Bei Computerkomponenten sind Recyclingspezialisten gefordert

Kunststoff und Bildröhren bereiten viel Kopfzerbrechen

10.01.1992

Die Recyclingkonzepte der DV-Hersteller unterschieden sich kaum. Meist landen die ausgedienten Geräte, nachdem sie in die verschiedenen Fraktionen aufgeteilt wurden, bei denselben Verwertungsunternehmen. Horst Wolf* beschreibt logistische Ansätze bei der Geräterücknahme und die Möglichkeiten des Computerrecyclings.

Das Spektrum der Schrotterzeuger reicht vom mehr oder weniger umweltbewußten privaten PC-Benutzer über Händler, denen die Kunden die Geräte zur Entsorgung zurückgeben, bis hin zu internationalen Computerkonzernen, die zur Rücknahme verpflichtet werden - oder sich bereits verpflichtet fühlen. Dazwischen liegen noch Großkunden wie Banken, Versicherungen oder staatliche Institutionen, die entweder selbst auf den Entsorger zugehen oder ihre Lieferanten dazu bringen, für sie die fachgerechte Entsorgung vorzunehmen beziehungsweise vornehmen zu lassen und entsprechende Nachweise zu erbringen.

Vor dem Recycling das logistische Problem

In der Vergangenheit hat sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine der angesprochenen Gruppen mit dem Thema Recycling oder Entsorgung beschäftigt. Wenn überhaupt etwas geschah, dann war dies lediglich das Ausschlachten von Großrechnern, um die damals noch stark goldhaltigen Boards zu gewinnen. Dies wurde von nahezu allen Großrechnerherstellern durchgeführt. Der Rest wurde als Schrott verkauft oder in den Müll gegeben. Bei Schrotthändlern waren diese Geräte sehr gefragt, da sich in den Leiterplatten, Steckern und Kupferkabeln noch Rohstoffe befinden. Die so "bearbeiteten" Geräte wurden schließlich mittels Shredder-Anlagen zerkleinert, selbstverständlich inklusive PCB/PCT-haltiger Kondensatoren und aller sonstiger Schadstoffe.

Unter die Elektronikschrott-Verordnung fallen komplette Computergroßinstallationen (Großrechner, Zentraleinheiten, Plattenlaufwerke, Kontrolleinheiten) alle Arten von Druckern und Monitoren, PCs mit allen dazugehörigen Peripheriegeräten. Hinzu kommen Fotokopierer, Telefaxgeräte, Speicherschreibmaschinen und ähnliches, ferner elektronische Kassentresore und Geldautomaten. An der Bandbreite erkennt man, daß der Recycler oder Entsorger sehr unterschiedlichen Produkten gegenübersteht. Noch vielfältiger sind die bei der Herstellung verwendeten Materialien. Bevor jedoch irgendein Recyclingprozeß beginnen kann, stellt sich zunächst noch das logistische Problem. Wie kommen die Geräte zur Verarbeitungsstelle, wer sammelt sie ein?

Hierzu gibt es verschiedene Lösungsansätze.

1. Der Töpfer-Ansatz

Der Endanwender soll seine Altgeräte jedem Händler vor die Tür stellen können, unabhängig von einem Neukauf und unabhängig vom Hersteller des Gerätes, wobei der Händler für die Entsorgung zuständig ist. Gleiches soll auch für Hersteller, Vertreiber etc. gelten.

Die dabei auftretenden Probleme vor allem fachlicher und logistischer Art liegen auf der Hand.

2. Rücknahme durch Hersteller

Bei jeder Neuinstallation werden Altgeräte gleich welchen Fabrikates zurückgenommen. Außerdem hat jeder Kunde (auch Händler) die Möglichkeit, markenbezogen zurückzugeben.

Der Hersteller verfügt in der Regel über ein ausbaufähiges Niederlassungsnetz, mit dem Rücknahmelogistik aufgebaut werden soll.

Dieses flächendeckende Netz wird dann entweder zentral oder dezentral von autorisierten Computerrecyclern entsorgt.

3. Sammlung durch Recyclingbetrieb

Ähnlich wie beim Herstellermodell baut der Recycler, begründet auf Verträge mit mehreren Herstellern, ein eigenes Annahmenetz auf und organisiert die Rückhol-Logistik - unabhängig vom Hersteller - selbst.

4. Sammlung durch Speditionsbetrieb

Bedingt durch flächendeckende Niederlassungen, bieten sich überregional arbeitende Spediteure (besonders Computer Spezialspediteure) als Sammler für markenübergreifende Computerrückführungen an. Auch in diesem Fall ist eine enge Zusammenarbeit mit den Recyclern und den Elektronikschrott-Erzeugern und Herstellern nötig. Wesentliche Vorteile dieses Modells liegen in der besseren Auslastung oftmals anfallender Rück-Leerfahrten nach Computerauslieferungen verbunden mit günstigen Transportpreisen.

5. Kommunale Sammlung

Als weitere Möglichkeit bietet sich die Sammlung von Elektronikschrott durch die Kommunen an. Auch diese müßten eng mit Herstellern und Recyclern zusammenarbeiten und dabei dauerhafte Verbindungen eingehen.

Bei allen Modellen sollten die Großgeräte palettiert und Kleingeräte in umweltfreundlichen Gitterboxen gesammelt und transportiert werden. Auf Verpackungen jeglicher Art sollte bei diesen Rücksendungen aus Umweltgesichtspunkten verzichtet werden.

