Unternehmen proben neue Rekrutierungswege

IT-Karrieremesse dient als Kontaktbörse für DV-Profis

23.01.1998

Die Globalisierung der Märkte, die Entstehung neuer Technologien, die Entwicklung der Internet-Welt sowie die Deregulierung der Telekommunikationsmärkte - das alles hat dazu geführt, daß IT- und Telekommunikations-Spezialisten derzeit hoch im Kurs stehen. Da der Arbeitsmarkt für hochqualifizierte IT-Profis nahezu leergefegt ist, müssen die Unternehmen bei der Personalsuche neue Wege gehen.

Ein besonderes Konzept, um Bewerber und IT-Unternehmen zusammenzubringen, hat das kanadische Unternehmen CEO mit der IT-Karrieremesse entwickelt. In Besprechungs-Suiten nobler Hotels können interessierte High-Tech-Spezialisten mit Personal-Managern aus unterschiedlichen Unternehmen persönlichen Kontakt aufnehmen. Ende vergangenen Jahres wurde das CEO-Konzept erstmalig in Deutschland vorgestellt. Zwei Tage lang hatten Personalchefs aus der IT-Branche und wechselwillige IT-Profis in München Gelegenheit, sich in dem edlen Ambiente eines Luxushotels in eigens dafür eingerichteten Besprechungszimmern "zu beschnuppern".

Diese Möglichkeit nahmen in der bayerischen Hauptstadt rund 300 Interessierte wahr. Denjenigen High-Tech-Profis, die sich vorab über die einzelnen Unternehmen informieren wollten, wurde vom Veranstalter ein besonderer Service geboten. Sie konnten eine Präsentation des entsprechenden Anbieters via Monitor verfolgen.

Die überwiegend männlichen Teilnehmer kamen laut CEO aus dem gesamten Bundesgebiet, waren hochqualifiziert, verfügten im Durchschnitt über eine achtjährige Berufserfahrung und befanden sich in den meisten Fällen in ungekündigter Stellung. CEO-Geschäftsführer Christoph Russ: "Dies war unsere erste Veranstaltung in Deutschland. Ich bin aber sicher, daß die guten Erfahrungen, die wir in Kanada gesammelt haben, genauso für die Bundesrepublik gelten."

Schließlich sei hochqualifiziertes IT-Personal derzeit auf der ganzen Welt knapp. Also müßten Unternehmen der IT-Branche, die immerhin Tausende offene Stellen zu besetzen haben, sich nach neuen, unkonventionellen Rekrutierungsmöglichkeiten umsehen. Auf der IT-Karrieremesse hätten wechselwillige Computerprofis die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten ohne Kosten direkt anzubieten.

Russ ist überzeugt, daß es eine ganze Reihe von IT-Profis gibt, die sich beruflich gern verändern würden, diese Entscheidung aber immer wieder auf die lange Bank schieben; zum einen weil sie keinen allzu großen Druck verspürten, zum anderen, weil ihnen die Zeit fehle, den Stellenmarkt intensiv zu beobachten.

Für diese Zielgruppe sei die IT-Karrieremesse optimal. Russ: "Die meisten Teilnehmer wollen sich beruflich verbessern. Eine günstigere Möglichkeit dazu gibt es kaum." Neben der Kontaktaufnahme bietet CEO allen Interessenten die Möglichkeit, in die Online-Bewerberdatenbank aufgenommen zu werden. Diese Daten stehen den Unternehmen bis zu zwei Monate nach der Veranstaltung zur Verfügung.

Zu den Firmen, die an der Karrieremesse teilgenommen haben, gehörten neben Microsoft und Unternehmen der Kirch-Gruppe auch eine Reihe von Netzwerkbetrieben. Auf deren Wunschliste ganz oben stehen Ingenieure für verschiedene Anwendungsbereiche, Telekommunikationsspezialisten, Netzwerker und Vertriebsleute. Die an der IT-Karrieremesse teilnehmenden Unternehmen bewerteten die gewonnenen Kontakte als durchweg positiv. Angenehm überrascht waren die Personal-Manager von dem hohen Qualifikationsprofil der Kandidaten.

Auch habe sich die lockere Atmosphäre in den Besprechungssuiten bei vielen Bewerbern positiv auf die zumeist vorhandene Nervosität ausgewirkt. Rainhard Hahn, Leiter Personal und Organisation bei der Kirch-Gruppe, stellte fest, daß die Besucher der IT-Messe besser qualifiziert und erfahrener waren als diejenigen Computerprofis, die sich auf Anzeigen bewerben würden.

Jutta Lang von der Microsoft Deutschland GmbH freute sich über die große Anzahl von Bewerbern: "Bei uns haben vorrangig wechselwillige IT-Profis mit mehrjähriger Berufserfahrung vorgesprochen, die sich umorientieren wollen." Auch wenn es bislang noch keine konkreten Vertragsabschlüsse gegeben habe, sei der Softwareriese mit der Teilnahme an der Veranstaltung zufrieden.

Peter Weil von General Signal Network, München, bedauert indes, daß die von seinem Unternehmen gesuchten Techniker nicht unter den Kandidaten zu finden waren: "Für diese Leute war die Hemmschwelle, sich in einem so noblen Ambiente zu präsentieren, wohl ein wenig zu hoch." Dennoch hält Weil die IT-Karrieremesse für eine wichtige Veranstaltung.

Computerprofis, die sich beruflich verändern wollen, erhalten auch in diesem Jahr eine Chance, in IT-Unternehmen "hineinzuschnuppern". Für das Jahr 1998 sind in Deutschland weitere Veranstaltungen geplant. In München findet die nächste IT-Karrieremesse am 16. und 17. Februar statt.

*Ina Hönicke arbeitet als freiberufliche Journalistin in München.