40 dpa-Redakteure am Computer-Bildschirm

Macht ERNA Zeitungsmacher brotlos?

05.12.1975

HAMBURG - Die Zeitungskonzentration macht Schlagzeilen, die Meinungsvielfalt scheint bedroht. Für die Zeitungsmacher selber zieht eine ganz andere Gefahr herauf: Der Computer verändert ihren Beruf, vielen wird er die Arbeitsplatze nehmen.

Die Zukunft der Computerautomation im Zeitungsgewerbe hat schon begonnen: Bereits heute wird der Satz für 75 Prozent der deutschen Tageszeitungsauflage über Computer hergestellt. Die Daten-Texterfassung über Perforatoren oder OCR-Erfassungsgeräte gewinnt zunehmend an Boden. Die Gewerkschaft Druck und Papier klagt: "OCR-Geräte machen Setzer brotlos!"

Der nächste Automationsschritt in der Gazettenbranche wird die Redakteure treffen: In der Hamburger Zentrale der Deutschen Presse Agentur (dpa), einem Gemeinschaftsunternehmen von Zeitungsverlagen, dreut ERNA. ERNA - im September 1973 installiert - ist ein von ITT geliefertes Computersystem für die Textverarbeitung (SPL 16 von General Automation, 24 K/16 Bit mit 2MB-Platte von Burroughs und 24 MB-Memorex-Wechselplatte).

Das aus aller Welt über 80 FS-Leitungen eingehende Nachrichtenmaterial wird auf Platte, gespeichert, von den Redakteuren abgerufen und am Bildschirm redigiert. Zurückgegeben in das System, werden die Meldungen auf die Fernschreibleitungen für 130 deutsche Zeitungen geschickt. Demnächst werden 40 dpa-Redakteure am Bildschirm arbeiten. Außerdem im Online-Betrieb die dpa-Korrespondenten in 26 Ländern rund um die Welt.

Die deutschen Zeitungsverlage bereiten sich darauf vor, das dpa-Material online direkt in die Satzrechner der Druckereien einlaufen zu lassen. Für viele Journalisten in den Verlagshäusern werden die Computer die Kündigung schreiben.