Messe-Rundgang: CRM-Markt

Kein Durchblick unter dieser Nummer

05.10.2001
Auf dem Markt der Customer-Relationship-Management-Software geht es derzeit zu wie auf einem türkischen Basar. Der CRM-Markt befindet sich im Umbruch. Von Björn Lorenz*

Angelockt durch hoffnungsvolle Prognosen von Marktforschern drängen neben den etablierten CRM-Anbietern auch Softwarehäuser aus anderen Marktsegmenten aufs glatte Parkett. Ein Thema auf der diesjährigen Systems ist die Analyse von Markt- und Vertriebsdaten mit Hilfe von Business Intelligence (BI).

Ed Thompson, Marktbeobachter der Gartner Group, brachte es auf den Punkt: Im Sommer letzten Jahres gestand er, bei allein hundert CRM-Anbietern auf dem deutschen Markt "langsam den Überblick zu verlieren". Seitdem hat der Wettbewerb eher noch zugenommen. Grund hierfür ist vor allem der Wechsel in der Strategie vieler Unternehmen. Ging es vor der Jahrtausendwende vor allem darum, Kosten zu sparen, steht heute der Kunde im Mittelpunkt des Interesses.

Aktives Kunden-Management soll nicht nur helfen, vorhandene Kunden zu halten und neue zu gewinnen, sondern dient gleichzeitig auch zur Differenzierung von der Konkurrenz. CRM-Tools rationalisieren auf der einen Seite die Arbeitsabläufe in Vertrieb und Marketing und sorgen andererseits für eine wesentlich breitere Informationsbasis.

Damit stellt sich aber automatisch die Frage nach der Auswertung der zusätzlich gewonnenen Daten. Die meisten klassischen CRM-Lösungen sind nämlich ohne fremde Hilfe kaum in der Lage, die hohen Ansprüche der Unternehmen auf diesem Gebiet zu decken.

Allianzen bügeln Schwächen ausÜber eine Kooperation versuchen die meisten Anbieter, diesen Druck abzufedern. Ihre Partner, die Entwickler analytischer Software, befinden sich in einer ganz ähnlichen Situation. Sie können ihrerseits nicht über Nacht operative Vertriebslösungen aus dem Hut zaubern. Bis eines schönen Tages einzelne Produkte alle Anwenderwünsche lückenlos erfüllen, werden solche Allianzen wohl halten. Irgendwo zwischen den Extremen sitzen die ERP-Hersteller (ERP = Enterprise Resource Planning). Mit ihren integrierten Paketen haben sie vor allem bei mittelständischen Unternehmen gute Chancen.

Als Analyse-Spezialisten präsentieren sich die Business-Intelligence-Anbieter auf der diesjährigen Systems. Mit der "MIS Business Solution für analytische CRM" spricht etwa die MIS AG in erster Linie größere Betriebe mit einem Umsatzvolumen ab 250 Millionen Mark pro Jahr an. Im Zuge des CRM-Fiebers sieht das Unternehmen "einen erheblichen Bedarf an individuell zugeschnittenen Business-Intelligence-Lösungen", erklärt Anke Linnartz, Corporate Communication Manager bei der MIS AG. Das Pfund, mit dem das Darmstädter Softwarehaus wuchert, ist der integrative Ansatz seiner "Business Solution Suite". Sie decke "nicht nur Reporting und Analyse, sondern ebenso den gesamten Controllingprozess inklusive Planung in einem System ab", heißt es. Der Schulterschluss zu CRM-Systemen und andere Applikationen erfolgt über eine ODBC/OLE-DB-Schnittstelle und passende ETL-Tools (ETL = Extraction Transformation Loading). Auf der Systems ist die MIS AG gleich doppelt vertreten: Mit einem eigenen Stand in Halle A5, Stand 32 und auf dem Partnerstand von Microsoft (Halle A2, Stand 127).

