 Mark verkaufte. Ende 1992 lagen die Preise einheitlich bei etwa 4000 Mark.

Damit aenderte sich aber auch die Kaeufergunst: "Warum sollten Sie keinen Mercedes kaufen, wenn Sie ihn fuer den Preis eines Kleinwagens bekommen?", fragt Frankenberg. Der Ansturm auf die Markengeraete setzte ein und liess eigentlich alle Hersteller traumhafte Absatzzahlen erzielen - doch HP scheint davon am meisten profitiert zu haben.

Innerhalb der Firma schreibt man dies einigen Besonderheiten zu, die HP-PCs von anderen unterscheiden: 75000 Kunden bei Banken und Versicherungen soll allein die Pause-Taste angelockt haben, die den Bildschirm loescht, ohne dass der Rechner ausgeschaltet werden muss. Der Schutz vor neugierigen Blicken gab bei dieser Klientel den Ausschlag.

In Deutschland haelt Vobis nach bislang vorlaeufigen Zahlen der Marktforscher von IDC mit 300000 verkauften PCs im Jahr 1993 unangefochten Platz eins. Doch das Aachener Unternehmen wuchs im Vergleich zu 1992 nur um etwa fuenf Prozent und sucht jetzt neue Geschaeftsfelder: Im Vobis-Katalog finden sich Compaqs Billigmodelle "Presario" und "Contura"-Notebooks sowie der Newton von Apple und ein Rechner mit Digitals Alpha-Prozessor.