Japan goes USA

17.11.1995

Angst geht um bei den US-amerikanischen PC-Herstellern, aehnlich wie Jahre zuvor bei den Kollegen aus den Vorstandsetagen der grossen Automobilbauer in Detroit und anderswo. Die Blickrichtung ist die gleiche: Im Westen lauert wieder einmal die Gefahr!

Ausgeloest wurde die Besorgnis durch die Ankuendigung des Computerriesen Hitachi, im ersten Halbjahr 1996 einen ersten Schritt in den US-PC-Markt zu wagen. Das Ziel ist auch gleich vorgegeben: Bis zum Jahr 2000 soll ein Platz unter den Top ten der weltweiten PC-Anbieter erreicht werden.

Nun muesste eine solche vollmundige Absichtserklaerung noch keine Panik bei der Konkurrenz ausloesen, doch Hitachi ist kein Einzelfall. Japanische "Mitlaeufer" vom Kaliber und der finanziellen Potenz einer Toshiba Corp., einer Fujitsu Ltd. oder einer NEC Corp. haben sich laengst im internationalen Geschaeft etabliert. Toshiba ist obenauf, was den Absatz von Notebooks angeht, und NEC wird den eigenen Anteil am US-Markt fuer Tragbare dieses Jahr fast verdoppeln. Fujitsu wird nachgesagt, Ende 1996 ebenfalls den US-Massenmarkt bedienen zu wollen.

Zwar sind fruehere japanische Versuche, im Mutterland des PCs Fuss zu fassen, gescheitert, und auch fuer die neue Attacke gibt es keine Erfolgsgarantien, aber die Zeichen stehen diesmal nicht schlecht. Das orakelt zumindest der Seismograph der Wall Street, das gleichnamige Journal, und fuehrt als Beleg ein veraendertes Marketing-Bewusstsein der Manager aus dem Land der aufgehenden Sonne an. So will Hitachi seine Uebersee-PC-Aktivitaeten unter ein amerikanisches Management stellen und die Rechner auch in den USA assemblieren.

Neue Player wie Taiwans Acer Inc., die sich unter den Top ten in den USA festsetzen konnte, und die Samsung Electronics Co. aus Korea haben den US-Herstellern ihre Visitenkarte bereits vor die Fuesse geworfen. Hinzu kommt, dass sich das Produkt Personal Computer zum Allerwelts-Gebrauchsartikel wandelt, der Markt sich ausweitet und dabei durch die Quasi-Monopolisten Intel und Microsoft auch noch standardisiert wird. Und Massenproduktion, das wissen die US- Boys, ist eine der Staerken der Hersteller aus Fernost.

Ein Jahr haben die Hitachi-Manager den US-Markt studiert, bevor sie den Plan fassten, zunaechst mit High-Performance-Notebooks ihr Glueck zu versuchen. Danach soll eine Server-Serie aufgelegt werden. Rund 500000 PCs, so schaetzen Fachleute, muss ein Hersteller fertigen, um in die Gewinnzone zu rutschen. Nun, in diesem Jahr verkauft der einstige Grossrechnerspezialist bereits 350000 Stueck - ausschliesslich im eigenen Land.

Wenn die Expansionsplaene wahr werden, haette die japanische Grossindustrie nur einmal mehr beim amerikanischen Vorbild gelernt: Das Wissen fuer die Fertigung von Standard-PCs haben die asiatischen PC-Hersteller von Firmen wie Compaq und IBM, deren PCs den proprietaeren, zersplitterten Computermarkt in Japan erst in den vergangenen Jahren ueberrollt hatten.