Konsolidierung geht weiter

29.06.2006
Dr. Carsten Bange ist Geschäftsführer des auf Business Intelligence und Dokumentenmanagement spezialisierten Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Business Application Research Center (BARC) in Würzburg.

Sie haben gerade eine breit angelegte Studie zu BI- und Data-Warehouse-Werkzeugen durchgeführt. Lässt sich daraus ein Trend ablesen?

Die Konsolidierung im BI-Markt ist in vollem Gange: IBM hat mit dem Kauf von Ascential im Sommer 2005 die jüngste Phase eingeleitet: Oracle hat Anfang 2006 den CRM-Spezialisten Siebel übernommen, der auch eine prosperierende BI-Sparte hatte, und auch Microsoft, das den größten Teil seiner BI-Produkte bisher selbst entwickelte, hat mit ProClarity einen Anbieter für Reporting und Analyse hinzugekauft. SAP hingegen entwickelt alle Komponenten für BI selbst und hat gerade die neueste Version seines Data Warehose SAP BW im Release Netweaver 2004s veröffentlicht.

Was bedeutet das für die Anwender?

Sie können von den großen Software-Häusern künftig ein breiteres Produktspektrum erwarten, mit dem sich ein größerer Teil ihrer Anforderungen abdecken lässt. Zudem ist es denkbar, dass BI-Funktionen aufgrund der Bündelung und des Wettbewerbs der großen Anbieter preiswerter werden. Oracle etwa will seine BI-Suite preislich direkt gegen die Microsoft-Produkte positionieren.

Also nur gute Nachrichten für die Kunden?

Nicht ganz. Gerade die Integration zugekaufter Komponenten dauert und verlangsamt manchmal die Innovationsgeschwindigkeit ganzer Bereiche eines Software-Anbieters. Außerdem ergeben sich oft Überlappungen im Produktangebot, was zur Einstellung oder Migration von Produkten führt, bei denen Anwender eigentlich dachten, sie wären wegen des großen Anbieters auf der sicheren Seite. Auch besteht die Gefahr,dass der Plattformanbieter beginnt, seine Werkzeuge abzuschotten.

Wie könnte das aussehen?

Dies kann entweder technisch durch die Änderung von Schnittstellen oder durch Lizenzvorschriften geschehen.Die Anwender sollten daher die Anpassungsfähigkeit und den Aufwand hierfür im Auge behalten.Denn die Erfahrung zeigt, dass sich Anforderungen an BI-Systeme im Laufe der Zeit ändern.

Die umfassenden Lösungen der großen Anbieter versprechen keine Sicherheit?

Wir sehen noch keinen Anbieter mit einer kompletten Suite, die auf allen Ebenen einer Data-Warehouse- und Business-Intelligence-Architektur ein marktführendes Angebot aufweist. Die Verantwortlichen müssen vor allem ihre BI-Strategie klären, bevor sie ein Projekt in Angriff nehmen. Denn die Software-Anbieter können die Unternehmen kaum darin unterstützen, ihre Daten- und Informationsmanagementstrategien zu konzipieren.

Wie sollte ein CIO vorgehen?

Er sollte mit der Definition von Leitlinien für die BI-Architektur und den grundlegenden Anforderungen an das Data Warehouse beginnen – aus technischer und fachlicher Sicht. Erst danach kommt die eigentliche Auswahl des strategischen Lieferanten. Der Plattformanbieter muss in der Lage sein, die definierte Strategie umzusetzen, aber gleichzeitig Schnittstellen für Werkzeuge von Spezialisten bereitstellen. Nur so kann der CIO sicherstellen, dass sein System auch zukünftig alle Anforderungen an Agilität und Flexibilität erfüllt und das Unternehmen durch BI entscheidende Wettbewerbsvorteile erlangt.