Jürgen Mechelhoff, Redakteur der Zeitung Metall, Frankfurt Als Metall, Organ für die 2,5 Millionen Mitglieder der IG Metall, in einer Serie Macht- und Mißbrauchsmöglichkeiten durch die Computertechnik darstellte, schrieb die "Computerwoche": "Wenn die 'ME

23.07.1976

Jürgen Mechelhoff, Redakteur der Zeitung Metall, Frankfurt

Als Metall, Organ für die 2,5 Millionen Mitglieder der IG Metall, in einer Serie Macht- und Mißbrauchsmöglichkeiten durch die Computertechnik darstellte, schrieb die "Computerwoche": "Wenn die 'METALL'-Serie der Vorgeschmack auf künftige Gewerkschaftsaktivitäten war, dann können sich die Datenverarbeiter auf einiges gefaßt machen."

Die IG Metall, so war mitgeteilt worden, hat einen "Arbeitsausschuß für den Problembereich Personaldaten" gegründet, der "Schutzgarantien für den einzelnen und gewerkschaftliche Grundsätze für den Datenschutz" festlegen sowie eine "Musterbetriebsvereinbarung für die Einrichtung von Personaldaten" entwickeln soll. Im Herbst ist darüber hinaus eine Broschüre für Betriebsräte und Vertrauensleute geplant (Arbeitstitel: "Personalinformationssystem-Datenschutz-Betriebsverfassung").

Warum sollen sich die Datenverarbeiter davor fürchten?

Spezialisten sind dauernd in Gefahr, nicht über den Rand ihres hochqualifizierten Wissensvorsprungs blicken zu können. Das schafft Wirklichkeitsferne, daraus folgt dann elitäres Bewußtsein. Die letzte Wirtschaftskrise mag einen positiven Aspekt gehabt haben: Sie holte viele dieser Eierköpfe auf den Boden der Realität. Sie mußten erkennen, daß ihre Position nicht besser als die eines jeden gewöhnlichen Arbeitnehmers ist.

Die Datenverarbeiter sollten wissen, daß Gewerkschaftsfunktionäre keine Maschinenstürmer sind. Sie sind nicht gegen die Technik und ihre Entwicklung, sondern haben sich dort zu wehren, wo sich die Technik gegen die Interessen der Arbeitnehmer richtet. Computer können für den Profit, aber auch ebenso zur Durchsetzung und Sicherung von Arbeitnehmerinteressen eingesetzt werden. Im Bereich Personaldatenbanken beispielsweise: Statt Vernichtung von Arbeitsplätzen können die EDV-Technik und Wissen (also Daten) neue Arbeitsplätze ermitteln, statt kranke Kollegen auszusortieren, können sie krankmachende Arbeitsplätze aufspüren. Wehren dagegen wird sich nicht der Computer, sondern der Unternehmer.

Daraus folgt: Die Gewerkschaften müssen Mitbestimmung beim Einsatz von Informationssystemen im Betrieb durchsetzen und die Arbeitnehmer das Recht haben, diese Systeme für ihre Interessen zu nutzen.

Es wird daher unter anderem notwendig sein, das Betriebsverfassungsgesetz zu novellieren, das bislang dem Betriebsrat eine Einsicht in die Personalakten nicht gestattet. Als Repräsentant der betrieblichen Arbeitnehmerinteressen hätte der Betriebsrat als übergeordnete Instanz dann die Möglichkeit, über das Eigeninteresse des einzelnen Arbeitnehmers hinaus alle betrieblichen Angehörigen vor einem Datenmißbrauch zu schützen.

Neben weiteren rechtlichen Überlegungen, die wegen ihrer Komplexität an dieser Stelle nicht erörtert werden können, ist festzustellen, daß der betriebliche Datenschutzbeauftragte nach dem vorliegenden Bundesdatenschutzgesetz - wie dessen Kritiker, der sozialdemokratische Sachverständige, Professor Steinmüller richtig beurteilt nicht die Stellung "als Anwalt der Betroffenen, sondern als Sicherungsbeauftragter der Unternehmensspitze" hat. Der Belegschaft wird kein Recht gegeben, sich an ihn zu wenden. Wenn er, obwohl von der Unternehmensleitung zu ihrer eigenen Kontrolle bestellt, zuviel Aktivität entfaltet, fliegt er raus, weil er keinen besonderen Kündigungsschutz genießt. Auch die Aufsichtsbehörden werden ihm in seiner Tätigkeit kaum helfen, da zum einen Betriebe nicht mehr meldepflichtig sind, zum anderen in aller Regel die Auskunft verweigern können.

Interessant, wenn auch nur unter wahltaktischen Gesichtspunkten zu betrachten, dürfte die in der "Computerwoche" Nr. 25 von der CDU vorgeschlagene Änderung sein, das Betriebsverfassungsgesetz zum Schutze von Arbeitnehmerdaten zu erweitern. Der Pferdefuß folgt allerdings schon mit dem gleichzeitig geforderten Verzicht auf staatliche Kontrolle der firmeninternen Verarbeitung personenbezogener Daten. Nachdem die Opposition im Bundesrat das Bundesdatenschutzgesetz abgelehnt hat, wird sie bei den anstehenden Beratungen Farbe bekennen müssen. Auf jeden Fall ist, wenn der betriebliche Datenschutzbeauftragte eine echte Kontrollfunktion haben soll, es notwendig, 1. seine Berufung unter Mitbestimmung des Betriebsrates, 2. den Kündigungsschutz für diesen Beauftragten sowie 3.

den Anrufungsrecht der Belegschaft fest zu verankern.

Was auch immer das Ergebnis sein wird: Wir müssen mit der Computertechnik leben und die Gewerkschaften im Rahmen ihrer Aufgaben gegen die drohende Verschiebung des Kräfteverhältnisses durch die EDV-Technik ihre volle organisatorische Kraft einsetzen. Deshalb gehören auch die Datenverarbeiter nicht in eine Standesorganisation, sondern in eine Gewerkschaft, wo ihre Kenntnisse und Erfahrungen gebraucht werden. Und auch, damit die Maschine nicht eines Tages ihre eigenen Kinder frißt - selbst wenn sie noch nicht wahrhaben wollen.