"Logica und Unilog ergänzen sich perfekt"

05.04.2007
Ende 2005 übernahm der britisch-niederländische IT-Dienstleister Logica CMG die französische Unilog-Gruppe. Im Gespräch mit CW-Redakteurin Sabine Prehl zieht CEO (Chief Executive Officer) Martin Read Bilanz.

CW: Wie ist die Integration von Unilog bislang verlaufen? Was ist noch zu tun?

Hier lesen Sie ...

• warum die Integration von Unilog erfolgreicher verläuft als die der bisherigen Zukäufe;

• wie sich die Übernahme auf das Deutschland-Geschäft des IT-Dienstleisters auswirkt;

• und mit welchen weiteren Strategien Logica CMG in Europa wachsen will.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/

586882: Geschäftsergebnis 2006;

587194: Deutschland-Geschäft von Logica;

1215679: Logica CMG kauft WM-Data;

566468: Logica CMG übernimmt Unilog.

Read: Insgesamt verläuft der Merger sehr gut. Und dafür sind in erster Linie drei Faktoren verantwortlich: Erstens haben wir uns konkrete Ziele für die Integration gesetzt und die gesamte Organisation darauf ausgerichtet. Entscheidend ist auch, dass wir eine klare und einheitliche Unternehmensstrategie verfolgen. Und drittens ist es sehr hilfreich für die Integration, dass Logica CMG und Unilog gut zusammenpassen. Beide Unternehmen wurden in den 60er Jahren gegründet und können auf langjährige Erfahrungen zurückblicken. Es sind Traditionsanbieter und keine schnellen Aufsteiger wie viele der Firmen, die während des Dotcom-Booms mit großem Tamtam auf den Markt kamen und danach schnell wieder von der Bildfläche verschwanden. Und natürlich gibt es auch eine Menge Parallelen in Sachen Serviceportfolio, Kundenstruktur und Branchenorientierung. Was jetzt noch ansteht, ist die Vereinheitlichung der Systeme und Prozesse über die ganze Gruppe hinweg. Aber das braucht natürlich seine Zeit.

CW: Durch die Übernahme von Unilog hat Ihr Unternehmen auch sein Deutschland-Geschäft ausgeweitet, mit dem es zuvor ja keine guten Erfahrungen gemacht hatte. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Read: Vor dem Merger war das Geschäft in Deutschland für uns nicht leicht, das ist richtig. Aber jetzt läuft es gut, wir haben unseren Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr mehr als verdoppelt, und wir werden weiter wachsen.

CW: Die Akquisition des deutschen Beratungshauses PDV im Jahr 2000 bescherte Logica viele Probleme. Auch die Integration der zwei Jahre später übernommenen CMG war nicht einfach. Warum sind Sie jetzt so optimistisch?

Read: Im Gegensatz zu damals sind wir in Deutschland heute profitabel und verfügen über eine stabile Plattform. Dabei kommt der Niederlassung zugute, dass sie die Stärken der restlichen Gruppe für sich nutzen kann - etwa in Zukunftssegmenten wie Outsourcing und Offshoring. Außerdem haben wir jetzt ein besseres Management in Deutschland.

CW: Sie haben sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des Outsourcing-Geschäfts von derzeit 27 Prozent in den nächsten Jahren auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen. In Deutschland konnte Logica CMG bislang aber nur wenige Outsourcing-Deals gewinnen.

Read: Es könnten mehr sein, das stimmt. Das lässt sich aber leicht erklären: Da wir in Deutschland bislang nicht als Outsourcing-Anbieter aufgetreten sind, müssen wir uns das Vertrauen unserer Kunden hier erst erarbeiten. Wir haben jedoch einige sehr große, europaweite Verträge unterzeichnet, die erhebliche Auswirkungen auf das deutsche Geschäft haben - etwa den Deal mit der Großbrauerei Inbev.

CW: Wegen Problemen mit der Integration von Unilog hat die Fluktuation stark zugenommen. In den letzten beiden Jahren sollen Hunderte von Mitarbeitern Ihr Unternehmen verlassen haben. Wie gehen Sie damit um?

Read: Mehrere tausend Menschen aus zwei verschiedenen Firmen zusammenzubringen ist natürlich keine leichte Aufgabe. In Deutschland waren zwar weniger Leute betroffen als in Großbritannien und Frankreich. Aber klar ist doch: Nach einem Merger hat ein Unternehmen automatisch mehr Mitarbeiter, als es braucht. Und es verliert auch Leute, die es gerne behalten hätte. Doch wenn das Business wächst und profitabel ist, gewinnen die Mitarbeiter wieder Vertrauen, und damit geht die Fluktuation zurück.

