Zahl der offenen Stellen geht zurück:

Krise der DV-Hersteller schlägt auch auf den - Arbeitsmarkt durch

14.12.1990

MÜNCHEN (CW) - 87 Prozent der DV-Spezialisten sind nach einer jüngsten Arbeitsmarkt-Analyse der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesanstalt für Arbeit bei Anwenderunternehmen beschäftigt. Eine weitere auffallende Beobachtung der ZAV-Berater: Die Zahl der offenen Stellen hat sich seit 1985 halbiert. Damit kann der DV-Arbeitsmarkt zweifellos als "normalisiert" gelten.

In ihrer jüngsten Arbeitsmarkt-Information zur Lage der DV-Berufe in unserer "alten" Republik stellt die ZAV fest, daß der Zugang zur Datenverarbeitung sowohl für Praktiker als auch für Hochschulabsolventen weitgehend offen ist. Allerdings sei seit einigen Jahren der Trend zum Akademiker unverkennbar: Neben Informatikern und Nebenfach-Informatikern biete die DV Mathematikern, Physikern, Elektroingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern und Wirtschaftsingenieuren interessante Stellen.

Darüber hinaus erhalten, so die Arbeitsmarkt-Spezialisten, bedingt durch die Nachfrage der Unternehmen auch Umschüler aus anderen akademischen Disziplinen weiterhin Zugang zur DV, insbesondere in den Sparten Software-Entwicklung, Vertrieb, Beratung oder Schulung.

Derzeit sind nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) rund 180 000 Computerspezialisten in Westdeutschland beschäftigt. Dieser Wert habe sich in den vergangenen zehn Jahren um gut 85 Prozent erhöht. Bei Herstellern, Softwarehäusern und Beratungsfirmen seien etwa 13 Prozent beschäftigt, der größte Teil arbeite jedoch bei Anwendern sowohl des produzierenden Gewerbes als auch des Dienstleistungsbereichs.

Der Arbeitsmarkt der DV-Berufe ist zwar laut ZAV-Analyse weiterhin aufnahmefähig, allerdings werden die Wachstumsraten vergangener Jahre nicht mehr erreicht. Nach der expansiven Phase habe sich der Markt "normalisiert". Dies belege auch die Entwicklung der offenen Stellen und der Bewerbergesuche. Ende Dezember 1989 lagen der Fachvermittlung 750 offene Stellen vor, während es 1985 noch 1558 waren. Bei den von der Fachvermittlung betreuten Bewerbern war dagegen ein steigender Trend zu beobachten: 1985 suchten 671 eine neue Position, 1989 waren es bereits 1679.

Einen nach wie vor großen Bedarf haben nach der ZAV-Studie Anwenderunternehmen. So suchten Industriebetriebe insbesondere aus der Elektrotechnik sowie dem Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau vor allem DV-Spezialisten für technische Anwendungen zum Beispiel in der computerunterstützten Konstruktion (CAD) oder computerunterstützten Fertigung (CIM). Die Dienstleistungsbereiche Banken, Versicherungen und Handelsvertretungen haben vor allem Bedarf an Software-Entwicklern für DV-gestützte Informationssysteme im kommerziellen Bereich.

Im Vergleich zu, früheren Jahren sind die Anforderungen an die Fach- und Führungskräfte des DV-Bereichs gestiegen, so die Beobachtungen der Arbeitsmarkt-Berater. Neben fundierten Kenntnissen in Programmiersprachen und Betriebssystemen werde insbesondere ein Studium der Informatik, Ingenieurwissenschaft oder der Betriebswirtschaftslehre gefordert. Vor allem System- und Softwarehäuser achten wegen der starken Kundennähe auch auf die Persönlichkeit des Kandidaten. Die am häufigsten gesuchten Berufsgruppen seien DV-Vertriebsfachleute, Anwendungsprogrammierer und Software-Entwickler.

Die angebotenen Führungspositionen in der DV hätten einen Anteil von rund 15 Prozent. Während vor zwei Jahren Führungskräfte des DV-Kernbereiches noch die Auswahl zwischen mehreren Stellenangeboten hatten, sei der Markt derzeit weitgehend ausgeglichen. Insofern gelte die "Normalisierung" bei den Fachkräften auch für die Führungskräfte. Eine große Rolle dürfte dabei die in den Unternehmen forcierte Dezentralisierung der DV-Anwendungen gespielt haben. Dadurch stagniere die Zahl der DV-Führungspositionen.

Nach den ZAV-Analysen erhalten Berufsanfänger mit einschlägiger akademischer Ausbildung als Einstiegsgehalt durchschnittlich 50 000 bis 65 000 Mark im Jahr. Für DV-Führungskräfte wurden nach Erhebungen verschiedener Marktforscher und der Management Vermittlung National der ZAV folgende Einkommens-Bandbreiten für DV-Führungskräfte festgestellt (in DM):

Leiter Org./DV: 90 000 bis 250 000

Leiter DV: 85 000 bis 140 000

Leiter Rechenzentrum: 90 000 bis 130 000

Leiter Anwendungsentwicklung: 100 000 bis 140 000

Leiter Systemanalyse: 95 000 bis 120 000

In den mittelständischen Unternehmen, dem Hauptkundenkreis der ZAV, gebe es mit dem Org./DV-Leiter häufig nur eine einzige DV-Kraft der oberen Ebene. Hier sei eine Konzentration der Einkommensgrößen um 120 000 bis 130 000 Mark im Jahr festzustellen. In Großunternehmen und Konzernen erreichten nur knapp ein Prozent der Top -Führungskräfte im DV-Bereich Gehälter der Größenordnungen von über 250 000 Mark im Jahr.