Zielgruppe sind die Inhouse-Anwender von Bildschirmtext:

Kanadische Telidon wartet auf Netzanschluß

06.03.1981

MÜNCHEN (gr) - Der Erfolg jedes Inhouse-Netzkonzeptes auf dem Markt hängt zum großen Teil von den Anschlußmöglichkeiten an das öffentliche Kommunikationsnetz ab. In der Bundesrepublik steht die Entscheidung für den Anschluß des kanadischen Bildschirmtext-Äquivalentes "Telidon" noch aus. "Infomart", die von der kanadischen Regierung mit der Vermarktung des staatlich entwickelten Kommunikationssystems betraut ist, beginnt jetzt, den europäischen Markt auf seine Möglichkeiten hin zu erkunden.

Als Konkurrent der Bundespost in Sachen Bildschirmtext (BTX) will sich der aus Kanada stammende Telidon-Dienst keinesfalls verstanden wissen. Steven De Keseredy, Marketing-Direktor Europa der Infomart, einem Zusammenschluß zweier führender kanadischer Zeitungsverlage zur Förderung der "elektronischen Zeitung", betont ausdrücklich sein gutes Verhältnis zur Bundespost. Es basiere auf der Erkenntnis, daß bei jeder Datenübertragung öffentliche Telefonleitungen benutzt werden.

In Europa versuchen die Kanadier jetzt vorsichtig, einen Fuß in den Markt für geschlossene Netzsysteme zu bekommen. Nach Aussagen von De Keseredy steht der Zugang zum Weltkultur- und Wissensangebot im Vordergrund der Bemühungen. Die Kanadier wollen mit ihrem seit zwei Jahren aus der Retorte gehobenen Bildschirmtext-System keine Inselposition einnehmen. Schon aufgrund der geographischen Struktur des Landes mit seinen großen Entfernungen und der recht dünnen Besiedelung seien sie am Zugriff auf ausländische Datenbanken interessiert.

Zu diesem menschenfreundlichen Aspekt gesellt sich vermutlich ein kommerzieller. Die Donau-Finanz GmbH gründete eine grafische Abteilung, die nicht nur Lobby-Funktion bei den nationalen und internationalen Normungsgremien in Sachen Kompatibilität wahrnehmen soll. Dr. Friedrich Strunkmann-Meister, Geschäftsführer der Donau-Finanz, die sich im allgemeinen um Kooperationen und den Transfer von Technologien im EG-Raum kümmert, beschreibt die Zielgruppe für das Telidon-Marketing: "Grundsätzlich richten wir unsere Aktivitäten auf all die Institutionen, die ihr Interesse an einer Inhouse-Anwendung von Bildschirmtext äußern."

Telidon, von dem kanadischen Kommunikationsministerium in mittlerweile achtjähriger Arbeit entwickelt, weist nach Angaben von De Keseredy durch seine alpha-geometrische Technik Vorteile gegenüber der Mosaiktechnik auf, mit der das britische Bildschirmtext-System "Prestel" und das französische "Antiope" arbeiten. Die Bilder und Buchstaben erscheinen auf dem Bildschirm in feineren Zeichnungen, sie lassen sich - so De Keseredy - leichter programmieren und ändern. Die Datenbank verfüge über einfacher zu handhabende Rückruf-Verfahren, als es den bundesdeutschen Bildschirmtext-Machern bisher gelungen sei.