Kooperation mit Siebel Systems wird beendet

J. D. Edwards kauft CRM-Anbieter

24.08.2001
MÜNCHEN (mo) - Die geringe Akzeptanz der Produkte des Partners Siebel hat bei J. D. Edwards zum Umdenken geführt. Mit der Übernahme von Youcentric will der Hersteller betriebswirtschaftlicher Standardsoftware nun eigene Software für das Customer-Relationship-Management (CRM) anbieten.

Die vor 18 Monaten eingegangene Kooperation mit Siebel Systems war für J. D. Edwards (JDE) ein Fehlgriff. "Die Software war zu schwer zu implementieren und hat unser Geschäftsmodell nicht unterstützt", resümiert Edward McVaney, CEO, President und Chairman bei JDE. Hinzu kam nach Ansicht von Wendy Close, CRM Research Director beim Beratungsunternehmen Gartner, dass die Software für die mittelständischen Kunden oft zu teuer war. Doch auch Siebels "Midmarket Edition", die JDE ebenfalls vertrieben hat, konnte die Anwender nicht überzeugen. "Sowohl an dem Enterprise-Produkt als auch an der Midmarket Edition hatten unsere Kunden kein Interesse", beschreibt Stephan Vanberg, Sprecher von JDE Deutschland, den hiesigen Markt. Am 10. September beenden die beiden Unternehmen daher ihre Zusammenarbeit.

Mit Youcentric will der Softwareanbieter dann einen neuen Weg beschreiten. McVaney zielt mit der Übernahme auf ein "breiteres und tieferes Konzept von CRM", das die Intergration in ERP und SCM umfasst. Rund 86 Millionen Dollar zahlt JDE daher für Youcentric, um eine eigene CRM-Suite zu erhalten. Den Kaufpreis begleicht der Hersteller sowohl mit Stammaktien als auch in bar. Das genaue Verhältnis wird noch ermittelt. Damit erhält das Unternehmen eine Software für Vertriebssteuerung, Kampagnen-, Kontakt- und Partner-Management. Sie ergänzt bereits bestehende Komponenten in den Bereichen Produktkonfiguration, Service-Management und Self-Service-Anwendungen.

Gartner-Analystin Close begrüßt die Akquisition. Die offene Architektur von Youcentric passe gut mit der Integrationsplattform XPI von JDE zusammen. Außerdem erleichtere das flexible Datenmodell die Anpassung an die ERP-Lösung "Oneworld". Problematisch sei, dass die Youcentric-Kunden vor allem in der Serviceindustrie beheimatet seien - eine Branche, in der JDE kaum Kunden habe.

Auch Jim Shepherd, Senior Vice President beim Beratungsunternehmen AMR Research, beurteilt die Übernahme positiv. Während sich Siebel vor allem auf Großunternehmen konzentriere, würde die Youcentric-Technik gut in den Mittelstand passen. Damit brechen für Siebel schwere Zeiten an. "In Zukunft wird man von einem ERP-Anbieter erwarten, dass er CRM als Teil seines Kernprodukts anbietet", prognostiziert der AMR-Analyst.

Vor allem im Mittelstand setzt Siebel mit seiner Midmarket Edition auf ERP-Anbieter als Wiederverkäufer. In Deutschland arbeitet das Unternehmen mit einer Reihe von Unternehmen zusammen, neben JDE unter anderem mit Bechtle, Triatron und Navision, die ebenfalls noch keine Pakete verkauft haben. Erfolgreicher sind dagegen die Kooperationen mit Amball und Microsoft Great Plains. Amball kann auf vier Kunden verweisen und Great Plains auf zehn. Dabei spielt die Integration in eine ERP-Umgebung bislang aber kaum eine Rolle.

Mit den Installationen der Mittelstandslösung ist Peter Brehm, Channel District Manager bei Siebel Systems Deutschland, trotzdem zufrieden. Die gute Nachfrage zeigt sich auch im Vergleich zum auf Großkunden ausgelegten Enterprise-Produkt, das ebenfalls an mittelständische Anwender verkauft wird. "Seit wir mit der Midmarket Edition am Markt sind, stoßen wir mit dieser Lösung auf ein größeres Interesse. Mittlerweile sind wir an einem Wendepunkt, an dem von dieser Zielgruppe stärker die Midmarket Edition als das Enterprise-Produkt nachgefragt wird."

Ganz unbeschwert dürfte Brehm trotzdem nicht in die Zukunft schauen, denn JDE ist nicht der einzige Mittelstandspartner, der sich neu orientiert. Auch Microsoft ist nicht auf Siebel allein festgelegt. Seit August arbeitet das Unternehmen auch mit Point zusammen, einem Anbieter von E-CRM-Anwendungen.