Verfassungsrat billigt Nationalisierungsgesetz:

Machtwechsel In Frankreichs DV-Industrie

19.02.1982

PARIS (hh) - Im zweiten Anlauf passierte das Nationalisierungsgesetz der Regierung Mitterand den französischen Verfassungsrat, der von der Opposition zur Überprüfung der Vorlage angerufen worden war. Die in Entschädigungsfragen revidierten Nationalisierungspläne treten somit nach Veröffentlichung im Gesetzblatt in Kraft.

Mit dieser Entscheidung stellt sich unter anderem für die zu verstaatlichenden Elektronikkonzerne gleichzeitig die Frage nach den neuen Präsidenten, die die Geschicke der Unternehmen gegenüber dem Staat verantworten müssen.

Einen Wechsel des "President-Drecteur Générale" (PDG) vermutet man auch bei der Cii-Hoheywell Bull in Paris. Hoch im Kurs steht bei Branchenkennern Gérard Théry als Nachfolger von Maxime Bonnet, der seine Position erst nach dem Sturz Jean-Pierre Brulés im Sommer letzten Jahres einnahm. Théry bekleideten bereits unter Giscard d'Estaing eine hohe Position in der französischen Postbehörde. Ihm wird zugeschrieben, daß sich unter seiner Leitung die Anzahl der Fernsprechgeräte in Frankreich verdoppelte und das Fernmeldewesen modernen Automationsanforderungen angepaßt wurde.

Einen Grund für die Ablösung Bonnets sehen Beobachter in dessen hohem Alter (59) und seinem angegriffenen Gesundheitszustand.

Eine kontinuierliche Personalpolitik zeichnet sich bei Saint-Gobain ab.Hier werde Roger Fauroux, langjähriges Mitglied des Konzerns und seit Juli 1980 Präsident, seine Aufgaben weiterhin wahrnehmen. Saint-Gobain hält derzeit noch über die Compagnie des Machines Bull 53 Prozent an Cii-HB, jedoch sind Pläne verlautbart, die auf eine Übernahme der DV-Aktivitäten dieses Konzerns durch Thomson-Brandt und die Compagnie Générale d'Electricité (CGE) schließen lassen (siehe CW 3/82, Seite 1).Bei der CGE erwartet die Fachwelt, daß der 50 jährige jetzige Cit-Alcatel-Chef Georges Pebereau die Nachfolge von Ambroise Roux als Generaldirektor antreten wird. Pebereau, bereits derzeit zweiter Mann in der Gruppe, werde aber wohl die Macht mit einem Regierungsvertreter teilen müssen, meldet die Tageszeitung "Le Matin".

Der PDG der Konzerne Thomson- CSF und Thomson-Brandt, Jean-Pierre Bouyssolie, soll, so mutmaßen auf merksame Beobachter, seine Position an Michel Hug, derzeit Direktor der EDF, abtreten. Offizielle Stellungnahmen Unternehmen waren nicht zu bekommen, jedoch erwartet man allgemein eine Erklärung der Regierung noch in dieser Woche.