Leiser Wandel bei Magnetbädern:Kassettentechnik läuft Bändern den Rang ab

21.03.1986

KÖLN (CW) - Die Technik der Aufzeichnung von Daten aus Magnetbändern, obwohl als durchaus noch entwicklungsfähig angesehen, ist in den letzten Jahren etwas an die Peripherie der Aufmerksamkeit der DV-Anwender gerückt. Daher vollzieht sich gegenwärtig der Wandel fast unbemerkt: Die Kassettentechnik ist dabei, sich zu einem neuen Standard zu mausern.

Auf die neue Technik hat beispielsweise die Colonia Versicherung in Köln umgestellt. Mit der Entscheidung rundum zufrieden zeigte sich ihr EDV-Leiter Jürgen Perlick. Treibendes Moment für erste Überlegungen war die hohe Fehlerquote des vorhandenen Bandmaterials aufgrund altersbedingter Abnutzungserscheinungen. Eine komplette Runderneuerung des Bestandes an Datenträgern wäre somit fällig. Vor diesem Hintergrund führte das Unternehmen eine Wirtschaftlichkeits-Voruntersuchung durch. Drei Alternativen wurden gegenübergestellt:

- Weiterbenutzung des gegenwärtigen Systems,

- gepufferte Steuereinheit von STC und Speicherung der Daten auf konventionellen Magnetbändern,

- Kassettensystem IBM 3480.

Die Kölner ermittelten die dritte Alternative als die wirtschaftlichste. Der Hauptnachteil des Kassettensystems, der kostenpflichtige Austausch der Bänder gegen Kassetten, fiel kaum ins Gewicht, da Neuanschaffungen ohnehin unumgänglich erschienen. Insofern befand sich das Unternehmen in einer glücklichen Situation, denn für viele Rechenzentren stellt die Notwendigkeit, das vorhandene Bandmaterial in großem Maßstab weiterbenutzen zu können, ein nicht zu unterschätzender Faktor dar (siehe CW Nr. 48/85, Seite 22).

Auf der Haben-Seite schlugen mehrere Gesichtspunkte für das Kassettensystem zu Buche. Zum ersten erwartete das Colonia-Team niedrigere Wartungskosten durch eine kleinere Anzahl der zu wartenden Geräte. Verbesserungen im Handling wurden ebenfalls honoriert. Den Ausschlag aber gab die höhere Leistung des Kassettensystems gegenüber Standardbändern.

Nach gefallener Entscheidung schritt man zur Tat. Die Schaffung der Hilfsmittel zur Umtstellung erforderte drei Monate. Etwa zehn Mannmonate verschlangen die Systemprogrammierung und die Arbeitsvorbereitung. Dabei waren, bedingt durch den übergangsweisen Medienmix, organisatorische und Softwareprobleme zu lösen. Ein neues Archivsystem mußte installiert werden. Im September '85 begann die Mannschaft, mit einer Testumgebung zu arbeiten, bestehend aus zwei Steuereinheiten und zwei Laufwerken. Neben Funktionstests lief zunächst auf den Geräten die Initialisierung der neuerworbenen 12 000 Kassetten, dafür war ein Monat zu investieren. Im Anschluß daran folgte eine zweimonatige Teilproduktionsphase, während der die Systeme im Medienmix parallel liefen, begleitet von einer Leistungsdatenüberprüfung.

Gegenwärtig arbeitet das Rechenzentrum mit vier herkömmlichen Magnetbandlaufwerken für die Verarbeitung "alter" Bänder, die jedoch kaum genutzt werden. Die Hauptarbeit leisten die vier Kassetteneinheiten zu je vier Laufwerken, die Perlick geleast hat. Wegen des Preisvorteils geschah dies nicht beim Hersteller IBM, sondern bei einer Fremdfirma. Die Kölner sehen sich durch die bisher gewonnenen Erfahrungen in ihrer Entscheidung bestätigt. Laut Ulrich Hörster, Gruppenleiter für Systemprogrammierung und Hardware, konnte beispielsweise die Fehlerrate von etwa zehn "harten" Fehlern pro Tag auf durchschnittlich einen Fehler im Monat gesenkt werden, bei zirka 1200 Bandmounts pro Tag. Der höhere Datendurchsatz erlaubt tägliches synchrones Sichern aller Bestände, was nicht nur bessere Datensicherheit zur Folge hat, sondern auch zu erhöhter Datenintegrität führt. Die Performance-Steigerung von 100 Prozent führt Hörster auf drei Faktoren zurück.

