Endress+Hauser konsolidiert R/3-Systeme auf dem Großrechner - Rechenzentrum bedient 3500 SAP-Nutzer

Linux-Mainframe steuert SAP-Anwendungen

20.08.2004

Wichtigster Grund für das Konsolidierungsvorhaben war die hohe Verfügbarkeit der SAP-Anwendungen im internationalen Firmenverbund, berichtet Jan Olaf von der IT-Tochter E+H Infoserve. Damit einher gingen Performance- und Kostenvorteile: "Die Wiederanlaufzeit der IT-Systeme im Katastrophenfall verringert sich um mindestens zehn Prozent. Mit der gleichen Personalstärke können wir jetzt mehr Standorte betreuen."

Als Hersteller von Messgeräten und Automatisierungslösungen für die Prozessindustrie unterhält die Endress+Hauser-Gruppe (E+H) 41 Vertriebs- und Servicegesellschaften in 37 Ländern. Hinzu kommen 19 Produktionseinheiten in neun Ländern und sieben Verwaltungsgesellschaften. Das Rechenzentrum im deutschen Weil am Rhein bedient derzeit rund 3500 SAP-Anwender. Deren Zahl soll künftig noch steigen.

Genau genommen hatte der 1997 ausgegründete IT-Dienstleister zwei Großprojekte zu stemmen: Bereits seit drei Jahren ist E+H Infoserve damit beschäftigt, R/2-Altanwendungen auf das R/3-Release 4.6c zu migrieren. Zehn von zwölf IT-Standorten haben inzwischen den Umstieg geschafft, so Olaf, die letzte R/2-Installation soll zum Jahresende vom Netz gehen.

Erst im zweiten Schritt entschied sich das Unternehmen für die Migration auf eine Linux-Plattform.

Neben den Altanwendungen, die schon zuvor auf einem IBM-Mainframe betrieben wurden, waren davon mehrere R/3-Anwendungs-Server unter IBMs Unix-Derivat AIX betroffen.

Für die Steuerung der 19 produktiven SAP-Systeme installierte das IT-Team zwei IBM-Großrechner vom Typ "Z-Series 990". Die Anwendungs-Server sind auf 14 logische Linux-Partitionen (LPARs) unter dem Host-System z/VM verteilt. Hinzu kommen weitere sechs logische Partitionen für die zugehörige DB2-Datenbank. Die Baden-Württemberger nutzen dabei insgesamt 36 Prozessoren, die ausschließlich den Linux-Workload bewältigen.

Pflegeaufwand sinkt

IBM offeriert diese Option unter der Bezeichnung Integrated Facility for Linux (IFL). Anwendungen unter dem quelloffenen Betriebssystem sollen sich damit kostengünstiger betreiben lassen als klassische Mainframe-Programme unter dem Betriebssystem z/OS.

Neben einer erhöhten Verfügbarkeit der Applikationen ergäben sich durch die Konsolidierung weitere Vorteile, erläutert Olaf: "Wir haben ein Betriebssystem weniger und auch weniger unterschiedliche Hardware zu betreuen." Innerhalb der logischen Partitionen greift E+H auf eine Linux-Distribution der von Novell aufgekauften Firma Suse Linux zurück. Olaf: "Bis auf APO nutzen wir fast sämtliche R/3-Module." Neben Kernanwendungen für die Buchhaltung oder das Personalwesen gehören dazu etwa die Teilsysteme SCM, SRM, BW oder PLM. Auch den Schritt in Richtung modulare Anwendungsstrukturen hat E+H geplant. Ein späterer Umstieg auf die nächste ERP-Generation "Mysap" sei vorgesehen, so Olaf, die Lizenz dafür bereits erworben.

Auf einen Wartungsvertrag mit Suse Linux/Novell verzichtete E+H. "Das machen wir selber", sagt Olaf. Doch ganz ohne externe Unterstützung ließ sich das Projekt nicht bewältigen. Für die R/2-Migration etwa holte der Konzern das Wieslocher Beratungs- und Systemhaus Card ins Boot. Die SAP-Experten halfen auch bei der Implementierung der ERP-Anwendungen. Das eigentliche Konsolidierungsprojekt wickelte E+H nach eigenen Angaben innerhalb eines Jahres ab. Dabei half die zur IBM Global Services gehörende Sparte Integration Services.

Bei IBM wertet man die Installation als weiteren Meilenstein für Linux-Installationen auf dem Mainframe. Schon seit längerem propagiert der IT-Konzern die Kombination aus Großrechner und Linux als kostengünstige Konsolidierungsplattform. Dabei haben die Marketing-Strategen insbesondere den Erzrivalen Sun Microsystems im Visier, der einst mit seinen Sparc-basierenden Multiprozessor-Servern angetreten war, die Mainframes aus den Datenzentren zu drängen.

Wachsende Mainframe-Umsätze

Tatsächlich gelang es IBM in den zurückliegenden drei Quartalen, die Großrechnerumsätze im Jahresvergleich jeweils um mehr als 30 Prozent zu steigern. Dennoch sind Mainframe-Installationen mit R/3-Anwendungs-Servern unter Linux bis heute eher die Ausnahme. Zu den wenigen prominenten Beispielen in Deutschland zählen der Automobilzulieferer Eberspächer und die Energieversorgung Sachsen Ost AG (Esag).

SAP-Konsolidierung

- Erster Schritt: Migration R/2 auf R/3, Version 4.6c (Dauer: zirka drei Jahre).

- Zweiter Schritt: Konsolidierung der R/3-Anwendungen auf zwei Z990-Großrechner unter z/VM und Linux (Dauer: zirka ein Jahr).

- Umfang: zirka 3500 SAP-Nutzer.

- Rechenkapazität Mainframe: mehr als 10 000 MIPS, 328 GB Hauptspeicher

- Dienstleister: Card GmbH für R/2-Migration, IBM Integration Technology Services für Konsolidierung.