Spekulant macht seinen Schnitt zum Wohl oder Wehe der Management Assistance Incorporated:

MAI muß Amputation von Sorbus verkraften

24.08.1984

FRANKFURT/NEW YORK - Die Kapitaltransaktionen rund um die Management Assistance Incorporated (MAI), New York, scheinen zu einem Stillstand gekommen zu sein. Nach dem diesjährigen Aktientief von 17 Dollar (1983: 9 Dollar), kletterte der Kurs jetzt wieder auf 28 Dollar (17. 8.). Dazwischen liegen Verhandlungen und Vorverträge über den getrennten Verkauf der beiden Unternehmensbereiche der Incorporated, der Hardwaregruppe Basic Four und der ertragreichen Servicegruppe Sorbus. Für die Auslandstöchter soll sich durch den Eigentumswechsel "direkt" nichts ändern, versichert Gert K. Mensing, Geschäftsführer der MAI GmbH, Frankfurt.

Muttergesellschaft der deutschen Tochter wird demnach die frühere Basic Four, deren neuer Kapitalgeber und künftige Nummer eins der Elektronik-Ingenieur Bennet Lebow ist, ein in der Computerbranche bisher wenig beschriebenes Blatt. Sein Engagement im Mikro-Bereich ist jedoch bekannt; an eine Integration der entsprechenden Produkte, Peripherie etc., in die MAI-Linie sei nicht gedacht.

Die Amputation der Sorbus, des gewinnträchtigeren MAI-Teils, brauche die europäischen Anwender nicht zu beunruhigen, erklärt der Statthalter in Frankfurt, da hier der Service ohnehin schon immer von der Basic Four beziehungsweise den Töchtern selbst wahrgenommen worden sei. Anders in den USA: Dort werde wohl ein Fünfjahresvertrag über die Weiterführung des Supports der installierten Systeme zwischen den einstigen Divisions abgeschlossen. Mensing geht davon aus, daß parallel wieder eine eigene Maintenancegruppe aufgebaut wird.

Die eigentliche Ursache für die Scheidung der fast 15jährigen MAI-Ehe, die bis Ende der 70er Jahre hochprofitabel verlief, dürfte in der verspäteten Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung MAI-kompatibler Hard- und Software im kalifornischen Tuskin liegen, dem Sitz der Basic Four und künftigen Headquarter der neuen MAI Basic Four. Im direkten Zusammenhang damit griff nämlich der gewiefte Börsenspekulant Asher Edelmann Mitte 1983 bei einem Aktienkurs von 9 Dollar zu - und damit, wie sich heute zeigt, maßgeblich in die Geschicke der MAI ein. Er investierte in größerem Stil.

Edelmann konnte offenbar "Insiderwissen" über interessante Produktentwicklungen "in der MAI Pipeline" geltend machen und so für sich lukrative Börsengerüchte lancieren. Denn der Stock-Jobber brachte im Laufe des vergangenen und dieses Jahres noch eine Reihe von anderen Kapitalanlegern, genannt wird die Ivan F. Boesky Corp., dazu, ebenfalls in das anscheinend unterbewertete Papier einzusteigen - mit dem Erfolg, schließlich mehr als die Hälfte des Aktienkapitals kontrollieren zu können. Die neuen Herren übten dann, nach ihrer Wahl in das Board, auf den noch im Amt befindlichen Chairman of the Board, Raymond F. Kurshan, dahingehend Druck aus, die beiden bisherigen Divisionen getrennt zum Verkauf anzubieten, was aufgrund der Mehrheitsverhältnisse auch geschah.

Wie jetzt nach Bekanntwerden der diversen Verkaufsverhandlungen und der neuen Inhaber (für Sorbus wurde er allerdings noch nicht namentlich gehandelt) interpretiert wird, hatten Edelmann und die ihm verbundenen Kapitalanleger mit ihren Transaktionen ausschließlich relativ kurzfristigen Gewinn im Sinn: Bei einem durchschnittlichen Kurs von 17 Dollar soll die Gruppe, Börseninformationen zufolge, gekauft haben; bei einem Aktienpreis von 30 bis 35 Dollar, wie er sich aus den Verkaufserlösen ergeben könnte, so schätzt jedenfalls der Deutschland-Boß, hätten die Herren von der Börse ein "phantastisches Geschäft" gemacht.

