Mit den Kommunikationsprotokollen entwickelt sich auch das Testen dieser Protokolle, und zwar sowohl hinsichtlich der Anforderungen als auch der Durchführung. E. Weber* kennt die Normen.
In Europa können die Postverwaltungen als Monopolinhaber durchsetzen, daß die an die Postnetze angeschalteten Geräte normgemäß kommunizieren, indem sie das Bestreben einer Prüfung vor die Zulassung setzen. Der Standpunkt "Unser Netz ist so intelligent, daß ein Fehlverhalten eines Endgerätes es nicht stören kann" ist nicht mehr anzutreffen.
In Nordamerika, wo die Netzbetreiber gegeneinander konkurrieren müssen, kann eine technische Prüfung nur bedingt gefordert werden. Darf jemand sein Endgerät an einem Netz nicht betreiben, so kann er zu einem anderen Netz wechseln, an das er sich anschalten will. Überspitzt ausgedrückt: Die Netzbetreiber müssen für ihr Testverfahren werben und hoffen, daß die Endgeräte zum Test gebracht werden.
Weltweit akzeptierte Testprinzipien festlegen
International setzt sich die Erkenntnis durch, daß Tests notwendig sind. Es gibt daher verschiedenste internationale Aktivitäten, die diese Ziele verfolgen. Man bemüht sich, weltweit akzeptierte Testprinzipien und Testinhalte festzulegen. Eine Hauptschwierigkeit liegt dabei darin, daß zwar jede Ebene höherer Kommunikationsprotokolle für sich spezifiziert ist, daß die Kommunikation zwischen den Ebenen und die Realisierung offen gelassen sind beziehungsweise offengelassen werden müssen. Es kann daher unter Umständen sehr schwer oder gar unmöglich sein, eine Funktion testbar zu machen (einer Ebene).
Das Testen der aktiven Eigenschaften eines Gerätes (Anforderung eines Verbindungsaufbaus, Aussenden von Daten, Anforderung eines Verbindungsabbaus) wird dann zum Problem, wenn ein Test automatisch ablaufen soll. Man muß für diesen Fall eine Möglichkeit finden, dem Prüfling mitzuteilen, daß er aktiv werden soll.
In der Praxis findet man zwei Arten von Tests, die den genannten Schwierigkeiten Rechnung tragen: Tests gegen eine Referenzimplementation und Tests gegen eine für Testzwecke über der zu testenden Protokollebene aufgesetzte Ebene (Software-Prüfstecker, "test responder"). Beim Test gegen eine Referenzimplementation wird nachgeprüft, ob der Prüfling fehlerfrei gegen eine Referenz arbeiten kann.
Die Referenz spielt alle ihr möglichen Protokollsituationen durch. Die aktiven Eigenschaften des Prüflings müssen manuell erzeugt werden.
Beim Test gegen einen Prüfstecker muß der Prüfling eine Funktion implementieren, die nur Testzwecken dient. Das wird so lange Anlaß zur Kritik bleiben, wie keine internationale Standardisierung besteht. Zum anderen kann es technisch oder wirtschaftlich unmöglich sein, die geforderte Funktion zu integrieren.
Wenn ein Gerät nach bestandener Prüfung zur Anschaltung zugelassen wird, so können immer noch Probleme auftreten. Wegen der Komplexität der Protokolle und der Vielfalt von Optionen können "deadlocks" nicht ausgeschlossen werden (Schlagwort: genormte Inkompatibilität). Weiterhin muß mit Problemen gerechnet werden, wenn die Datenübertragung mit immer höheren Geschwindigkeiten durchgeführt wird. Dann können sporadisch Fehler auftreten, die in der Protokollimplementation zu suchen sind (zum Beispiel Pufferprobleme).
Protokolltesten wird also zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. Das spiegelt auch die Tatsache wieder, daß vermehrt Dienstleistungen angeboten werden, die um dieses Thema herum anzusiedeln sind. Die folgende Aufzählung kann nicht erschöpfend sein:
- DFÜ-Beratung
Beratung bei DFÜ-Problemen ist eine Dienstleistung, die von vielen Software- und System-Häusern und auch von Ingenieurbüros angeboten wird.
-Testdienstleistungen
Eine Reihe von Anbietern macht Testdienstleistungen verfügbar und berät gegebenenfalls bei der Zulassung durch die Deutsche Bundespost.
- Vermietung und Verkauf von Protokolltestern
Auf dem Markt werden Protokolltester für jeden Bedarf angeboten.
