Computerschule spezialisiert sich auf Frauen

Kurse ohne Männer sollen den Frauen DV-Einstieg erleichtern

28.09.1990

MÜNCHEN (CW) - Die "Frauen-Computerschule" öffnete im September 1990 in München ihre Pforten. Das Angebot des privaten Ausbildungsinstituts reicht von DV-Kursen über Hard- und Softwareberatung bis hin zur Know-how-Vermittlung für Existenzgründerinnen. Auch Bereiche wie Ergonomie und Technologiekritik sowie praktische Berufstips berücksichtigt das auf "Ganzheitlichkeit" ausgerichtete Ausbildungsprogramm.

Im Katalog der Frauen-Computer-Schule finden sich Kurse für Quereinsteigerinnen, Berufsrückkehrerinnen und DDR-Übersiedlerinnen. Neben Seminaren über Textverarbeitung und MS-DOS umfaßt das Lehrprogramm auch eine dreistündige Einführung in DV-Technik. Hier werden "mit Hammer und Schraubenzieher" Geräte auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt, unterschiedliche Schnittstellen aufgespürt, Grafiksteckplätze entdeckt und der Bildschirmaufbau untersucht.

Die Themenbereiche weiterführender Lehrgänge sind unter anderem Programmierung, Desktop Publishing, wissenschaftliches Verfassen von Texten, computergestützte Text- und Interviewanalyse sowie sozialwissenschaftliche Auswertung.

Ab Frühjahr 1991 sind DV-Kurse für Schülerinnen, Lehrerinnen sowie für Frauen im medizinischen Bereich geplant. Konzipiert wird darüber hinaus ein Ausbildungsgang zur DV-Dozentin.

Ziel der Frauen-Computer-Schule ist es laut Inhaberin Angelika Huber, neben DV-Know-how auch einen kritischen Umgang mit neuen Technologien zu vermitteln. Berücksichtigt werden in dem auf "Ganzheitlichkeit" ausgerichteten, Ausbildungsinstitut auch ergonomische Aspekte, Augen- und Körperentspannung, Rhetorik sowie Bewerbungstraining.

Die Teilnahmegebühren für die im Bausteinprinzip zeitlich aufeinander abgestimmten Kurse betragen zwischen 300 und 400 Mark für 20 Stunden. Dieser relativ günstige Preis soll, so die Institutsleiterin, unter anderem Hausfrauen zugute kommen sowie Selbstzahlerinnen, deren DV-Weiterbildung von Unternehmen nicht ausreichend gefördert wird. Für viele der Seminare läuft der Antrag auf Anerkennung nach dem Arbeitsförderungsgesetz.

Über das DV-Kursprogramm hinaus bieten Angelika Huber und ihre 13 Mitarbeiterinnen Hard-/Softwareberatungen an sowie Kooperationen mit Unternehmen und Projekten, die Interessen von Frauen vertreten.

Die Inhaberin, die ihre Computerschule mit einem Kredit der Ökobank finanziert hat, gibt in einer zweistündigen Beratung auch Tips zur Existenzgründung. Nicht spezifisch auf Frauen ausgerichtet ist das Angebot an Inhouse-Schulungen: Daran können sowohl Frauen als auch Männer teilnehmen.

Als ausschlaggebend für die Gründung einer speziell auf Frauen ausgerichteten Computerschule führt Angelika Huber neben eigenen Beobachtungen die 1989 erschienene Auswertung eines Pilotprojektes an, das die Münchner Volkshochschule (MVHS) in Auftrag gegeben hatte. Laut dieser, bei der MVHS erhältlichen Dokumentation, ist es zwar nicht gerechtfertigt, Frauen "als Problemgruppen in bezug auf die Aneignung von EDV-Qualifikationen zu betrachten". So erzielten Frauen nicht schlechtere Ergebnisse als männliche Kursteilnehmer, hätten aber einen anderen Zugang zur Computer-Technologie.

Zudem unterschieden sich Frauen mit Blick auf Alter, das berufliche Arbeitsfeld und die betriebliche Ausbildungsförderung von Männern. Vor allem beim Erlernen von DV-Grundlagen gaben 86 Prozent der am Pilotprojekt beteiligten Frauen sowie sämtliche Hausfrauen Kursen den Vorzug, in denen sie "unter sich" sein können. +

Informationen: Frauen-Computer-Schule, Volkartstraße 23, 8000 München 19, Telefon 0 89/1 67 55 89 und 16 50 69