Kuratorium gibt Tips für die Arbeit am Bildschirm:Mit richtigem Augenmaß an den Terminal

08.07.1988

Eine Gefährdung oder gar bleibende Schädigung der Augen bringt die Arbeit am Bildschirm nicht mit sich. Zu diesem Schluß kommt das Kölner Kuratorium Gutes Sehen (KGS)*. Allerdings müssen einige ergonomische und optische Bedingungen erfüllt sein, damit auch bei einer Dauertätigkeit am Terminal keine Ermüdungserscheinungen auftreten.

Der Wandel von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft bringt eine sprunghafte Zunahme von Bildschirmarbeitsplätzen mit sich. Bereits heute sind in der Bundesrepublik rund 500 000 Terminals installiert, an denen über eine Million Menschen arbeiten. Die Zahl wird weiter steigen. Denn Krankenkassen, Versicherungen und Banken rüsten derzeit die bisherigen Sachbearbeiter-Arbeitsplätze bis zu 100 Prozent mit Bildschirmen aus. Wenn die DV künftig auch stärker in Klein- und Mittelbetriebe einzieht, kommt wohl kaum noch ein Angestellter um eine Tätigkeit am Bildschirm herum.

Bleibende Schäden sind nicht zu erwarten

Vom augenärztlichen Standpunkt aus sind Schädigungen oder gar bleibende Schäden durch die Arbeit am Bildschirm nicht zu erwarten. Dennoch stellt die Tätigkeit am Terminal hohe Anforderungen an die Augen. Sie müssen täglich bis zu 30 000 Blickwechsel zwischen Bildschirm, Tastatur und Schreibvorlage verkraften, dabei ständig die unterschiedlichen Entfernungen zwischen Manuskript, Tastatur und Monitor bewältigen, sich immer wieder den verschiedenen Helligkeiten und Kontrasten zwischen dunkler Schrift auf hellem Papier und meist heller Schrift auf dunklem Bildschirm anpassen. Die Anstrengung ist um so leichter zu bewältigen, je besser der Arbeitsplatz gestaltet ist. Aber auch subjektive Voraussetzungen wie die innere Einstellung zur Bildschirmarbeit und die individuelle Sehleistung spielen eine Rolle.

Besonders wichtig bei der Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen ist die richtige Beleuchtung. Lampen sollten deshalb so aufgestellt werden, daß man nicht direkt hineinschauen und damit nicht geblendet werden kann.

Die meisten Störungen gehen von indirekten Blendungen, also Reflexen und Spiegelungen auf der Bildschirmoberfläche aus. Da der Bildschirm gewölbt ist, treten Spiegelungen aus einem extrem großen Winkelbereich auf. Selbst noch an der Decke liegende Lichtquellen oder seitlich angeordnete Fenster können auf dem Bildschirm noch störende Reflexe erzeugen, die die visuelle Informationsaufnahme entscheidend behindern. Dies ist um so eher der Fall, je weiter sich eine Leuchte hinter dem Arbeitsplatz befindet.

Die Beleuchtung soll keine Reflexe erzeugen

Deshalb sollen Deckenleuchten über oder kurz hinter dem Arbeitsstuhl angebracht werden. Sie blenden dann am wenigsten, weil sie auf dem Bildschirm nicht sichtbar werden. Empfehlenswert sind Leuchten mit Längsanbindung (Neonröhren) und spezielle Leuchten für den Bildschirmarbeitsplatz, sogenannte "Dark-light"-Leuchten. Spiegelungen durch Fensterflächen kann man oft durch eine kleine Schwenkung des gesamten Arbeitsplatzes vermeiden. Auch Fensterlamellen, Vorhänge, Stellwände, Pflanzendekorationen oder ähnliches können Abhilfe schaffen.

Um ein ermüdungsfreies Sehen zu gewährleisten, ist neben einer blendfreien Beleuchtung ein optimaler Abstand zwischen Auge und Bildschirm sowie die richtige Anordnung von Monitor, Tastatur und Vorlage wichtig. Der Abstand zwischen Auge und den Elementen des Bildschirmarbeitsplatzes sollte 45 bis 60 Zentimeter, am besten etwa 50 Zentimeter betragen.

Bei locker herabhängenden Oberarmen und waagerechter Unterarm- und Handrückenstellung soll die Tastatur mit nach unten geneigten Fingern leicht bedient werden können. Ober- und Unterarm bilden dabei einen Winkel von ungefähr 90 Grad. Der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel sollte ebenfalls 90 Grad betragen.