- Protokollkonverter
Es sind "schwarze Kästen" erhältlich, die zwischen Endgerät und Netz geschaltet werden können, um dem Endgerät den Netzzugang zu erlauben.
- Computerkarten
Kommunikationsfähige Computerkarten, das heißt Karten, die eine Zulassung der Bundespost besitzen, werden angeboten.
- Softwarepakete
Es sind mittlerweile Software-Pakete erhältlich, die in einer bestimmten Umgebung von der Bundespost zugelassen sind. Solche Pakete und ihre Portierung können vom Interessenten erstanden werden.
- Implementationsunterstützung
Die Bundespost bietet derzeit noch kostenlos Implementationsunterstützung für zuzulassende Geräte an.
Anforderungen an zukünftige Protokolltester
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß man sich im internationalen Rahmen bemüht, die Spezifikation der Kommunikationsprotokolle zu verbessern, und daß man sich auch dem Thema Testen zuwendet. Zur gleichen Zeit werden die Protokolle jedoch komplexer. Somit wächst der Markt an Dienstleistungen im Umfeld der Kommunikationsprotokolle.
Für Protokolltester ergeben sich daraus eine Reihe von Anforderungen, die hier andiskutiert werden sollen:
- Nachvollziehbarkeit der Protokolle
Protokolltester müssen die Protokolle, wie von den internationalen Normungsgremien spezifiziert, emulieren beziehungsweise testen. Insbesondere sollten alle genormten Optionen testbar gemacht werden können.
- Flexibilität
Protokolltester sollten es ermöglichen, Optionen "frei" zu spezifizieren, das heißt ohne daß dem Tester die Option als solche bekannt ist. Alle Systemparameter von Protokollen sollten zugänglich sein, daß heißt in jedem Testmodus änderbar sein.
-Mehrere physikalische Anschlüsse
Um im Rahmen von ISDN sinnvoll einsetzbar zu sein, muß ein Tester in der Lage sein, mehrere serielle physikalische Anschlüsse zur selben Zeit zu bedienen.
- ISDN-Anschluß
Mittels Multiplexern/Demultiplexern soll auf die Signalisierungsschnittstelle und die Anwendungsschnittstelle parallel zugegriffen werden, um die Aspekte Signalisierung und Anwendung sinnvoll testen zu können. Auf beiden Kanälen sollen verschiedene Protokolle einsetzbar sein.
- Erhöhter Speicherplatzbedarf
Aus den bisherigen Ausführungen folgt schon fast zwingend, daß zukünftige Testgeräte einen wesentlich höheren Speicherbedarf haben werden als die zur Zeit angebotenen Geräte.
- Erhöhte Leistungsfähigkeit
Die geforderten Geschwindigkeiten und die Parallelität können nur mit verteilter Intelligenz (Multimikroprozessorsystem) bewältigt werden. 16 Bit-Prozessoren reichen hierfür nicht mehr aus. Die hohen Realzeitanforderungen können in der Regel nur mit Hilfe eines dedizierten Betriebssystems erfüllt werden.
Entwicklungen bei den Kommunikationsprotokollen
Bei den Kommunikationsprotokollen lassen sich unter anderem die folgenden Entwicklungen aufzeigen:
- Verbesserte Normung
Es werden Lücken in bestehenden Normen geschlossen, und es werden die Beschreibungsverfahren verbessert, um Mehrdeutigkeit in bestehenden Spezifikationen zu beseitigen
- Optionen
Nationale Varianten werden zur internationalen Standardisierung gebracht. Damit werden die Dienste, die ein Protokoll erbringen kann, erweitert.
- Digitalisierung und Integration
Im Rahmen von ISDN (Integrated Services Digital Network) will man die Kommunikationsdienste integrieren. Das erfordert die Digitalisierung aller dieser Dienste. Die damit möglichen höheren Geschwindigkeiten erlauben wiederum eine höhere Parallelität.
- Lokale Netze
Diese zeichnen sich unter anderem durch vergleichsweise sehr hohe Übertragungsgeschwindigkeiten im Bereich von Mbit/sec aus.
- Satellitenkommunikation
Für die Kommunikation über eine Satellitenstrecke können die existierenden Protokolle nicht ohne weiteres eingesetzt werden. Deshalb benutzt man Varianten. Beispielsweise, um den längeren Laufzeiten bei der Übertragung Rechnung zu tragen.
- Integrierte Testbarkeit
Höhere - Kommunikationsprotokolle sollten zukünftig standardisierte Testmöglichkeiten beinhalten.
* E. Weber, Idacom Electronics, Darmstadt