Konsortium Wind geht auf Kundenfang

Italienischer Stromversorger Enel festigt Standbein im TK-Geschäft

20.10.2000
ROM (CW) - Jenseits der Alpen entsteht ein neuer europäischer TK-Riese. Durch die Übernahme des Telecom-Providers Infostrada schwingt sich der italienische Energiekonzern Enel zu einem ernsthaften Konkurrenten für den Markführer Telecom Italia auf. Welche Wege der Enel-Partner France Télécom geht, ist noch unklar.

Für die Telecom Italia, einst von der Deutschen Telekom als möglicher Fusionspartner heiß umworben, brechen harte Zeiten an. Dem ehemaligen Staatskonzern, der vergangenes Jahr von Olivetti in einer feindlichen Übernahme geschluckt wurde, erwächst im eigenen Land ein starker Gegenspieler. Für elf Milliarden Euro, also rund 20 Milliarden Mark, hat sich der italienische Stromriese Enel die TK-Gesellschaft Infostrada einverleibt, die der britische Mobilfunkspezialist Vodafone im Zuge der Übernahme von Mannesmann geerbt hatte.

Kritiker monieren Beteiligung des StaatesInfostrada wird damit Teil des Konsortiums Wind, an dem Enel bislang 56,6 Prozent und France Télécom 43,4 Prozent hielt. Durch die jüngste Akquisition, zu der die Franzosen keine Finanzmittel beitragen, verringert sich ihr Anteil an der TK-Allianz auf 26,6 Prozent. Allerdings hat sich der Pariser Carrier bis 2003 sowohl eine Kaufoption auf sechs Prozent des Kapitals als auch das Recht zum Verkauf von Wind-Anteilen festschreiben lassen. Derzeit liebäugelt France Télécom mit einer Übernahme des TK-Dienstleisters Equant, allerdings hat der Kursverfall die Verhandlungen in eine Sackgasse geführt.

Mit Infostrada sichert sich das Konsortium Wind 5,1 Millionen Festnetzkunden, vier Millionen Mobilfunker und 3,4 Millionen Internet-Nutzer. Mit diesem Kundenkontingent macht Wind, das bislang nur wenig Teilnehmer hatte, einen Sprung von Platz drei auf zwei. Mit mehr als zwölf Millionen Verbrauchern wird dieses Jahr ein Umsatz von 2,6 Milliarden Euro erwartet, 2001 sollen es 4,3 Milliarden Euro sein. Enel zufolge soll Infostrada in Wind aufgehen, danach sollen mindestens 25 Prozent der Gesellschaft an die Börse gebracht werden.

In Italien rührt sich indessen starker Widerstand gegen die Übernahme. Die Kritiker monieren, dass der Staat noch 68,5 Prozent an dem Energiekonzern Enel hält und Mittel aus dem monopolistischen Strommarkt in den liberalisierten TK-Markt fließen. Damit kommt es ihrer Meinung nach zu einer Remonopolisierung. Die Forderung lautet daher, dass der Staat seine Anteile an Enel, das 80 Prozent des italienischen Strombedarfs deckt, so schnell wie möglich veräußert.