Noch einmal davongekommen

Und die alte und neue MAI Basic Four dürfte gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen sein. Denn die neuen Besitzer werden nicht, wie in verschiedenen Börsen-Publikationen beschrieben, AT&T, General Electric oder auch die Continental Telecom sein. Gerade letzteres Telefon-Unternehmen hatte Ende 1982 durch Kauf von 15 Prozent der MAI-Aktien schon einmal den Versuch einer unerwünschten Umarmung der MAI gestartet. Das bedrängte Unternehmen hatte jedoch die Papiere zu einem höheren Kurs wieder zurückkaufen können, was aber schließlich doch - neben der zögerlichen Produktentwicklung - Mitte 1983 mit zu dem Schwächeanfall an der Börse (9 Dollar) geführt hat, den Asher Edelmann geschickt für sich nutzte.

Manche Broker hatten für die MAI eine erheblich gestärkte Marktposition vorausgesehen, falls es zu einer Übernahme durch AT&T oder General Electric gekommen wäre. Daß dem nun nicht so ist, verzeichnet der deutsche Geschäftsführer mit Genugtuung. Er sei froh, daß "jemand Geld in das Unternehmen steckt, uns aber nicht beglücken will mit anderen Produkten oder anderen Ideen".

Dieser "Jemand", der genannte Bennet Lebow, sei sehr finanzstark, unterhalte eigene Leasingunternehmen, handele mit Juwelen und habe jahrelang in einem EDV-Unternehmen gearbeitet. Lebow wird ganz sicher Chairman des neuen MAI-Unternehmens", prophezeit Mensing. Wert war das dem kommenden Mann 105 Millionen Dollar, 30 Millionen in bar, der Rest in Schuldtiteln, die eine Verzinsung von 16 bis 17 Prozent bringen sollen. Für Kontinuität im Board wird der frühere Präsident der Sorbus, Steven F. Keene sorgen; der glücklose Raymond F. Kurshan verläßt die MAI-Bühne.

Vermutlich wird der Preis für Sorbus zwischen 150 bis 200 Millionen Dollar liegen. Die Division, in den USA eines der größten Maintenance-Unternehmen mit bis zu 60 Prozent Fremdaufträgen zum Beispiel von IBM und Data General, hatte der in den letzten Jahren weniger erfolgreiche Basic Four jährlich mit zirka 10 bis 20 Millionen unter die Arme gegriffen; diese nun fehlende Summe sollen Einsparungen wieder wettmachen: Das mit 100 Mitarbeitern sehr aufwendige Büro der MAI-Holding in New York wird geschlossen und die in Orange/Kalifornien angesiedelte International Group von 80 auf 40 Mitarbeiter reduziert, sowie ins alte und neue Headquarter der Basic Four in Tuskin, integriert. Diskutiert wird zur Zeit ferner eine weniger aufwendige Rechtsform für die neue MAI als die bisherige der Aktiengesellschaft.

Im Zukunftsgeschäft setzt die "einbeinige" MAI nun wohl auf die Produkte "in der kalifornischen Pipeline", zum Beispiel das Multi-User-System 2000, das in der Bundesrepublik noch im letzten Quartal '84 angekündigt werden soll. Besonderheit dieser im Preissegment zwischen 30 000 und 100 000 Mark liegenden Maschine: Sie läuft auf zwei Betriebssystemen, dem traditionellen MAI-Boss und Unos, einer Unix-Variante. MAI-Bezeichnung der Betriebssystemkombination ist Boss/IX.

30 Prozent erhöhter Auftragseingang in den USA und 15 Prozent in Europa - nach Unternehmensangaben - scheinen Gewinnerwartungen zu rechtfertigen. Mit 3 Millionen Mark bei 135 Millionen Umsatz und 450 Mitarbeitern rechnet der MAI-Mann in Frankfurt für die deutsche Tochter. Neues und altes Problem der europäischen Basic Four ist der ansteigende Dollarkurs: "Wir müssen sehen, wie wir diese Riesenschwankungen verkraften und außerdem profitabel bleiben", umreißt der deutsche Geschäftsführer sein tägliches Problem, mit dem er allerdings nicht alleine dasteht.