"Kreativität nicht killen"

14.08.1998

CW: Es gibt praktisch kein Unternehmen, das nicht den Mangel an IT-Spezialisten beklagt. Worauf führen Sie die Misere zurück?

Langosch: Unter anderem auf schlechte Planung. Was sich jetzt auf dem Arbeitsmarkt für IT-Spezialisten abspielt, verschärft durch das Jahr-2000-Problem und den Euro, war vorhersehbar. Wichtig ist, die Personalbeschaffung auf lange Sicht zu planen. Nicht mal eben drei Tage investieren und denken, dann habe ich schon den Richtigen gefunden.

CW: Was bringt es einem gefragten IT-Spezialisten, in einem kleinen Unternehmen zu arbeiten?

Langosch: Ein kleines IT-Unternehmen bietet vielfältigere Aufgaben, mehr Flexibilität und eine schnellere Übertragung von Kompetenzen. Auch werden die Planungen direkter umgesetzt, das Feedback kommt sofort. Das ist eine gute Vorbereitung auf Führungsaufgaben.

CW: Was hat der Mittelständler noch zu bieten?

Langosch: Er kann über den eigenen Schatten springen und pro Mitarbeiter denken, also etwa mit dem Steuerberater flexible Entlohnungsmodelle über Sachleistungen prüfen. Ein Firmenwagen zum Beispiel bringt beiden Seiten etwas.

CW: Damit locken auch manche großen Firmen.

Langosch: Der Unternehmer kann auch flexible Arbeitszeitmodelle einsetzen statt Geld, bei dem er sowieso in der Regel keine großen Spielräume hat. So kann er qualifizierten Frauen entgegenkommen, die Zeit für ihre Kinder haben möchten. Teilzeit ist auch deshalb für beide Seiten interessant, weil der kleine Betrieb einen IT-Spezialisten eventuell gar nicht voll auslasten kann.

Ein wichtiger Faktor ist die Weiterbildung. IT-Mitarbeiter haben oft Angst, ihren Marktwert zu verlieren. Die Kunst ist, den Marktwert der Leute zu halten oder zu erhöhen und sie trotzdem an das Unternehmen zu binden.

CW: Wie macht man das?

Langosch: IT-Profis müssen als kreative Spezialisten behandelt werden. Durch einen kooperativen Führungsstil identifizieren sich die Mitarbeiter mehr mit der Firma. Man darf Kreativität nicht killen, sondern muß sich auf die "Künstler" einstellen.

CW: Läßt sich mit einer Beteiligung am Unternehmen eine engere Bindung schaffen?

Langosch: Firmenbeteiligungen, selbst wenn nur in gewissem Umfang, sollten bei kleinen Unternehmen die Ultima ratio sein. Denn die Entscheidungsfähigkeit muß beim Inhaber bleiben.

CW: Wie lange werden wir noch mit dem Spezialistenmangel leben müssen?

Langosch: Sicher mehr als zwei Jahre. Jetzt konzentrieren sich die großen Firmen auf die Jahr-2000-Umstellung und die Euro-Einführung und schieben deshalb einen Stau "normaler" Projekte vor sich her. Das Problem aussitzen in der Hoffnung, in zwei Jahren sei alles wieder im Lot, ist also ein gewaltiger Irrtum.