Unwürdige Arbeitsbedingungen

Kritik nach Selbstmordserie bei Foxconn

27.05.2010
Nach der Selbstmordserie beim weltweit größten Elektronikhersteller Foxconn wächst die Kritik an dem taiwanesischen Unternehmen.

Die chinesische Regierung äußerte am Mittwoch in Peking ihre Sorge über die Todesfälle und hob die besondere Verantwortung von Arbeitgebern für ihre Mitarbeiter hervor. Firmen aus Taiwan seien in China willkommen, sagte Yang Yi, Sprecher des Taiwanbüros des Staatsrates in Peking, fügte aber hinzu: "Wir hoffen auch, dass die Arbeitgeber sich um ihre Beschäftigten kümmern." Berichten zufolge will der Konzern nun Sicherheitsnetze installieren und zudem seine Mitarbeiter verpflichten, eine Art Unterlassungserklärung für Selbstmorde zu unterzeichnen.

Erst am Dienstag hatte sich wieder ein Mitarbeiter von einem Dach des Werkes im südchinesischen Shenzhen in den Tod gestürzt. Es war der neunte Todesfall und elfte Sturz dieser Art in der Fabrik in diesem Jahr. Zwei Mitarbeiter wurden bei Selbstmordversuchen schwer verletzt. Bei einem Besuch am Mittwoch in dem Werk äußerte Terry Kuo, der Chef des taiwanesischen Mutterunternehmens Hon Hai, zu dem Foxconn gehört, seine "tiefe Entschuldigung gegenüber den Familien und der Öffentlichkeit". Er wies aber Vorwürfe über schlechte Behandlung seiner Mitarbeiter zurück.

Die Selbstmorde haben eine heftige Diskussion über die Arbeitsbedingungen und den als "militärisch" beschriebenen Management-Stil bei Foxconn ausgelöst. "Foxconn mag kein Ausbeuterbetrieb in dem Sinne sein, dass er seine Beschäftigten körperlich missbraucht oder sie zwingt, Überstunden zu machen", kommentierte die Zeitung "China Daily". "Aber das bedeutet weder, dass sie ausreichend menschliche Fürsorge für ihre Beschäftigten zeigen noch impliziert es, dass sie genug tun, um eine Unternehmenskultur zu pflegen, die den Beschäftigten hilft, ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben zu finden."

Apple und Hewlett-Packard, die wie andere Weltkonzerne bei Foxconn ihre Produkte fertigen lassen, haben nach Presseberichten ihre eigenen Untersuchungen in die Arbeitsbedingungen eingeleitet. Einige Arbeiteraktivisten in Hongkong haben bereits zum Boykott des neuen iPhones aufgerufen, das bei dem Unternehmen hergestellt wird. Foxconn beschäftigt in China 800.000 Mitarbeiter. In dem Werk in Shenzhen arbeiten allein mehr als 300.000 Menschen. Viele leben isoliert in Wohnheimen auf dem Werksgelände, das wie eine kleine Stadt ist.

Taiwanesische Unternehmen haben in China in rund 80.000 Projekte investiert. Der Umfang der Direktinvestitionen wird in offiziellen chinesischen Statistiken mit 50 Milliarden US-Dollar angegeben, was einem Anteil von 5,2 Prozent aller ausländische Investitionen entspricht. In Taiwan wird offiziell von 200 Milliarden Taiwan-Dollar gesprochen (heute 62 Milliarden US-Dollar). Der wahre Umfang dürfte aber noch deutlich größer sein, da taiwanesische Unternehmen zusätzlich über Hongkong oder Tochterunternehmen in anderen Ländern in China investiert haben. (dpa/ajf)