Die sich für das angelieferte Material anbietenden Verwertungswege lassen unter ökologischen Gesichtspunkten nur eine begrenzte Auswahl frei. Es gibt die Möglichkeit der thermischen Entsorgung über Müllverbrennungsanlagen. Aufgrund der Vielfalt der Materialien, besonders im Gefahrstoffbereich, sollte dieses Verfahren vermieden werden. Das gleiche sollte auch für die jahrelang angewendete Shredder-Methode gelten, bei der komplette Geräte kleingemahlen werden.

Bleibt letztlich der Weg der manuellen Zerlegung, auch "Montage rückwärts" genannt, mit anschließender Sortierung in Wertstoffe, Abfall und Gefahrstoffe. Dieses Verfahren wird unter verschiedenen Bezeichnungen zur Zeit mehr oder weniger spezifiziert von einigen Entsorgungsunternehmen und Herstellern angewandt.

Bei der Grobzerlegung, die bei allen Geräten die größer als Tischgeräte sind, vorgeschaltet ist, werden Blockkomponenten wie Netzteile, Speichererweiterungen, Plattenspeicher, Baugruppen etc. en bloc ausgebaut. Die Feinzerlegung findet unter Berücksichtigung folgender Sortierkriterien statt:

Wertstoffe Gruppe I

Backpannels, Platinen, Schaltungen und Stecker werden jeweils getrennt gesammelt. Bei Boards jüngeren Baudatums werden entweder Chips direkt heruntergenommen oder Teile der Boards für das spätere Chip-Recycling herausgeschnitten. Die Recyclemöglichkeiten auf Chip-Level liegen besonders im Bereich der Mikroprozessoren, EPROMs, RAMs und Memory-Chips. Ein umweltbehördlich zugelassener Fachbetrieb granuliert die Wertstoffe der Gruppe eins, die danach mechanisch, chemisch und thermisch mit dem Ziel der Edelmetallgewinnung (Gold, Silber, Platin, Palladium und Kupfer) geschieden werden.

Wertstoffe Gruppe II

Hierunter fallen Kupferkabel. Das Kupfer wird wiederverwendet, PVC-Ummantelungen werden regranuliert; Aluminium in den Untergruppen Alu-Gußteile, Alu-Profil, Alu-Rohr, Alu-Blech und Misch-Aluminium; Kobalt-Nickel Magnete, Fe-Metalle und Verbindungen wie Bleche, Rahmen etc.; Batterien, getrennt nach naß und trocken. Sie werden nach Untergruppen sortiert an Aufarbeitungsbetriebe weitergegeben.

Wertstoffe Gruppe III

Hier finden sich alle nichtmetallischen Stoffe, die einer Wiederverwendung zugeführt werden können: Papier, Pappe, Holz und Bio-Pack. Dafür sind die Recyclingmöglichkeiten seit Jahren bekannt (Spanverarbeiter, Recyclingpapierhersteller). Styropor, wobei für Styropor-Chips im eigenen Lagereibetrieb Wiedereinsatzmöglichkeiten bestehen. Für Block-Styropor stehen zur Zeit drei Möglichkeiten zur Verfügung: Nach vorherigem Mahlen wird es in Poroton-Bausteine als Lüftstoff eingeschlossen oder in Gartenerde (Belüftung) eingearbeitet oder als Bei-Heizmaterial für Müllverbrennungsanlagen genutzt. Kunststoffgehäuse und Kunststoffteile und Kabelummantelungen werden nach Granulation in einem Fachbetrieb als niedrigwertigere Kunststoffteile wieder neu ausgeformt. Die Regranulation und Wiederausformung zum Einbau in Computer steckt allerdings noch in den Kinderschuhen.

PCB/PCT-haltige Kondensatoren werden entweder in einem Spezialofen verbrannt oder landen in einer Deponie. Kondensatoren neuerer Bauart enthalten bereits PCB/PCT-freie Öle, die über ein Spezialunternehmen in den Recyclingprozeß eingebracht werden können. Quecksilberhaltige Kippschalter werden an einen Spezialbetrieb zur Quecksilberrückgewinnung weitergeleitet.

Ansonsten fallen, wenn auch nur in geringen Mengen, diverse Öle (beispielsweise Siliconöl bei einigen Laserdruckern) sowie Toner, Reinigungsfilze, Bildtrommeln (zum Teil mit Selen beschichtet) und Ozonfilter an. Soweit sich diese Stoffe nicht recyceln lassen, werden sie als Sondermüll entsorgt.

Generell eine Sonderstellung im Computer-Recycling nimmt die Entsorgung von Monitoren und Bildschirmgeräten ein. Bedingt durch die Materialvielfalt (verschiedene Glassorten mit unterschiedlichen Beschichtungen, der Bildröhre sowie verschiedenartiger Kunststoffgehäuse zum Teil mit toxischen Flammhemmern und Glasfasereinarbeitungen, muß hier ein besonders großer Aufwand betrieben werden. Der arbeitsintensiven Behandlung dieser Geräte stehen jedoch keine oder nur sehr geringe Erlöse aus dem Materialverkauf gegenüber. Daraus erklären sich die relativ hohen Entsorgungspreise für Monitore und Bildschirmgeräte. Wahrscheinlich wird sich in Zukunft für Fernsehgeräte eine weitere Spezialisierung von Entsorgungsbetrieben herausbilden.