Leistungsexplosion im Highend

18.11.2005
Stärkster Rechnerbolide Blue Gene/L erreicht bei doppelter Größe 280 Teraflops.

Supercomputer machten in diesem Jahr einen Performance-Sprung wie nie zuvor. Wie in der letzten "Top-500"-Liste vom Juni 2005 steht an der Spitze ein "Blue Gene/L", den IBM für das Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) des US-Energieministeriums gebaut hat. Doch innerhalb von nicht einmal sechs Monaten wurde das System in seiner Größe verdoppelt und erreicht nun im "Linpack"-Leistungstest einen Wert von 280 Teraflops (Billionen Gleitkommaberechnungen pro Sekunde).

Der Blue Gene/L hat vor einem Jahr den "Earth Simulator" abgelöst, der zuvor fünfmal die Top 500 anführte. Dieses von NEC für die japanische Erdbebenforschung gebaute System ist nun auf Platz sieben abgerutscht. Die IBM-Entwicklung hat gute Chancen, noch einige Zeit die Spitze zu behaupten; denn sie ist über dreimal schneller als der Zweitplatzierte, ein weiterer Blue Gene, den IBM selbst nutzt. Und auch Nummer drei ist ein IBM-System auf Basis von P575-Servern, das ebenfalls am LLNL, dem weltgrößten Supercomputeranwender, installiert ist. Auf den Plätzen folgen Rechner von SGI, Dell, Cray, NEC, noch zweimal IBM und wieder Cray.

Vier neue Systeme haben andere aus den Top Ten verdrängt, 221 der im letzten Juni noch 500 schnellsten sind aus der Liste herausgefallen. Wer in den exklusiven 500er Kreis will, muss jetzt schon 1,64 Tflops vorweisen können. Vor einem Jahr hätte noch rund die Hälfte gereicht. Außerdem kommt nur noch ein Viertel der Rechner in der Liste mit 257 bis 512 Prozessoren aus. Bei der Hälfte ist es schon die nächst größere Klasse mit bis zu 1024 CPUs. Und bereits 13,4 Prozent haben 1025 bis 2048 Prozessoren.

IBM bleibt auf Platz 1

Wichtigster Supercomputerbauer ist IBM mit einem Marktanteil von 43,8 Prozent. Hewlett-Packard konnte mit 33,6 Prozent Platz zwei bequem verteidigen. Denn die Position drei teilen sich mit je 3,6 Prozent Cray, Dell und SGI. Auf Platz sechs erscheint schon Linux Networx (3,2 Prozent). Auf der Anwenderseite dominieren die US-Amerikaner, die 61 Prozent der Supercomputer in Gebrauch haben. Großbritannien macht einen großen Sprung nach vorn auf 8,2 Prozent und Platz zwei. Verdrängt wurde dabei Deutschland, wo 4,8 Prozent der weltstärksten Rechner laufen - immer noch mehr als in Japan (4,2 Prozent). Europas schnellster Supercomputer aber steht in Barcelona.

Die Supercomputerszene ist von Clustern geprägt. Zwei Drittel der Systeme arbeiten mit Intel-Prozessoren, wobei die 32/64-Bit-Architektur EM64T mit jetzt schon 81 Systemen ein großer Erfolg ist. IBMs Power-CPU läuft in 73 Supercomputern. Großen Fortschritt hat auch AMD gemacht und stieg seit Juni 2005 von 25 auf 55 Systemen. Hier ist der Opteron ein Hit.

Im Gefolge von Clustern und Standardarchitekturen nimmt die beherrschende Stellung von Linux im Supercomputing nicht wunder: Drei von vier Highend-Rechnern arbeiten mit dem Open-Source-Betriebssystem. (ls)