Controller sind die Initiatoren in den Unternehmen

Kosten- und Altlastenprobleme verhelfen Outsourcing zum Boom

12.02.1993

Outsourcing ist im Kommen - auch wenn das Thema weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Die Ergebnisse einer Marktuntersuchung, die von der Orga Gesellschaft fuer automatische Datenverarbeitung mbH, Karlsruhe, in Auftrag gegeben wurde, bestaetigt den Trend. Insgesamt 286 Unternehmen, davon 189 selbstaendige Betriebe und 97 Tochtergesellschaften aus Firmenverbuenden, standen den Analysten Rede und Antwort.

Die Unternehmensfilialen, so zeigte sich, legen eine deutlich hoehere Auslagerungsbereitschaft an den Tag als selbstaendige Firmen. Nutzniesser dieser Entwicklung muessen jedoch nicht unbedingt externe Dienstleister sein. Haeufig werden sowohl beim Teil- als auch beim Komplett-Outsourcing die Leistungen einer zum Firmenverbund gehoerenden Schwestergesellschaft in Anspruch genommen. Diese Gruppe nennt "unternehmenspolitische Gruende" als primaeres Outsourcing-Motiv.

Grosse Hoffnung auf bessere Kostenkontrolle

Den Kontakt zum DV-Dienstleister nehmen in zwei Drittel aller Faelle nicht die DV-Verantwortlichen, sondern die Controlling- Abteilung beziehungsweise der Vorstand auf. Wie Orga-Prokurist Erich Zimmermann ausfuehrt, geht es den Verantwortlichen um eine Kuerzung des DV-Budgets. Der Controller sei deshalb der Ansprechpartner des Dienstleisters, weil er dafuer verantwortlich sei, den Rotstift anzusetzen, und nicht der IT-Manager.

Etwa 34 Prozent der Unternehmen erwarten von der DV-Auslagerung positive Kosteneffekte bei den Investitionen, knapp 39 Prozent rechnen zudem mit Einsparungen bei den laufenden Kosten fuer das operative Geschaeft. Optimistischer als die selbstaendigen Unternehmen sind die befragten Tochtergesellschaften aus den Firmenverbuenden. Sie rechnen sogar zu 44 beziehungsweise 46 Prozent mit einer Reduzierung der DV-Ausgaben.

Es ist aber nicht nur der oekonomische Nutzen, der das Outsourcing interessant macht. Eine groessere Bedeutung haben die zu erwartenden Vorteile bei der Abloesung bestehender Individualsysteme durch Standardsoftware. War noch vor wenigen Jahren die Euphorie gross, dass spezifische Unternehmensprozesse mit Individualloesungen abgebildet werden konnten, so herrscht heute Katerstimmung. Die Nachfrage nach Standardsoftware ist groesser denn je.

Gut die Haelfte aller Unternehmen nannte die Einfuehrung von Fertigprodukten als wichtigstes Motiv fuer die Inanspruchnahme von DV-Service-Anbietern. Sie sind gezwungen, auf fremde Hilfe zuzugreifen, weil ihnen selbst das noetige Know-how fehlt. Jeder dritte Anwender sieht im eigenen Haus Defizite bei der Einfuehrung und Betreuung von SAP-Software oder anderen Produkten. Mehr als 40 Prozent nennen die mangelnde Kenntnis neuer Technologien als Auslagerungsmotiv.

In der Outsourcing-Diskussion wurde immer wieder argumentiert, die Datenverarbeitung muesse einer Entschlackungskur unterzogen werden und man wolle sich auf das Kerngeschaeft konzentrieren.

Nach den Umfrage-Ergebnissen liegt hierin aber nur fuer ein Fuenftel der Befragten ein ueberzeugender strategischer Ansatz.

Auch der Abbau von ueberholten Strukturen und die Befreiung von Personal-, Sicherheits- und Kapazitaetsproblemen stellen laut Markterhebung nicht die primaeren Motive fuer die wachsende Kooperationsbereitschaft mit externen Dienstleistern dar. Jeder vierte Betrieb nennt die Loesung von Personalproblemen als mitentscheidenden Faktor fuer die Auslagerung, die Verbesserung ihres Sicherheitsstandards bietet nur etwa 17 Prozent einen Anreiz.

Nach welchen Kriterien suchen die Anwenderunternehmen ihren Partner aus? Die Ergebnisse der Orga-Studie deuten darauf hin, dass die wirtschaftliche Stabilitaet des Partners zwar durchaus von Interesse ist, aber nicht die immense Bedeutung hat, die dem Thema stets beigemessen wurde. Nur jedes vierte Unternehmen haelt dieses Argument fuer besonders relevant. Dieses Ergebnis laesst die Diskussion um "Abhaengigkeit" vom Service-Anbieter in einem anderen Licht erscheinen.

Entscheidender Massstab fuer die Wahl des Partners ist fuer 71 Prozent der Befragten das praesentierte Betreuungskonzept. Ausserdem setzt gut die Haelfte voraus, dass der Dienstleister umfangreiche Erfahrungen in der Produktion der auszulagernden DV-Funktionen sowie im Servicegeschaeft generell aufweisen kann. Hier sehen die von Orga beauftragten Marktforscher eine nur schwer zu ueberwindende Huerde fuer Neueinsteiger. Zu diesen zaehlen DV- Hersteller, die aufgrund fehlender Ertragsmoeglichkeiten im Hardware- und Softwaregeschaeft zunehmend auf den Dienstleistungssektor ausweichen.

Die Marktuntersuchung hat sich auch mit der Frage beschaeftigt, welcher Art von Service-Anbietern die Kunden ihr Vertrauen schenken. Unterschieden wird zwischen selbstaendigen Konzerntoechtern wie Debis oder EDS, freien Dienstleistern wie Alldata und tds oder Service-Rechenzentren von Banken (BB-Data, Orga, Rheinisches Genossenschafts-Rechenzentrum).

Nur gut 17 Prozent der befragten Unternehmen koennen sich vorstellen, von der Dienstleistungstochter eines Konzerns eine ueberzeugende individuelle Betreuung zu erhalten. Gerade mittlere und kleinere Kunden befuerchten, von diesen Anbietern nicht genug ernstgenommen zu werden. Deutlich mehr Vertrauen wird in freie Anbieter und in Banken-Rechenzentren gesetzt.

Insgesamt sind es jedoch meistens die freien Dienstleister, die mit Argwohn beobachtet werden. Bezueglich wirtschaftlicher Stabilitaet, technischer Leistungsfaehigkeit und Sicherheit werden sie von potentiellen Kunden deutlich skeptischer betrachtet als die Konkurrenz. Ausserdem sind die Kenntnisse ueber diese Anbieter relativ gering.

Abb: Outsourcing-Plaene werden vor allem verfolgt, um Standardsoftware einfuehren zu koennen.