Für IBMs Network Computing Framework

Lotus will Light-Versionen von Domino anbieten

16.05.1997

Während das Flaggschiff Domino innerhalb der E-Business-Strategie als vollwertiger Applikations-, Groupware- und Messaging-Server fungiert, ist den beiden neuen Light-Versionen mehr die Rolle als Einstiegsdroge zugedacht.

Am unteren Ende angesiedelt ist "Lotus Go". Es handelt sich dabei um einen Web-Server, der auf IBMs "Internet Connection Server" basiert. Im Gegensatz zu Domino nutzt er jedoch nicht die Notes-Datenbank, sondern entnimmt - wie auch bei anderen HTTP-Servern üblich - die HTML-Dateien dem Dateisystem. Das Produkt unterstützt die gängigen Internet-Standards wie HTTP 1.1, S-HTTP, SSL Version 3.0 oder CGI. Das Produkt enthält zudem einen Corba-2.0-kompatiblen Object Request Broker (ORB), eine Suchmaschine namens "Net Question" und ein Modul zur statistischen Auswertung der Zugriffe. Die IBM-Tochter positioniert den Web-Server gegen Netscapes "Fasttrack" und Microsofts "Internet Information Server". Von der Konkurrenz abheben will man sich bei der traditionellen IBM-Kundschaft durch Versionen für die AS/400 und OS/390.

Eine "pro"-Ausführung von Lotus Go umfaßt zusätzlich die Javabeans-Entwicklungsumgebung "Bean Machine" und das kürzlich zugekaufte HTML-Publishing-Tool "Netobjects Fusion".

Beim zweiten Lotus-Leichtgewicht handelt es sich um "Domino Mail". Wie der Name erwarten läßt, bietet der Hersteller damit eine auf Notes basierende Messaging-Lösung an. Integriert sind neben den von Notes bekannten Mail-Funktionen Unterstützung für NNTP-Diskussionsforen, Kalender und Zeitplaner. Keines der beiden neuen Produkte ist in der Lage, Workflow- und Workgroup-Anwendungen auszuführen, die für Domino entwickelt wurden.

Neben der Aufgabe, zum Produkt-Puzzle des E-Business-Frameworks beizutragen, versucht Lotus mit den leichtgewichtigen Server-Varianten Positionierungsprobleme von Domino zu lösen. Laut einer Forrester-Studie nutzen nur 23 Prozent der Anwender die gesamte Notes-Funktionalität, viele ignorieren gerade die High-end-Features wie Replika- tion oder die Möglichkeit zur Anwendungsentwicklung. Entsprechend könnten solche Unternehmen mit einfacheren Messaging- oder Intranet-Lösungen auskommen. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß diese Anwender auf die Workflow- und Workgroup-Funktionalität von Notes verzichten können. Die Herausforderung für Lotus besteht vielmehr darin, Anwender von deren Nutzen zu überzeugen. Es stellt sich indes die Frage, ob die Light-Server diesem Anliegen nicht entgegenlaufen.

Mit ihnen begibt sich die IBM-Tochter zudem in ein Marktsegment, das von zahlreichen Herstellern mit preisgünstiger oder gar kostenloser Software bedient wird. Außerdem basiert Domino Mail im Gegensatz zur neuen Produktgeneration der Konkurrenz auf proprietärer Notes-Technologie. Bei Domino nehmen Anwender dies eher in Kauf, weil für sie daraus immerhin eine enorme Funktionsfülle resultiert.

Verwirrung könnte die Ausweitung des Lotus-Angebots auch deswegen stiften, weil der Hersteller bereits auf der Client-Seite für erhebliche Vielfalt sorgte: Inklusive der geplanten Client-Versionen stehen dort neun Varianten zur Auswahl. Es ist für Anwender sicher nicht einfach herauszufinden, welches Client-Produkt am besten zu welchem Server paßt.