IT-Fachkräfte mit Handicap: Arbeit statt Mitleid

27.10.2008
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Die Stiftung Pfennigparade vermittelt körperbehinderte IT-Fachleute an Unternehmen, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Eine Zusammenarbeit, die beiden Seiten nützt.

Den Tag vor 27 Jahren wird Bernd Schmidt nie vergessen. Er war 17 Jahre alt, als er sich bei einem Freizeitunfall so schwer an beiden Händen verletzte, dass sie teilamputiert werden mussten. "Jugendlicher Leichtsinn kostete mich fünf Finger", kommentiert er heute lakonisch.

Er musste seine Lehre als Elektroinstallateur aufgeben. Nach der Reha absolvierte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt für Datenverarbeitung, arbeitete bei IT-Dienstleistern und zuletzt als IT-Administrator bei einem Internet-Provider. Anfang 2005 dann der nächste Schlag: Bernd Schmidt wurde arbeitslos, für drei lange Jahre.

Unbegründete Vorbehalte

"Die Firmen suchten eher Spezialisten als Allrounder wie mich. Viele hatten auch Vorbehalte gegenüber Körperbehinderten", erzählt Schmidt. Seine Beraterin bei der Agentur für Arbeit machte ihn auf die Stiftung Pfennigparade in München aufmerksam. Diese gehört zu den größten Rehabilitationszentren Deutschlands mit Schulen, unterschiedlichen Wohnformen sowie Fahr-, Pflege-, Sozial- und Beratungsdiensten.

Eine wichtige Säule ist die Werkstatt mit Arbeitsplätzen für körperbehinderte Menschen. Die Pfennigparade-Tochterfirma PSG Programmier-Service GmbH etwa beschäftigt körperbehinderte IT-Fachkräfte. Tätig sind sie häufig auf ausgelagerten Arbeitsplätzen vor Ort bei Kundenunternehmen, werden aber durch die PSG betreut und gefördert. Die von den Werkstattmitarbeitern geleisteten Arbeitsstunden werden den Kunden monatlich in Rechnung gestellt. Bernd Schmidt kam über die Pfennigparade zum IT-Dienstleister Logica. Als Systemadministrator ist Schmidt für den IT-Betrieb verantwortlich sowie Ansprechpartner für den Support. Zudem beschäftigt er sich mit Fragen wie Server-Virtualisierung oder IT-Business- Alignment. "Er arbeitet eng mit unseren Beratern zusammen. Er kennt die Geschäftsprozesse der Kunden und versucht, diese mit Hilfe der IT zu verbessern", lobt Friedbert Karch, Regional Manager Süd bei Logica. Mit Schmidts Arbeit ist er sehr zufrieden: "Die Vorbehalte gegenüber Behinderten sind künstlich. Qualifizierte behinderte Mitarbeiter sind sehr motiviert und verantwortungsbewusst."

Ich will keine Almosen

Genau das ist auch Bernd Schmidt wichtig: "Ich bin kein Almosenempfänger, sondern ein normaler Mitarbeiter. Als solcher will ich auch behandelt und bezahlt werden." Er habe sich auch deswegen für die Pfennigparade und für Logica entschieden, weil er schon beim Vorstellungsgespräch das Gefühl hatte, als eigenständiger Mensch wahrgenommen zu werden, "nicht mitleidig als Körperbehinderter".

Die Eingliederung körperbehinderter Menschen in die Gesellschaft ist Mittelpunkt des Pfennigparade-Konzepts Triboni. "Triboni bietet Gutes für drei Partner", erklärt Helmut Mathy, Gruppenleiter IT bei der PSG Programmier-Service GmbH. "Der körperbehinderte Mitarbeiter wird mit dem marktgerechten Gehalt finanziell unabhängig und kann ein selbstbestimmtes Leben führen. Wir haben durch die Zusammenarbeit mit den Partnern einen größeren Spielraum, um Körperbehinderte zu fördern. Und unsere Partnerunternehmen erhalten nicht nur qualifizierte IT-Fachkräfte zu wirtschaftlich interessanten Konditionen, sondern haben auch die Chance, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und ihr soziales Ansehen zu steigern."

Firmen gesucht

Die Stiftung Pfennigparade sucht laufend Partnerunternehmen, die qualifizierten körperbehinderten IT-Fachkräften eine Chance geben und damit gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Ansprechpartner sind Falk Wintringer (falk.wintringer@psg-online.com) und Katrin Fleger (katrin.fleger@bkg-service.de).

Finanzielle Vorteile ergeben sich für Triboni-Partnerunternehmen durch die gesetzlich verankerte Ausgleichsabgabe für nicht besetzte Schwerbehinderten-Pflichtplätze. Die in Rechnung gestellten Arbeitsleistungen der Stiftung Pfennigparade können bis zu 50 Prozent auf diese Ausgleichsabgabe angerechnet werden. (am)