Analyse-SpezialistenDie Qliktech Deutschland GmbH nutzt den Hype um das Thema CRM ebenfalls als willkommenen Umsatztreiber. Das aus Schweden stammende Unternehmen stellt die Version 5 der Analysesoftware "Qlik View" vor. "Die offene Systemarchitektur macht die Einbindung in CRM-Systeme", hebt Maike Schaub, Pressesprecherin von Qliktech, die Vorzüge des Produkts hervor. Den Erfolg in dem umkämpften Markt sucht man vor allem über Kooperationen, beispielsweise mit dem CRM-Anbieter Siebel. Qliktech ist auf der Systems in der Halle A2 am Stand 503 vertreten.

Analytisches CRM hat der Business-Intelligence-Anbieter Microstrategy Deutschland GmbH zu seiner Spezialität erklärt. Mit der Öffnung seiner Software und zahlreichen Kooperationen sieht das Unternehmen seine Rolle im CRM-Markt vor allem als Komponentenanbieter für operative Lösungen. An Business Intelligence führt nach Auffassung von Dominik Hertzog, Manager Marketing bei Microstrategy, dabei kein Weg vorbei. "Um eine 360-Grad-Sicht auf die Kundendaten zu gewährleisten, muss man sie aus allen Kontaktpunkten in einem zentralen Data Warehouse zusammengeführen", erklärt er. Auf der Systems stellt Microstrategy Version 7.1 der gleichnamigen Software vor. Sie ist laut Hersteller erstmals in der Lage, mit Werkzeugen anderer Anbieter wie Cognos, Business Objects oder Brio zusammenzuarbeiten. Microstrategy hält als IBM-Partner in der Halle B3 an den Ständen 159/258 sowie 259/ 458 Hof.

Klassische CRM-HerstellerNeben den BI-Spezialisten finden sich auf der Messe natürlich auch die alten Frontsoldaten wieder - sprich: die klassischen CRM-Hersteller. Mit dem "Maximizer Enterprise 6.0" sieht sich die Acom Informationstechnologie GmbH nach eigenen Angaben als "Anführer im Mid-Market-Segment". Das Unternehmen stellt in München eine deutsche Version der CRM-Software vor. Mit Zusatzprogrammen hat man zudem das Funktionsspektrum deutlich erweitert. Maximizer Enterprise wartet nun auch mit Modulen zu CRM, Vertriebssteuerung, Helpdesk und CTI auf. Bewundern kann man den Maximizer in der Halle A5 am Stand 560. Acom ist dort Unteraussteller von Nextstep.

Die Orbis AG versteht sich in erster Linie als Lösungsanbieter für R/3- Anwender und hat eine ganze Reihe von Ergänzungen zu SAP-Software und Mysap.com im Angebot: Wichtigste Felder sind Einkauf, Verkauf und After Sales Service. In den Mittelpunkt des Systems-Auftritts stellt Orbis das Thema "Customer Self Service" und präsentiert dazu ein neues Tool.

Für Große und KleineAngesprochen fühlen dürfen sich vor allem Produzenten langlebiger Investitionsgüter. Über gesicherte Internet-Verbindungen können die Kunden solcher Hersteller online Zeichnungen, Teilelisten und Hintergrundinformationen zu ihren Maschinenparks einsehen. In Sachen Datenanalyse greift die CRM-Suite auf das SAP-Modul "Business Intelligence" zurück. Auf der Systems ist das Unternehmen als Partner von SAP in der Halle A1 am Stand 327 zu finden.

Eher auf mittelständische und kleine Unternehmen ausgerichtet ist die Interact GmbH. In diesem Marktsegment scheitern CRM-Initiativen oft an den viel zu großen Dimensionen, wie Pressesprecherin Judith Sterl erläutert. Bei den meisten Unternehmen rechnen sich deshalb weder CRM-Portale noch kostspielige Komplettpakete. Gefragt sind vielmehr überschaubare Lösungen, so Sterl. Auf der Systems präsentiert Interact "Saleslogix.net", die Web-basierende Ausgabe des CRM-Tools "Sales Logix", die in diesem Jahr erstmals in deutscher Sprache das Licht der Welt erblickt hat. Auf der Systems ist das Tool in Halle A4 am Stand 316/217A zu sehen.

