DV und Umwelt/Recycling magnetischer Speichermedien

Mannheimer Technologie-Vorreiter will den Blauen Engel

20.09.1996

Magnetische Speichermedien gelten nach der "Verordnung zur Bestimmung von Abfällen nach Paragraph 2.2 Abfallgesetz vom 3.4.1990" als nicht überwachungspflichtig. Produkte dieser Art dürfen daher über den Hausmüll entsorgt werden. Maßgebend für diese Bestimmung ist das Verhalten der Datenträger auf der Deponie beziehungsweise in der Verbrennungsanlage: So muß sichergestellt sein, daß schädliche Inhaltsstoffe deponierter Produkte nur innerhalb eng definierter Grenzwerte ins Sickerwasser gelangen können. Ebenso müssen sich bei der thermischen Verwertung entstehende toxische Verbindungen von Abgasreinigungsanlagen auffangen lassen.

Alle gängigen magnetischen Datenträger entsprechen diesen Anforderungen, so daß für die Hersteller keine unmittelbare Notwendigkeit zur Entwicklung von Verwertungs- beziehungsweise Recyclinglösungen besteht. Daß es dennoch entsprechende Angebote gibt, die bereits heute die Deponien entlasten, ist auf Eigeninitiativen der betreffenden Unternehmen zurückzuführen. Recycling im Sinne deutscher Gesetzgebung heißt nämlich, wirklich alle Bestandteile eines Produkts der Wiederverwertung zuzuführen.

Bei Kunststoffen unterscheidet man zwischen Rohstoff- und Werkstoffrecycling. Letzteres bedeutet, daß die Kunststoffe sortiert und durch Umformen oder Umschmelzen in ein Regranulat übergeführt werden, das Neukunststoffe in Produkten teilweise oder vollständig ersetzt. Beim Rohstoffrecycling werden die Stoffe hingegen in ihre Grundbausteine zerlegt, aus denen zum Beispiel petrochemische Produkte gewonnen oder Neukunststoffe hergestellt werden.

BASF Magnetics in Mannheim hat jetzt ein spezielles Recyclingkonzept für seine Magnetbandkassetten vorgestellt: Kunden können die betreffenden Produkte am Ende ihres Lebenswegs an den Hersteller zurückgeben, der sie in der unternehmenseigenen Recyclinganlage zunächst entmagnetisiert, mechanisch zerlegt und schließlich nach Materialien sortiert, bevor die so gewonnenen Fraktionen erneut in den Produktionskreislauf oder in andere gleichwertige Kunststoffprodukte eingehen. "Wir begrüßen es sehr, wenn ein Hersteller seiner Produktverantwortung nachkommt - besonders wenn es sich wie bei den MTCs um ein werkstofflich hochwertiges Recycling handelt", betont Wolfgang Beier, beim Umweltbundesamt zuständig für Kunststoffindustrie und Kunststoffrecycling.

Die Basis für dieses Vorgehen heißt "Clean Production" und beginnt mit der Wahl der Ausgangsstoffe. Nur Materialien und Inhaltsstoffe, die den - allerdings unternehmensintern definierten - Umweltanforderungen genügen, werden für die Produktion eingesetzt und außerdem ständig überwacht. Auch die Rückführung und stoffliche Wiederverwertung aller am Lebenszyklus beteiligten Einsatzstoffe ist charakteristisch: So werden beispielsweise zur Magnetbeschichtung genutzte Lösungsmittel in einer Rückgewinnungsanlage aufgefangen und erneut verwendet.

Die elf Gehäuseteile, in die jede MTC beim Verwertungsprozeß zerlegt wird, setzen sich aus sechs genau definierten Grundmaterialien zusammen. Dies erlaubt ein umfassendes werkstoffliches Recycling der kompletten Cartridge: Kleinteile aus Kunststoff und Metall werden gesäubert und in neue Cartridges montiert. Das Kunststoffgehäuse aus Polycarbonat wird zermahlen und im Spritzguß für neue MTC-Gehäuse eingesetzt. Das Magnetband selbst geht als Bandgranulat in neue Kunstoffprodukte ein oder findet, in seine Bestandteile zerlegt, rohstofflich oder werkstofflich Eingang in die Produktion. Mit diesem Konzept wollen die Entwickler von BASF eigenen Angaben zufolge die Vergabekriterien für den "Blauen Umweltengel" des Umweltbundesamtes erfüllen.

Etwa 60000 MTCs jährlich verwertet das Unternehmen auf diese Weise dank steigender Nachfrage ist eine Kapazitätsausweitung geplant. Das zunehmende Recyclinginteresse der Kunden beruht nicht nur auf ökologischen Überlegungen: Aus dem in Deutschland vorhandenen Bestand von rund 20 Millionen MTCs werden schon wegen des bevorstehenden Generationswechsels zu Metallpigmentbändern künftig bis zu zehn Prozent jährlich ausgemustert und ersetzt. Dabei fallen in den Anwenderunternehmen in der Regel große Stückzahlen an, deren Entsorgung über den Hausmüll teuer ist: Zwischen 400 und 600 Mark kostet eine Tonne Abfall, das entspricht zehn bis fünfzehn Pfennig je MTC. Der Recy- clingservice hingegen ist kostenlos, bezahlt wird lediglich der Transport zum Recyclingcenter im badischen Willstätt. An einer Ausweitung des Angebots auf andere Datenträger wie Disketten und Data Cartridges wird zur Zeit gearbeitet. Bei Computerbändern ist das Unternehmen schon weiter: Im Rahmen eines Pilotprojekts lassen sich diese Speichermedien bereits roh- und werkstofflich recyceln.

Angeklickt

Nicht nur der Umweltaspekt, auch die Kostenseite sprechen für ein Recyceln von Magnetbandkassetten. Ein spezielles Zentrum dafür wurde jetzt im badischen Willstätt kreiert. Cartridge-Hersteller BASF baut und recycelt seine Bänder nach einem neuen, eigenen Verfahren.

*Alexandra Augsberger ist freie Journalistin in München.