SCHOLZ REPORT

Kommentar zur Herstllestrategie bei Harware und Software

27.05.1977

Es zeichnet sich jetzt mehr und mehr ab, daß die Hersteller bereit sind, zumindest für kurze Zeit im voraus ihre Strategie hinsichtlich der Systemsoftware den Anwendern mitzuteilen. Dies ist aus der Sicht des Anwenders zwar begrüßenswert, es bleibt jedoch nach wie vor unbefriedigend, daß der Anwender keine 5- Jahres- Planung aus der Sicht der Hard- und Software machen kann. Ich glaube, daß ich im Namen aller Anwender spreche, wenn ich alle Hersteller eindringlich bitte, mehr Informationen über die mittelfristige Systemsoftware- und Hardwareplanung zur Verfügung zu stellen. Ich möchte dies an einem Beispiel begründen:

Nehmen wir an, daß ein Anwender überlegt, ob er die Historie eines Bestandes auf einer Platte bereithalten soll oder ob er diesen Historienbestand lieber auf Mikrofilm auslagern soll, so muß er detaillierte Informationen über die Preis- und Leistungsdaten aller Alternativen besitzen. Wie geht der Anwender nun heute vor?

Zunächst einmal bestimmt der Benutzer seine Projektkosten je Alternative. Dann stellt er Überlegungen hinsichtlich der vermutlichen Kosten der Durchführung an. Hier tritt nun die zentrale Schwierigkeit auf, da der Anwender über die zukünftige Kostensituation zu wenig Informationen besitzt. Also ist der Anwender darauf angewiesen daß er in etwa heutige Preise und Leistungsdaten bei seinen Vergleichsrechnungen ansetzt. Gerade dies ist jedoch dann falsch, wenn das Verfahren erst in ein oder zwei Jahren zu laufen beginnt und dann etwa 10 Jahre insgesamt eingesetzt werden soll und wenn sich die Preise für Hardware und Systemsoftware in den nächsten Jahren entscheidend verändern.

Nehmen wir an, daß eine EDV- Lösung eines Anwendungsproblems für die Durchführung folgende Ressourcen benötigen wird:

20 CPU- Stunden pro Monat zu einem Preis von 500, - DM pro Stunde nach heutigen Preisen und zusätzlich 1 Milliarde Bytes Online- Kapazität auf Magnetplatten zum Preise von 9000 DM pro Monat (dies entspricht etwa dem Preis von 3350 Laufwerken von IBM). Ferner sollen etwa 10 Terminals zum Preis von 500, - DM je Terminal nur für diese Anwendung erforderlich sein.

Aus diesen Zahlen ergibt sich dann folgende Kostensituation: CPU- Zeit 10000 DM Platten 9 000 DM Terminals 5 000 DM

Die gesamte Lösung kostet ohne die Amortisation der Projektkosten ganz grob gerechnet also 24 000 DM pro Monat. In einem Jahr entstehen also Gesamtkosten der Durchführung in der EDV von knapp 300 000 DM. Dies entspricht den heutigen Kosten von 6 - 7 Mitarbeitern.

Zur weiteren Vefreinfachung soll einmal angenommen werden, daß die Alternativlösung über Mikrofilm nur etwa 100 000 DM pro Jahr an Durchführungskosten verursacht. Ferner unterstelle ich, daß die EDV-Lösung insgesamt pro Jahr 6 Mitarbeiter einspart und die Mikrofilmlösung wegen ihres geringeren Komforts dagegen nur 3 Mitarbeiter. Setzt man einen Mitarbeiter derzeit mit 45 000 DM an, so erhält man lediglich bei der Mikrofilmlösung einen Gewinn von ca. 35 000 DM pro Jahr. Bei der EDV-Lösung ergibt sich zunächst einmal ein Verlust von ca. 20 000 - 30000 DM, wobei hier erschwerend hinzukommt, daß die Investition zunächst erheblich höher ist. Die Entscheidung wird daher fast immer zugunsten des Mikrofilms fallen, es sei denn daß der Anwender wüßte, daß sich die Preissituation auf dem EDV-Markt entscheidend verändern wird.

Die ganze Rechnung würde anders aussehen, wenn der Anwender wüßte, daß in 3 - 4 Jahren die CPU- Kosten halbiert werden können, daß die Kosten für die Platten auf vielleicht ein Viertel der heutigen Kosten sinken werden und daß die Terminals statt 500 DM nur noch 300 pro Monat kosten werden. Es ergäben sich dann nach 3 - 4 Jahren folgende Durchführungskosten:

CPU-Zeit 5000 DM

Platten 2000 DM

Terminals 3000 DM

Die Gesamtkosten würden dementsprechend 10 000 DM pro Monat und ca. 120 000 DM pro Jahr betragen.

Da der Anwender leider über diese Informationen nicht verfügt, wird er für seine Unwissenheit insofern bestraft, daß er zunächst einmal die Mikrofilmlösung konzipiert und dann nach einigen Jahren zur Umstellung auf die EDV gezwungen wird, weil sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, daß die Preise aviederum gesunken sind. Der EDV-Benutzer kommt also aus den Umstellungsproblemen nicht heraus. Diese Vorgehensweise ist für alle Beteiligten höchst unbefriedigend. Der EDV-Anwender schlittert von einer Umstellung in die andere. Zudem muß er sich von seiner Geschäftsleitung den Vorwurf gefallen lassen, daß er die zukünftige Entwicklung nicht richtig eingeschätzt hat, wofür er aber aus heutiger Sicht meist nicht befugt ist, weil man ihm diese Management-Aufgabe nicht überträgt.

Die EDV-Hersteller sollten sich endlich einmal fragen, was die Salamitaktik der Preissenkungen auf dem EDV-Markt soll. Immer wieder hört der Anwender von den Herstellern, daß er eine langfristige Hardwareplanung (4 - 5 Jahre) machen soll. Der Hersteller selbst gibt jedoch die notwendigen Planungsgrundlagen nicht bekannt. Es wird Zeit, daß die Hersteller den Anwender mit mehr Informationen über die zukünftigen Planungen versorgen, damit EDV-Anwendungen auf einer soliden Basis geplant werden können.