Als erstes nennt er die höhere Aufzeichnungsgeschwindigkeit. Die Übertragungsrate von 2,7 Megabyte je Sekunde ergibt rein rechnerisch einen Vorteil um den Faktor 2,5 gegenüber dem bisherigen System, der aber durch den jeweils aktuellen Jobmix relativiert wird. Die Kapazität der Kassetten liegt etwa 30 Prozent über dem Fassungsvermögen der Bänder, obwohl sie weniger Platz beansprucht. Die Informationsdichte konnte von 6250 Bit pro Zoll auf rund 39 500 Bit je Zoll versechsfacht werden.

Dies wiederum hat zwei Ursachen: Einmal erlaubt das verwendete Chromdioxidmaterial eine Steigerung der Aufzeichnungsdichte um den Faktor drei. Zum anderen zeichnet die Kassette 18 Spuren auf; gegenüber den neun Spuren (einschließlich Parity-Spur) bei konventionellen Bändern bedeutet das eine nochmalige Verdoppelung. Den dritten Beitrag zur Leistungsverbesserung sieht Hörster in der verbesserten und komfortableren Software zur Bandsteuerung. Gewissermaßen als Abfallprodukt entstanden weitere Vorteile. Durch den niedrigeren Energiebedarf wird weniger Wärme produziert, die durch laute Klimaanlagen erst weggekühlt werden müßte. Die Geräte selbst sind leiser. Das Handling ist einfacher und sicherer geworden. Kleinere Stellflächen erlauben einen "Vormount" der Kassetten direkt bei den Laufwerken. Für den Operator bedeutet das verbesserte Arbeitsbedingungen. Möglicherweise könnte allerdings auch bei größeren Rechenzentren der geringere Arbeitsanfall in Personaleinsparungen umgesetzt werden. Auf die Frage, welche Wünsche das Kassettensystem noch offenlasse, erklärte DV-Chef Perlick, als nächsten Schritt hoffe er auf den "vollautomatischen Massenspeicher".

Drucker-lnterfase für öffentliche Netze

Ein Universal-Interface für die Siemens-Drucker PT 88/89 und die baugleichen Tandberg-Modelle 8800/8900 bietet die Firma Schlegel in Mömlingen an. Das Interface "versteht" sowohl den 7-Bit-ASCII- als auch den im Fernschreibbereich verbreiteten 5-Bit-Baudot-Code.

Das Gerät ist mit einer V.24-Schnittstelle ausgestattet, wobei wahlweise Einfach- oder Doppelstrom programmiert werden kann. Die Geschwindigkeit läßt sich mittels DIP-Schalter zwischen 50 und 9600 Baud variieren. Auf der Karte ist ein Pufferspeicher von 2 KB enthalten. Des weiteren verfügt das Gerät über einen programmierbaren Selector, der den Betrieb mehrerer Drucker an der gleichen Leitung ermöglicht. Eine FTZ-Zulassung für Betrieb im Direktrufnetz (Hfd) bis 1200 Baud liegt vor, ebenso für Betrieb am öffentlichen Fernsprechnetz bis 1200 Baud, im Telex-Netz bis 200 Baud und im Datex-P-Netz bis 1200 Baud. Das Angebot wendet sich an OEM-Kunden, der Preis in Einzelstückzahlen liegt bei 785 Mark.

Informationen: R. Schlegel Computerelectronic, Obernburger Straße 27, 8751 Mömlingen, Telefon 0 60 22/3 84 47.

Das Rechenzentrum

Doppel-CPU IBM 3084 QX, davon eine Maschine online, eine Maschine TSO/Test;

Betriebssystem MVS/XA 2.12;

Plattenspeicher: 55 x IBM 3380;

Bandlaufwerke: 4 x IBM 3420;

Kassettenanlaufwerke: 4 x 3480 mit je 4 Laufwerken;

2000 angeschlossene Terminals.