Bei Micro-Devices zeichnen sich Erfolge ab

Javaone: Das Problem bleibt nach wie vor der Client

16.06.2000
MÜNCHEN (IDG) - "Java etabliert sich überall", lautete die Botschaft von Sun-Chef Scott McNealy auf der "Javaone" in San Franzisko. Tatsächlich verbreitet sich die Entwicklungsplattform außer am Server nur sehr langsam in den anvisierten Segmenten.

Die Eröffnungsrede von McNealy zur Javaone hätte aus dem letzten Jahr stammen können: Wiederholt prophezeite er den Siegeszug der Programmierumgebung nicht nur auf PCs und Servern, sondern auch auf Handys, Spielkonsolen und anderen Endgeräten. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen zum Teil noch Welten. So haben sich Java-Programme entgegen den vollmundigen Aussagen des Sun-Chefs keineswegs auf dem Desktop etabliert, auch wenn dies über die Java Virtual Machines der Browser möglich gewesen wäre. Die Erwartung, Java werde sich als universelle Basis für Client-Applikationen durchsetzen, hat sich nicht erfüllt, stellten Analysten der Gartner Group auf Suns Hausmesse klar.

Im Prinzip ist sich dessen auch Sun bewusst, weshalb Ankündigungen etwa zum hauseigenen Tool "Java Web Start" (JWS) einen umso höheren Stellenwert erhielten. Ab Oktober verfügbar, stellt JWS ein Interface da, über das sich Java-Applikationen aus dem Netz laden und für den Offline-Betrieb im Cache zwischenspeichern lassen. Außerdem zieht JWS automatisch die einer Applikation zugrunde liegende Java-Runtime-Environment (JRE) an. Die am Client oft bemängelten Performance-, Verfügbarkeits- und Skalierbarkeitsprobleme von Java sollen laut Sun-Manager Bill Pataky mit JWS endlich der Vergangenheit angehören. Auch die Apple-Zusage, die "Java 2 Standard Edition" (J2SE) im kommenden Mac OS X zu unterstützen, wurde auf der Konferenz als Stärkung des Java-Client zelebriert.

Vom Web-Phone bis zur SpielekonsoleEtwas einfacher läuft es für Sun offensichtlich im Segment der "Java 2 Micro Edition" (J2ME), also der Entwicklungsplattform für Mikro-Devices. Prototypen etwa für die Fahrzeugelektronik, Web-Phones oder Spielekonsolen waren unter anderem von BMW, Lucky Goldstar, Motorola und Sega in San Franzisko zu sehen. Stellvertretend für die "Java-Card"-Technik wiederholten die Finanzinstitute Citibank und American Express ihre Absicht, Java auf Kreditkarten einzusetzen. Das Verfahren ermöglicht das Ablaufen einfacher Java-Programme, und zwar unabhängig von dem jeweils verwendeten Chip. In der Pipeline befindet sich außerdem eine Java-fähige Settop-Box von General Instrument, die AT&T vertreiben will.

Auch Suns bisher kaum aufgefallene "Java Intelligent Network Infrastructure" (Jini) ) erhielt auf der Javaone neuen Auftrieb: Im Rahmen eines millionenschweren EU-Projekts namens "Pabadis" soll die Eignung des intelligenten selbstorganisierenden Netzes auf Java-Basis für die Fertigungsindustrie erprobt werden. Im Vordergrund steht dabei die Idee, die Produktion direkt mit ERP-Systemen und vorgeschalteten CRM-Frontends zu verknüpfen. Die Koordination des Projekts obliegt der Universität Marburg.

Sun nutzte die Javaone außerdem, um ein lange Zeit kursierendes Gerücht nun amtlich zu bestätigen. Führungskräfte des Unternehmens erklärten, man werde künftig das vom Erzrivalen Microsoft entwickelte Messaging-Protokoll "Simple Object Access Protocol" (Soap) unterstützen. Damit hat nach IBM bereits die zweite Firma ihre anfänglich ablehnende Haltung gegenüber der Komponententechnik als Ausgangspunkt für XML-Messaging revidiert.