Datenbanken bei Gemeinden

Kanalisation als Netzwerk

23.05.1975

WUPPERTAL - Eigentlich müßten die Gemeinden längst tun, was sie in der Praxis mangels Unterlagen weitgehend unterlassen - nämlich genau ausrechnen, was die Entwässerung kostet. Kanalisation und Abwasserreinigung bilden nämlich einen sogenannten "Gebührenhaushalt" und in diesen Bereichen muß kostendeckend gearbeitet werden. Kostendeckend kann man nur arbeiten, wenn man weiß was investiert wurde. Denn erst dann kann man neben den laufenden Unterhaltskosten auch Abschreibungen und Zinsen genau berechnen.

Drei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Um mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, hat die "Arbeitsgemeinschaft integrierte Datenverarbeitung im Baugeschehen" (AIB) ein Schema für eine "Kanaldatenbank" entworfen. Sie soll die bundeseinheitliche Erfassung der Grunddaten einer Kanalisation ermöglichen. Die gespeicherten Daten können dann verwendet werden

1. zur Wertermittlung

2. für hydraulische Berechnungen

3. für automatisches Zeichnen von Plänen

Plausibilitätskontrolle im Programm

Gearbeitet wird mit Datensätzen fester Länge (450 Stellen einschließlich Filler); die Datei soll wahlfreien Zugriff bieten. Die Datenerfassung erfolgt schon in den Mitgliedstädten der AIB so unterschiedlich, daß formatfreie Eingabe und beliebige Form der Erfassung (aber nach einem einheitlichen Schema) vorgesehen wurde; außerdem muß der Anwender nicht alle Daten auf einmal erfassen - er kann sich zunächst auf die wichtigsten Teile beschränken. Die Plaussibilitätskontrolle für die Grunddaten soll im Rahmen der Programme nicht schon bei der Erfassung erfolgen.

Von Knoten zu Knoten

Die Kanalisation wird als Netzknoten-System gesehen: Netzknoten sind beispielsweise die Schächte Netzstrecken ein Kanal (Sammler). Eine Strecke, die immer von einem Knoten zum nächsten läuft, wird durch die Angabe zweier Knoten bezeichnet; die Knoten sind durch Kilometer-Koordinaten und eine laufende Nummer definiert. Der Datensatz enthält Lage, Art, Aufgabe, Dimensionen und Konstruktionsdetails aller Netzknoten und -strecken, das heißt aller Teile eines städtischen Kanalisationssystems. Außerdem sind die Angaben über Einwohnerdichte und Abwasseraufkommen der Gebiete enthalten, die von dem jeweiligen Kanalstück entwässert werden.

Abschlußbericht sehr gefragt

Fertig wurde als erstes der Schlußbericht des Arbeitskreises "Kanalwertermittlung". Das Interesse war so groß, daß sich die federführende Stadt Wuppertal vor Anfragen kaum retten konnte. Wenn das System einmal einsatzbereit ist, erlaubt es nicht nur, die Kosten eines Kanalisationsnetzes genau zu berechnen und dem Bürger kostendeckende "Entwässerungsbeiträge" auf den Wasserzins aufzuschlagen (sie können nach bisherigen Erfahrungen bis zum Vierfachen des Wasserzinses ausmachen!). Bei Änderungen oder Erweiterungen der Kanalisation kann man mit Hilfe der Datenbank (und eines noch nicht existierenden Programms) automatisch berechnen, welchen Durchmesser und welches Gefälle beispielsweise der neue Sammler haben muß. Ermöglicht werden soll ferner die Erstellung von Generalentwässerungsplänen (einschließlich Zeichnen).

Kosten auf mehrere Aufgaben verteilt

"Bisher mußte jeder, der so etwas machte, ganz von vorn anfangen. Dadurch ging einerseits wertvolle Arbeit immer wieder verloren, weil sie der Kollege für seinen Zweck nicht verwerten konnte - andererseits war für jede Einzelaufgabe der DV-Einsatz zu aufwendig" sagt H. Baum vom Bauverwaltungsamt der Stadt Wuppertal.

Für Straßen zu teuer

Die Kanaldatenbank ist nach Ansicht von Baum auf absehbare Zeit eine der wenigen bautechnischen Datenbanken die allgemein für Städte und Gemeinden interessant ist. Zwar sind Straßendatenbanken, wie sie beispielsweise in Baden-Württemberg für die "klassifizierten" Straßen beim Land existieren, sozusagen die "Großeltern" derartiger Dateien - aber für Kommunen sind Straßendatenbanken vorläufig zu teuer. Datenbanken für Wasser-, Gas- und Stromnetze sind den Bauämtern nicht so wichtig - das ist Sache der Versorgungsunternehmen.