Kommentar

Kommentar Fünf vor zwölf

19.03.1999

Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl galt als Meister im Aussitzen von Problemen. Getreu seiner Devise "Kommt Zeit, kommt Rat" handeln jetzt auch die Hersteller von TK-Anlagen beim Problem Jahr 2000. Sie spielen es herunter. Statt zu agieren, beschränken sich Siemens & Co. lediglich auf eine Politik des Reagierens. Diese Haltung spricht Bände: Sie spiegelt die unzureichende Flexibilität - ja Arroganz - jener Hersteller wider, die jahrzehntelang den abgeschotteten deutschen Markt unter sich aufteilen konnten und nie gewohnt waren, hart um die Gunst der Anwender kämpfen zu müssen.

Viel schlimmer ist jedoch, daß die TK-Anbieter an der Not der Anwender auch noch gut verdienen. Jeder Tag, den der Jahreswechsel näher rückt, erhöht den Druck auf die Anwender und gibt den Herstellern bessere Argumente für kostspielige Jahr-2000-Updates an die Hand. In die Pflicht nehmen lassen sich die Anbieter jedenfalls nicht. Garantien für die Funktionsfähigkeit der Datumsumstellung weisen sie von sich und spielen damit dem Anwender den Schwarzen Peter in die Hände. Er muß in der Regel für die Test- und Umstellungskosten aufkommen.

Aber auch die IT-Abteilungen tragen ein gerüttelt Maß an Schuld, wenn es nach Sylvester in ihrer Telefonanlage zum Desaster kommen sollte. Dann würde sich nämlich rächen, daß viele Unternehmen ihre TK-Systeme stiefmütterlich behandeln.

Es ist fünf vor zwölf, also noch nicht zu spät. TK-Manager können sich jetzt noch des Jahr-2000-Problems annehmen und die Produzenten durch eine aktive, kundenfreundliche Politik ihr Image verbessern. In beiden Fällen ist es mit Sicherheit eine Investition in die Zukunft. Alexander Freimark