CW: Logica ist ja in den letzten Jahren durch Zukäufe gewach-sen ...

Read: So kann man das nicht sagen. Die Zukäufe waren Teil unserer Strategie, nicht die Strategie selbst. Aber natürlich haben die getätigten Übernahmen zu einer kontinuierlichen Steigerung von Umsatz und Marktkapitalisierung beigetragen. Mittlerweile sind wir gemessen am Umsatz der siebtgrößte IT-Dienstleister Europas. Im vergangenen Jahr haben wir vor allem von den Cross-Selling-Möglichkeiten profitiert, die uns der Merger mit Unilog bietet. Gemeint ist, dass sich beide Unternehmen in ihren Kundenbeziehungen und in ihrem Portfolio so ergänzen, dass wir praktisch jeden Vertrag erfüllen können. Gemeinsam haben wir einfach viel bessere Chancen, lukrative Deals an Land zu ziehen. Von der Übernahme von WM-Data erwarten wir ähnliche Effekte. Das stimmt uns sehr zuversichtlich.

CW: Im letzten Jahr hat Logica CMG die Umsatzziele aber leicht verfehlt.

Read: Wir sind um fünf Prozent gewachsen, das entspricht etwa dem derzeitigen Marktwachstum. Und das in einem Jahr, in dem wir ein anderes Unternehmen komplett in das eigene zu integrieren hatten. Da kann man nicht erwarten, dass der Umsatz im gleichen Tempo wie in den vorangegangenen Jahren zulegt.

CW: Welche Bedeutung haben Offshore- und Nearshore-Kompetenzen für Sie?

Read:Wir haben große Offshore-Kapazitäten in Indien und den Philippinen sowie Nearshore-Center in Tschechien, der Slowakei, Portugal und Marokko. Gleichzeitig ist es für uns aber auch die lokale Präsenz sehr wichtig. Das heißt, wir setzen gemischte Teams ein, die je nach den Anforderungen des Kunden aus Mitarbeitern verschiedener Länder bestehen. Mit diesem flexiblen Modell haben wir uns von den meisten anderen Anbietern ab: Wir verstehen unser Geschäft und unsere Kunden. Wir kennen die Mentalitäten in den einzelnen Ländern, verfügen über Branchenwissen und übernehmen das Projekt-Management für die Anwender - egal wo die Services erbracht werden.

CW: Wie wird sich der Offshore-Trend Ihrer Ansicht nach auf den europäischen IT-Servicemarkt auswirken?

Read: Es gibt Studien, dass in einigen Jahren 40 bis 50 Prozent der gesamten IT-Tätigkeiten britischer Unternehmen offshore erbracht werden. Solche Prognosen halte ich persönlich für überzogen. Aber Offshoring ist ein Trend, keine Frage. Wobei ich glaube, dass der britische Markt nicht mehr so schnell wachsen wird wie bisher und dass dafür andere europäische Länder nachziehen werden.

CW: Wie wird der europäische IT-Servicemarkt in fünf Jahren aussehen?

Read: Ich gehe davon aus, dass die Konsolidierung weiter zunehmen wird und es für mittelgroße IT-Serviceanbieter immer schwerer wird, am Markt zu bestehen. Mittelfristig können sie nur überleben, wenn sie sich mit einem der etablierten Player zusammentun. Außerdem glaube ich, dass Trends wie Outsourcing und Offshoring auch in den kommenden Jahren weiter um sich greifen werden. Im Zuge dieser Entwicklung werden in den klassischen Niedriglohn-ländern immer höherwertige Dienstleistungen erbracht werden.

CW: Auf diese Strategie setzen auch die großen indischen Offshore-Anbieter, die ja derzeit verstärkt in Europa Fuß zu fassen suchen. Fühlen Sie sich von diesen Playern bedroht?

Read: Commodity-Leistungen allein über den günstigen Preis zu erbringen hat keine Zu- kunft. Aber um anspruchsvollere Dienstleistungen anbieten zu können, müssen die indischen Anbieter ihre Kapazitäten vor Ort ausbauen. Und da besteht aus meiner Sicht noch Nachholbedarf.