Millionen-Programm für den Ausbau einer eigenen IC- und Mikroprozessoren-Industrie

Israel plant "Mini-Silicon-Valley"

30.03.1984

JERUSALEM (VWD) - Israel macht derzeit verstärkt Anstrengungen, an dem Geschäft von integrierten Schaltkreisen und Mikroprozessoren zu partizipieren. Amerikanische und Israelische Unternehmen haben bislang etwa 285 Millionen Dollar in den Aufbau dieses Industriezweiges investiert. Nach Angaben der Bundesstelle für Außenhandelsinformation in Köln sollen bis 1-986 rund 1600 Ingenieure, Techniker und andere Fachleute mit der Entwicklung von ICs und Prozessoren beauftragt sein. Die Errichtung eines "Mini-Silicon-Valley" wird von den Behörden unterstützt.

Im Industrie- und Handelsministerium in Jerusalem geht man von der Annahme aus, daß bis 1986 Produktion, Verwendung und Ausfuhr von integrierten Schaltkreisen, besonderen Computerprogrammen und Mikroprozessoren sowie sonstigen elektronischen Bauteilen einen Umsatz von etwa einer Milliarde Dollar erreichen. Im Verlauf der nächsten zwei bis drei Jahre soll die Elektronik in Israel die führende Industriesparte sein, die sowohl die Metallverarbeitung wie auch die Branchen, Textil, Konfektion, Chemie und Nahrungsmittel überflügelt.

Die US-Unternehmen Intel und National Semiconductor investieren dabei in zwei große Betriebe, die Chips herstellen, insgesamt 220 Millionen US-Dollar. Diese beiden Gesellschaften allein werden bis 1986 mehr als 1540 Arbeitnehmer beschäftigen. Vier Firmen mit Motorola an der Spitze spezialisieren sich auf die Herstellung von integrierten Schaltkreisen mit einer Anfangsinvestition von 35 Millionen Dollar. National Semiconductor errichtet ein Zweigwerk in Israel mit einem Aufwand von zirka 20 Millionen Dollar, das sich der Herstellung von besonderen Computerprogrammen widmet.

Diese sechs Unternehmen bilden inzwischen den harten Kern der neuen Industriesparte. Bereits 1986 soll die Produktion in Israel 4,3 Prozent des Chips, Prozessoren- und Halbleiter-Weltmarktes ausmachen. Hergestellt werden in Israel 64-K-RAM-Speicherchips, die 65 536 Bits speichern können. Zwei Betriebe haben mit der Herstellung der neuen Generation von 256-K-Chips bereits begonnen. Die Betriebe in Israel dienen den US-Unternehmen auch als Versuchslabor für neue Produktionsmethoden zur Herabsetzung der Kosten.

In enger Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen sind vor kurzem einige neue Firmen gegründet worden, die sich auf die Herstellung von Mikrocomputern mit eingebauten Programmen eingestellt haben und in diesem Bereich zahlreiche Innovationen auf den Markt bringen. Omicon Scientific investierte bisher 45 Millionen Dollar in Herstellung und Fertigung von neuen Herzschrittmachern und künstlichen Bauchspeicheldrüsen; die Firma Tadiran acht Millionen Dollar in Herstellung und Weiterentwicklung von Ultraschall-Meßgeräten.

Nicht zuletzt weil Israel über eine ausreichende Anzahl von gut ausgebildeten Ingenieuren und Technikern verfügt und die israelischen Hochschulen für gut vorbereiteten Nachwuchs sorgen, sehen US-Unternehmen gute Möglichkeiten, die sich abzeichnende Nachfrageexplosion bei Chips und anderen Bauteilen durch schnelle Produktionsaufstockung zu decken. Besonders Intel hat seine Ausbau- und Entwicklungspläne in Israel beschleunigt, nachdem Versorgungsengpässe aufgetreten sind und Neukunden zugunsten der Stammkundschaft zurückgewiesen werden mußten. Die israelischen Industrieplaner sehen im Bereich der innovativen Elektronik eine reale Chance, eine bereits dringend notwendige Umstrukturierung der inländischen Industrie in die Wege zu leiten