Der optimale Blickbereich ist durch die Sitzposition vorgegeben. In entspannter Haltung beträgt der Winkel zwischen Kopf und Körper zwischen 10 und 15 Grad. Die Augenachse ist in Ruhestellung zusätzlich um 15 bis 20 Grad nach unten geneigt. Daraus folgt, daß der kopf- und augenbezogene optimale Blickbereich bei mittlerer Sitzhaltung 25 bis 35 Grad gegen die Horizontale nach unten geneigt ist. Er kann für kurzfristige Sehaufgaben um 15 Grad nach oben und unten erweitert werden ohne die Augen zu beeinträchtigen. In der Horizontalen liegt der optimale Blickbereich bis 15 Grad nach beiden Seiten, wenn man Kopf und Augen nicht bewegt. Durch zusätzliche Augen- und Kopfbewegungen erweitert sich der optimale Blickbereich nach beiden Seiten auf etwa 30 Grad. Bildschirm und Vorlage sollten innerhalb dieser Grenzen ausgerichtet sein, um die Augen nicht unnötig zu strapazieren: also im direkten Blickfeld des Betrachters und nicht in Augenhöhe, sondern entsprechend niedriger.

Überprüfung der Augen ist unbedingt erforderlich

Auch wenn ein Bildschirmarbeitsplatz optimal gestaltet ist, ist nicht jeder gleichermaßen für eine Tätigkeit am Terminal geeignet. Besonders Personen mit nicht oder falsch korrigierten Sehfehlern leiden bei einer Bildschirmtätigkeit schnell an nachlassender Leistungsfähigkeit, rascher Ermüdung, Sehbeschwerden, Kopfschmerzen. Meist lassen sich die Probleme aber durch eine korrekte Brille bewältigen.

Die wichtigste Anforderung an den Bildschirm-Nutzer ist eine gute Tagessehschärfe in der Nähe und Ferne. Auch die Fähigkeit, räumlich zu sehen und damit eine exakte Zusammenarbeit beider Augen ist für eine Bildschirmtätigkeit Voraussetzung. Denn der Vergleich von Vorlage und Bildschirm macht häufig große Blicksprünge nötig, deren Zielsicherheit und Genauigkeit davon abhängt, wie gut beide Augen zusammenarbeiten. Ist dies nur bedingt der Fall, und werden die beiden Netzhautbilder im Gehirn nur unvollkommen zusammengesetzt, kommt es häufig zu Augenbeschwerden infolge von Überbeanspruchung. Sie äußern sich im verschwommenen Sehen, verbunden mit Kopfschmerzen, eventuell auch Migräne in tränenden Augen und Lichtscheue.

Farbblinde sind vor Sehstörungen nicht gefeit

Auch das Farbensehen spielt eine Rolle, sofern an einem Farbmonitor gearbeitet wird. Hier zeigen vor allem Rotblinde auffällige Sehstörungen. Ihre Farbwahrnehmung ist im Rotbereich stark beeinträchtigt, und es besteht die Gefahr von Rot-Grau-Verwechslungen .

Da Bildschirmarbeit wesentlich Arbeit für die Augen ist, sollte jeder Arbeitnehmer vor Beginn seiner Tätigkeit daraufhin untersucht werden, ob seine Sehleistung der Daueranforderung seines Arbeitsplatzes gerecht wird. Untersucht werden müssen alle Personen, bei denen die gesamte Tätigkeit wesentlich von der Arbeit am Bildschirm bestimmt ist.

Regelmäßige Nachkontrollen sind unerläßlich, weil sich die Sehleistung im Laufe der Jahre verschlechtern kann. Nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G-37 ist eine Vorsorgeuntersuchung mindestens alle fünf, bei über 45jährigen mindestens alle drei Jahre zu wiederholen. Wenn Sehbeschwerden auftreten, sollte man sofort einen Augenarzt aufsuchen.

Beinahe jeder dritte braucht eine neue Brille

Untersuchungen haben ergeben, daß bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter an Bildschirmarbeitsplätzen entweder eine Brille brauchen oder eine falsche tragen. Die ideale Brille für den Bildschirmarbeitsplatz sollte die Fehlsichtigkeit nicht nur richtig korrigieren, sondern außen und innen entspiegelt sein, um störende Lichtreflexe auszuschalten.

Für Alterssichtige reicht die übliche Lesebrille nicht aus, weil sie nur für Entfernungen im Nahbereich bis zu 40 Zentimeter, nicht aber für die am Bildschirm erforderliche gute Sicht zwischen 45 und 80 Zentimeter geeignet ist. Man braucht hier eine richtige "Bildschirmbrille", die den speziellen Anforderungen dieses Arbeitsplatzes gerecht wird: am besten Mehrstärkengläser, damit die Brille zum Blick in die Ferne nicht ständig ab- und zur Weiterarbeit wieder aufgesetzt werden, muß. Empfehlenswert ist eine spezielle Zweistärkenbrille mit vergrößertem und besonders hoch liegendem Nahsichtteil.

Bei einer Dauertätigkeit am Bildschirm ist es ratsam, jede Stunde eine kürzere oder alle zwei Stunden eine längere Erholungspause für die Augen einzulegen. Auch während der Arbeit sollte man die Augen immer wieder einmal in die Ferne schweifen lassen, um ihnen eine entspannende Abwechslung zu gönnen.

Informationen: KGS Kuratorium Gutes Sehen, Siesmayerstraße 10,

6000 Frankfurt 1, Telefon 0 69/71 91 71-0.