Ein weiterer Mittelstandsspezialist ist die CAS Software AG, die auf der Systems die brandneue Version 3 von "Genesis World" vorstellt. CAS setzt auf eine Mischung aus Groupware und CRM, da "isoliertes CRM im Mittelstand wenig Sinn macht", erklärt Martina Wöhr, Leiterin Unternehmenskommunikation. Vielmehr sollten dem Anwender "Informationen aus Warenwirtschaft, CRM und Groupware ohne Applikationswechsel zur Verfügung stehen." Im Hinblick auf die Datenanalyse setzt das Unternehmen auf die Zusammenarbeit seiner Software mit ERP- und Datenbanksystemen. So ist die Systems Bühne für den ersten Auftritt der Standardschnittstelle "ERP.connect", die den Angaben zufolge eine Verbindung zu gängigen betriebswirtschaftlichen Applikationen von Navision, Sage KHK, SAP oder Lexware schafft. Die CAS AG findet man in Halle A2 am Stand 333.

Als Generalisten positionieren sich schließlich die ERP-Entwickler. Statt Kapazitäten für eigene Entwicklungen "zu verschwenden", setzt etwa die Bäurer AG in Sachen CRM und Business Intelligence auf Partnerschaften und Kooperationen. Die ersten Früchte sind in Halle A1 auf dem Stand 337 zu bestaunen. So baut beispielsweise das Modul "b2.CRM" auf Auswertungen des Cognos-Reporting-Tools. Den Markt der Datenanalyse sieht Silvia Bäurer, Pressereferentin bei der Bäurer AG, allerdings noch im Aufbau. "Business Intelligence steckt im europäischen Mittelstand noch in den Kinderschuhen und wird erst in Zukunft eine Rolle spielen. Gefragt werden dann vor allem integrierte CRM/ERP-Lösungen sein", urteilt sie.

Die Infor Business Solutions AG zeigt am Stand 315 in Halle A1 die Kunden-Management-Module Infor:CRM, Infor:Service und Infor:MIS, jeweils in der Version 6.1. Die Kombination der einzelnen Bausteine soll die Abbildung des gesamten Kundenzyklus ermöglichen, von der ersten Kontaktaufnahme über Marketingaktionen bis hin zum Support. Ebenso wie die Bäurer AG greift Infor bei der Datenanalyse auf die Dienste des Spezialisten Cognos zurück.

Eigen- und FremdprodukteDie Navision Software GmbH schließlich fährt in Sachen CRM eine Doppelstrategie. So existieren mit den Modulen Sales Force, Marketing und Service sowohl für Navision Financials als auch für Navision Axapta Kunden-Management-Systeme. Nichtsdestotrotz gab das dänische Unternehmen Ende letzten Jahres zusätzlich die Kooperation mit dem CRM-Spezialisten Siebel Systems bekannt. "Während die integrierten CRM-Funktionen für Unternehmen ohne Call-Center und ausgeprägter Vertriebsorganisation ausgelegt sind, haben anspruchsvolle Betriebe in der Midmarket Edition von Siebel eine Alternative", grenzt Jürgen Baier, Leiter Entwicklung und Produkte bei Navision, die zwei Angebote voneinander ab. Entsprechend gestalten sich auch die Möglichkeiten der Datenanalyse unterschiedlich: Die Anwender der "kleinen" CRM-Variante nutzen ausschließlich das integrierte Berichtswesen, dagegen besteht bei der Siebel-Lösung die Option, spezielle Business-Intelligence-Lösungen hinzuzunehemen. Zu sehen gibt es beides in der Halle A2 auf dem Stand 361.

*Björn Lorenz ist freier Journalist in Berlin.

Abb: Im Mittelpunkt steht der Kunde

Wissen ist Macht - CRM-Systeme sammeln Daten aus unterschiedlichsten Unternehmensbereichen. Quelle: Björn Lorenz