Wachstumsschub durch UMTS

Lotus-Strategien zum E-Business

07.07.2000
Anlässlich eines Informationstags zum Thema Knowledge-Management äußerte sich Fritz Fleischmann, General Manager bei Lotus für Europa, den Mittleren Osten und Afrika, im Gespräch mit Michael Wagner*.

CW: Wie verändert sich die Strategie von Lotus durch das Thema Knowledge-Management ?

Fleischmann: Messaging und Collaboration sind, wie es unser Chef-Stratege Mike Zisman ausdrückt, "our castle". Unsere neue strategische Stoßrichtung auf Basis dieser Infrastruktur ist es, E-Business-Anwendungen anzubieten. Schwerpunkte dabei sind Customer-Relationship-Management (CRM), Supply-Chain-Management (SCM) und Employee-Self-Service. Dabei spielt auch das Knowledge-Management eine sehr wichtige Rolle.

CW: Das bedeutet, Lotus wird auf diesen Gebieten selbst Lösungen anbieten oder zusammen mit Partnern entwickeln?

Fleischmann: Wir haben unsere Organisation "Lotus Professional Services", die, zusammen mit Kunden, die nicht unbedingt etwas von der Stange haben wollen, maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. Wir sind zum Beispiel dabei, ein CRM-System für die 15000 Vertriebsmitarbeiter von ABB zu entwickeln. Ein Beispiel für Employee-Self-Services ist das DB-Intranet bei der Deutschen Bank, mit dem die Mitarbeiter Konferenzen abhalten und Workflows für Autorisierungsprozesse nutzen können.

CW: Im Marktsegment Banken haben Sie beinahe schon eine Sättigung erreicht. Woher wird das künftige Wachstum kommen?

Fleischmann: Wir glauben, dass sich im Messaging-Bereich einiges bewegen wird. Das eine ist Echtzeit-Messaging, also synchrone Arbeitsweisen, die zu neuen kreativen Anwendungen führen. Das zweite Thema ist Unified Messaging, das Zusammenwachsen von Sprache und Daten, so dass auch Voice-Mail genutzt wird. Das dritte wesentliche Thema, von dem wir annehmen, dass es mit der Verfügbarkeit von größeren Bandbreiten eine große Rolle spielen wird, ist das Mobile Messaging. In einer Kooperation mit Nokia bauen wir derzeit in Helsinki ein Kompetenzzentrum für die kommende UMTS-Technologie auf, durch die wir einen Wachstumsschub erwarten.

CW: Profitieren davon auch Ihre Business-Partner?

Fleischmann: Wir setzen unsere Partner sehr frühzeitig auf diese Schienen und bieten gemeinsam Applikationen an, von deren Umsätzen beide profitieren. An dieser Stelle werden wir uns auch sehr stark an die "Websphere"-Produkte der IBM annähern. Wir versuchen den transaktionsorientierten Ansatz von Websphere und den Collaboration-orientierten von "Domino" zu vereinen, um das Thema E-Business-Applikationen abzudecken.

CW: Mit welchem Zeitplan wird diese Entwicklung verfolgt?

Fleischmann: Die ersten, enger integrierten Produkte werden Ende dieses Jahres kommen, aber das ist ein langfristiges Programm. IBM kooperiert auch mit Ariba, I2 und Siebel, deren Anwendungen ebenfalls auf unserer Plattform laufen sollen.

CW: Die Integration von Domino-Anwendungen bereitet mitunter einige Probleme. Ein Vorschlag Ihrer Serviceorganisation ist die Lotus Solution Architecture (LSA). Kann sich diese deutsche Initiative international durchsetzen?

Fleischmann: Die LSA ist keine deutschlandspezifische Entwicklung mehr, sondern fast eine weltweite. Das Thema ist außerordentlich wichtig, weil wir dadurch eine Art Middleware zur Verfügung stellen, die eine standardisierte Anwendungsentwicklung ermöglicht, also auch für Application-Service-Provider sehr interessant ist. Lotus Asia Pacific hat sich bereit erklärt, ebenfalls die LSA zu verwenden. Da mein Vorgänger Pierre van Beneden in die USA gegangen ist, nehme ich stark an, dass sich die LSA auch in Nordamerika durchsetzen wird, trotz des Not-invented-here-Syndroms. Inzwischen gibt es auch keinen Wiederstand mehr von Business-Partnern.

CW: Wie passt das Thema Knowledge-Management in die Lotus-Strategie?

Fleischmann: Auf der Anwendungsebene besteht auch die Anforderung, das intellektuelle Kapital der Unternehmen zu verwalten. Vielen stellt sich jedoch das Problem, dass Wissen im Unternehmen vorhanden ist, der Zugang dazu aber erst ermöglicht werden muss. Was wir unter dem Namen "Raven" auf den Markt bringen wollen, ist eine Knowledge-Management-Suite in Form einer Hochleistungssuchmaschine, eines Expertise-Locators und eines Portals.

CW: In den USA wird Knowledge-Management mit einem lösungsorientierten Ansatz vermarktet. Wird dies in Europa und speziell in Deutschland auch so sein?

Fleischmann: Knowledge-Management sollte nicht so philosophisch betrachtet werden, sondern den Unternehmen schnell einen Mehrwert liefern. Konkrete Projekte, das müssen keine großen sein, sind wichtig. Ein Beispiel für KM ist die Unterstützung von Mergern und Akquisitionen. Daimler-Chrylser etwa hat im Rahmen des Mergers 15 bis 20 Projekte aufgesetzt und wollte dann natürlich wissen, wie sie laufen. Die Mitarbeiter haben ihr gesamtes Wissen in speziell eingerichteten Teamrooms gebündelt.

* Michael Wagner arbeitet als Berater und Publizist in München.