IS-Controller sollen bei ihren Leisten bleiben

03.11.1989

EDV-Risiken und -investment so gering wie möglich halten

Informationstechnik im Unternehmen verändert den Wettbewerbserfolg nicht von selbst. Innovative Technologien greifen nur dann, wenn sie die primären Erfolgsfaktoren des Unternehmens unterstützen. Ein penibles Kosten sowie Nutzendenken mit Blick auf die EDV kann dazu wirtschaftliche Voraussetzungen

klären helfen. Über diese und weitere Aufgaben des Informationssysteme(IS)-Controllers sprachen Rainer Bußmann von der Coopers & Lybrand Unternehmensberatung GmbH in Frankfurt mit Wolf Dietrich Lorenz*.

CW: Wie definieren Sie die Aufgabenbereiche des Informationssysteme-Controlling?

Bußmann: Wir meinen, daß die Informationsverarbeitung als ein strategischer Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg angesehen werden muß. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Informationsverarbeitung in die strategische Unternehmensplanung mit einzubeziehen. Schließlich ist sie eine wesentliche Unternehmens-ressource, die nicht isoliert betrachtet und geplant werden darf. Den heute wird fast jeder Unternehmensprozeß durch Informationssysteme und Techniken unterstützt.

CW: Wo liegen die Schwerpunkte, wo die Erfolgsfaktoren?

Bußmann: Besonders deutlich zeigt sich die Abhängigkeit von sowie die Verflechtung mit Informationsverarbeitung, wenn wir die Unternehmenssituation analysieren und strategische die Ausrichtung nach großen Entwicklungszielen betrachten: den Marktanteil auszubauen, ihn zu halten sowie Marktanteile in bestehenden Marktsegmenten abzubauen.

Eine entscheidende Rolle spielt die Informationsverarbeitung weiterhin dabei, Erfolgsfaktoren auszugestalten, etwa den Datentransfer mit Lieferanten und Kunden via Electronic Data Interchange - also EDI - zu beschleunigen.

Weiterhin rechnen wir zu diesen Faktoren, die Auftragsdurchlaufterminierung zu verringern, Stichwort: PPS-Systeme und Computer Aided Manufacturing. Dazu zählt weiterhin, die Produktentwicklungszeiten durch computerunterstütztes Design zu verkürzen.

Zieht man diese Faktoren ins Kalkül, ist die Planung, Steuerung und Kontrolle der Ressource Informationsverarbeitung auf dem Top-Lever-Niveau

zwingend notwendig.

CW: Wie gestalten sich diese Aufgabenstellungen in der Praxis?

Bußmann: Drei Hauptaufgaben fallen dabei dem Bereich IS-Controlling zu. Erstes Anliegen soll es sein, beantragte Investitionen sowie Projekte unter den Aspekten Unternehmens ziele, Erfolgsfaktoren und Unternehmensressourcen zu überprüfen.

Zweitens gilt es, die Umsetzung des prognostizierten Benefit ebenso zu Verfolgen und zu überwachen wie den Return on Investment von Projekten oder Investitionen. Die dritte Aufgabe betrifft die Überwachung sowie Steuerung der kalkulierten Ressourcen und definierten Teilziele der Projekte.

Diese Aufgabenstellungen lassen deutlich erkennen, daß die Funktion des IS-Controllings auf mindestens zwei Unternehmenshierarchiestufen eingebunden werden muß, nämlich dem Konzerncontrolling sowie dem Bereichscontrolling.

CW: Noch bestimmt in dieser Sicht das Thema "Kostenreduktion" die Aktivitäten des Controlling. Bleibt das "innovative Denken" auf der Strecke?

Bußmann: Kostenreduktion in administrativen und operativen Bereichen durch Einsatz innovativer Informationstechniken schließen sich nicht aus. Gerade in diesem Zusammenhang gewinnt das IS-Controlling unter den Gesichtspunkten Planen, Steuern und Kontrollieren ja an Bedeutung. Es vermag immerhin, die Risiken und das Investment so gering wie möglich zu halten. Und entscheidend beim Einsatz neuer Technologien bleibt doch die Frage: Inwieweit unterstützen die innovativen Technologien die primären Erfolgsfaktoren des Unternehmens?

CW: Das klingt nach Konsequenzen für die Gestaltung der Informationstechnik in Büro und Produktion...

