Wilson-Learning-Chef über Support für neue Käuferschichten:

Lippenbekenntnisse genügen Usern nicht

13.12.1985

STUTTGART (lo) - Kein Blatt vor den Mund gegenüber EDV-Herstellern nahm Roland Henssler, Geschäftsführer der Wilson Learning GmbH in Stuttgart: Es sei Zeit, endlich aktuelle Bedürfnisse des Benutzers in den Mittelpunkt der Verkaufsstrategien zu stellen. Seine Forderung lautet daher: "Schluß mit den Lippenbekenntnissen".

Einige der Schwierigkeiten, in denen manche Unternehmen der DV-Branche stecken, basieren nach Hensslers Worten weder auf einem strukturellen Technikproblem, noch seien sie ein Anzeichen allgemeiner Computermüdigkeit - es würde schlicht zu schlecht verkauft. Bisher waren die Hardwareproduzenten gewohnt, ihre Produkte an Fachleute wie die DV-Chefs zu veräußern. Diese sonnten sich in absolutem Insiderwissen, das ihnen nicht nur Sozialprestige, sondern auch neben der "Unantastbarkeit" eine Machtposition garantiert habe.

Wäre das DV-Equipment etwa so benutzerfreundllich wie das Auto, pointierte der Geschäftsführer des Beratungshauses für Verkaufs- und Führungskonzepte, wäre das Prestige des DV-Gewaltigen "auf das Niveau eines Chauffeurs" gesunken. Doch daran konnte die Computerindustrie kein Interesse haben. Je weniger der Nutzen ihrer Produkte von Geschäftsleitungen überblickt werden konnte, desto weniger mußten hohe Preise gerechtfertigt werden.

Dieser "unheiligen Allianz" zum Nachteil der Benutzer hätte der Trend zu leistungsfähigeren, billigeren und robusteren Geräten Einhalt geboten, die Macht der DV-Chefs wurde dadurch gebrochen. Entweder stiegen sie zu Informationsmanagern auf, skizzierte der Stuttgarter Verkaufstrainer, oder "sie fristen als Maschinisten im Rest-Rechenzentrum ihr Dasein und werden bald zu Sozialfällen".

Der Hersteller müsse nun mehr als nur das Gerät mit ein bißchen Software an den Anwender verkaufen. Der "ganz gewöhnliche Mensch", so der Marketing-Berater und Verkaufstrainer, brauche intensive Beratung und Betreuung.

Henssler nennt sein Rezept dazu: Gerade im Verkaufsgespräch gelte es, die Kundeneinwände nicht durch auswendig gelernte Produktvorteile vom Tisch zu fegen. Vor allem müsse der Kunde Vertrauen zum Verkäufer erlangen, und das falle nicht vom Himmel .