Lufthansa testet biometrische Bordkarten

12.07.2005
Das Pilotprojekt ruft Verbraucherschützer auf den Plan.

Noch bis zum 22. Juli testet die Lufthansa mit rund 400 Angestellten ein biometrisches Verfahren für den Einlass in ihre Flugzeuge (Boarding). Dabei wird ein Fingerabdruck des Fluggasts gemeinsam mit seinen Eincheck-Daten in einen zweidimensionalen Barcode umgewandelt und auf die Bordkarte gedruckt. Vor dem Einstieg in das Flugzeug vergleicht ein Scanner die Bordkarteninformation mit dem erneut abgegebenen Fingerabdruck. Der Carrier will so sicherstellen, dass ausschließlich eingecheckte Passagiere das Flugzeug betreten können.

Daten werden nicht gespeichert

Im laufenden Laborversuch werden die biometrischen Daten vom Eincheck-Schalter zum Gate lediglich über die Bordkarte übertragen und nicht elektronisch gespeichert. Einem Lufthansa-Sprecher zufolge muss am Gate neben dem Fingerabdrucksensor und einem Barcodescanner auch die biometrische Analyse vorgehalten werden. Dies kann entweder über eine zusätzliche Software im Boarding-PC erfolgen oder mittels einer eigenständigen Einheit, die lediglich das Ergebnis der Überprüfung an den Rechner überträgt. Diese Varianten muss die Airline noch mit den Flughafenbetreibern abstimmen.

Lufthansa nutzt den von der International Air Transport Association (Iata) als Industriestandard empfohlenen 2D-Barcode mit rund 320 Zeichen. Die Airline ist jedoch das erste Flugunternehmen, das darin biometrische Daten integriert. Im Laborversuch werden die Daten nicht verschlüsselt. Allerdings halten die am Projekt Beteiligten eine Verschlüsselung für unumgänglich. In der Testphase konzentriert sich die Projektgruppe bislang darauf, wie sich die Technik beispielsweise zur Selbstbedienung handhaben lässt.

Das Unternehmen plant, zu einem späteren Zeitpunkt auch ein Vielfliegerszenario zu testen, in dessen Rahmen die biometrischen Daten als Template in einer Datenbank hinterlegt werden - sofern die Betroffenen einwilligen. Ob Lufthansa dieses Verfahren tatsächlich einführen wird, ist noch nicht entschieden. "Für einen Echtbetrieb sind noch jede Menge Datenschutz- und Sicherheitsfragen zu klären", räumt der Lufthansa-Sprecher ein.

Offene Datenschutzfragen

Verbraucherschützer melden sich schon jetzt kritisch zu Wort. Patrick von Braunmühl vom Verbraucherzentrale Bundesverband hat generell Vorbehalte gegen die Erfassung biometrischer Daten: "Der Fingerabdruck wird normalerweise bei erkennungsdienstlichen Behandlungen in strafrechtlichen Vergehen angewendet." Außerdem seien die technischen Verfahren zur Verarbeitung biometrischer Daten noch nicht so sicher sind, wie das immer dargestellt werde. "Wir bewerten das auch bei biometrischen Merkmalen in Pässen kritisch. Dort ist aber zumindest das Ziel sehr viel höher zu bewerten als eine Rationalisierung im Flugverkehr", so Braunmühl. Auch eine missbräuchliche Nutzung der Daten durch Mitarbeiter könne ein so großer Konzern nicht ausschließen. "Als mehrere Politiker über die Miles-and-More-Affäre gestolpert sind, hat der Datenschutz auch versagt. Die Informationen hätten nicht öffentlich gemacht werden dürfen, sind aber von Lufthansa-Mitarbeitern an die Presse gespielt worden", gibt der Verbraucherschützer zu bedenken.

Die Lufthansa sieht hier jedoch keine Gefahr. Selbst wenn jemand in der Lage sei, den Barcode zu entschlüsseln, könne er damit nichts anfangen, weil sich daraus kein vollständiger, fahndungstauglicher Fingerabdruck rekonstruieren lasse, erklärt der Lufthansa-Sprecher. Missbrauchsszenarien seien unrealistisch, weil kein Abbild des kompletten Fingerabdrucks gesammelt werde. Wenn sich das Unternehmen entschließe, das Verfahren tatsächlich einzusetzen, stehe es außerdem jedem Fluggast frei, ob er daran teilnehmen wolle. (rg)