Bußmann:... auf die ich an einem Beispiel aus der Praxis ein gehen möchte. Wenn sich bei einem gut geführten und leistungsstarken Unternehmen herausstellt, daß 60 bis 70 Prozent der Vertriebstätigkeit auf die interne Informationsbeschaffung über Produkte, Kunden, Lieferungen, Reklamationen entfällt, dann liegt meist der Gedanke nahe, in die Informationsverarbeitung zu investieren, um diesen Mißstand zu beheben. Jeder Verkäufer erhält also seinen Arbeitsplatz-PC; Konkurrent X hat das ja auch.

Nach einem Jahr wird festgestellt, daß immer noch 60 Prozent der Vetriebstätigkeit auf Informationsbeschaffung und -verwaltung entfallen. Die Investition betrug zirka 30 000 Mark pro PC-Platz, der Nutzen erweist sich indes als gleich Null.

Bei einem etablierten IS-Controlling dagegen wäre der Prozeß wie folgt abgelaufen: Die Erfolgsfaktoren für das Unternehmen sind definiert und lauten "verbesserte Auskunftbereitschaft gegenüber Kunden" sowie flexibles Eingehen auf Kundenwünsche".

Der Projektantrag enthält die Analyse der arbeitsplatzbezogenen Informationen für den Vertrieb. Ihm folgt die Bewertung der Ergebnisse. Dann erst kauft das Unternehmen drei PCs nebst zugehöriger Software.

Als Nutzen zeigt sich: Der Aufwand des Vertriebs für Informationsbeschaffung sinkt nach dreimonatigem Betrieb für 50 Großkunden von 60 Prozent auf die Hälfte. Indirekt ist weiterhin zu verbuchen, daß die Kundenzufriedenheit steigt, die Anzahl der Reklamationen zugleich abnimmt.

Warum? Die Institution IS-Controlling kanalisiert und minimiert die Investitionsentscheidungen in Verbindung mit den Zielsetzungen aus der Unternehmensplanung. Darüber hinaus gestaltet sie diese Entscheidungen transparenter und effektiver.

CW: Sie beschreiben damit traditionelle Controlling-Aufgaben. Ist vom

IS-Controller nicht mehr gefordert, beispielsweise gewandelte Einsatzmöglichkeiten moderner Technik mit neuen Gewinnchancen zu eruieren?

Bußmann: IS-Controlling sollte keinen additiven Part zur Informationsverarbeitung im Hinblick auf Marktbeobachtung und resultierenden Innovationen spielen.

CW: Gilt dies auch künftig im europäischen Binnenmarkt?

Bußmann: Die Chancen und Möglichkeiten die der Binnenmarkt zukünftig bietet, müssen in der Unternehmensplanung unternehmensspezifisch erarbeitet werden Hier ist das IS-Controlling gefordert, Lösungswege aufzeigen, die es ermöglichen, die Überprüfung beantragter Investitionen und Projekte unter den Aspekten: Unternehmensziele, Erfolgsfaktoren und Unternehmensressourcen europaweit zu harmonisieren. Bei diesem Prozeß spiele nationale Besonderheiten wie Mentalität, soziales Geflecht oder auch Führungsstil eine große Rolle.

CW: Damit erhalten die beruflichen Anforderungen und Qualifikationen des "Informationssysteme-Controller Gewicht.

Bußmann: Aus unserer Sicht steht das ganzheitliche, unternehmerische Denken im Vordergrund. Der Informationssysteme-Controller muß jene notwendigen Aktionen verstehen und beurteilen können, die aus der Anwendung der Erfolgsfaktoren auf das Unternehmen resultieren. Ebenso sollte er seine Erfahrungen in der praktischen Projektarbeit erworben haben, um die Sorgen und Nöte sowohl der Fachabteilungen als auch der Informationsverarbeitung verstehen zu können.

Reiner Bußmann ist als Bereichsleiter Informatik- und Organisationsberatung bei der Coopers & Lybrand Unternehmensberatung GmbH tätig. Wolf Dietrich Lorenz hat die Leitung von CSE, Conferences, Seminars, Education, dem Kongreßdepartment der IDG Communications Verlag AG in München.

EDV kostet mehr als Geld

Bei dem "CSE-Anwenderforum für Informationssysteme-Controlling am 14. und 15. Februar 1990 in München geht es EDV-Anwendern um die Frage, wie - und ob - sich EDV und Kommunikationstechnik rechnen lassen. Daß EDV mehr als nur Geld kosten kann, skizzieren dabei EDV-Anwender sowie EDV-Berater in Erfahrungsberichten und praxisrelevanten Analysen. Rainer Bußmann erörtert dabei das Thema "Controlling der Informatikstrategie".

Informationen: CSE, Conferences, Seminars Education, IDG Communications Verlag AG, Rheinstraße 28, 8000 München 40, Telefon 0 89/3 60 86-1 69.