MDT-Software wird teurer

Keine Harakiri-Angebote

13.06.1975

"... und bieten Ihnen die o. a. MDT-Konfiguration mit alle von Ihnen benötigten Programmen für die Aufgabengebiete FAKTURIERUNG, FINANZBUCHHALTUNG, LOHN/GEHALT zum Pauschalpreis von 80 000 Mark an. Wir erwarten gerne Ihren Auftrag und verbleiben

gez MDT-Anbieter".

In den vergangenen Jahren wurde tatsächlich ein erklechlicher Prozentsatz aller MDT-Angebote auf diese oder ähnlich unklar spezifizierte Art und Weise abgegeben.

Über die Konsequenzen aus dieser sowohl unverantwortlichen Angebotsabgabe, aber gleichermaßen auch unverantwortlichen Angebotsannahme brauchten sich dann MDT-Hersteller und MDT- Benutzer hinterher nicht zu wundern. Während der MDT-Hersteller sein Software-Angebot nur als unveränderte Übergabe mit gegebenenfalls ganz geringer Anpassung seiner Standardprogramme interpretiert sehen wollte, beharrte der MDT-Anwender häufig darauf, für die angeführten Aufgabengebiete Individualprogramme erstellt zu bekommen.

Anpassung bei Standardprogrammen

Dieser Ärger hätte vermieden werden können, wenn bei der Angebotsabgabe detailliert definiert worden wäre, wie leistungsfähig die zu liefernden "benötigten Programme" sein sollen, etwa anhand von detaillierten Eingabebelegen, Musterausdrucken, Laufzeitberechnungen etc.

So war es durchaus keine Seltenheit, wenn ein Hersteller-Programmierer zehn und mehr Mannmonate aufwenden mußte, um die Standardprogramme auf die Kundenwünsche hin anzupassen oder Individualprogramme zu erstellen - und das häufig, ohne daß der Hersteller (aufgrund der unklaren Spezifikation bei der Angebotsabgabe) diesen Zeitaufwand dem Kunden weiterberechnen konnte. Damit erklärt sich, daß fast alle MDT-Hersteller im Bereich Anwenderprogrammierung mehr oder weniger große Verluste aufweisen, da an vielen Installationen effektiv nichts verdient, sondern teilweise sogar beachtlich draufgezahlt wurde.

Circulus vitiosus

Andererseits ist zu beachten, daß die MDT-Konfigurationspreise nach unten gehen, während gleichzeitig die Anforderungen des MDT-Benutzers steigen. Daraus ergibt sich die Problematik, daß die MDT-Hersteller mit sinkenden Margen immer größere Kundenwünsche abdecken müssen wodurch sich die Software-Unterdeckung bei der Anwenderprogrammierung zwangsläufig vergrößern würde.

Um aus diesem Circulus vitiosus herauszukommen, sind vor allem die größeren MDT-Anbieter seit längerem dazu übergegangen, durch strikte interne Kontrollinstanzen alle Software-Angebote genauestens gegenprüfen zu lassen und eine ausführliche Programmbeschreibung sowie detaillierte Definition des Software-Obligos bereits zum Bestandteil des Angebotes zu machen.

Um auch ihre MDT-Verkäufer für diesen härteren Kurs bei der Software-Weiterberechnung zu motivieren, werden darüber hinaus bei einigen Herstellern Provisionsabzüge bei Software-Unterdeckung vorgenommen.

Exotische Wünsche

Zumindest bei den großen MDT-Herstellern ist die Bereitschaft zu Abwicklung "exotischer" Softwarewünsche stark abgesunken. Solche Kundenwünsche werden nur noch dann erfüllt, wenn sie auch tatsächlich vom Kunden bezahlt werden. Um ihre Software-Unterdeckung und die Personalbindung pro Installation zu reduzieren, konzentrieren sich die großen MDT-Hersteller vielmehr zunehmend nur noch auf solche Kunden, deren Anforderungen von den bereits vorhandenen Standardprogrammen abgedeckt werden können. Die neue Zielsetzung im harten MDT-Wettbewerb heißt: Minimierung des personellen Zeitaufwandes und damit konsequenter Abbau der Software-Unterdeckungen.

Die Zeit der Harakiri-Angebote geht zu Ende und der MDT-Anwender wird lernen müssen, daß er für Software und Dienstleistungen in der MDT genauso bezahlen muß wie in allen anderen Branchen. Zumindest bai den arrivierten MDT-Produzenten.