Kolumne

"Irgendwann erwischt es jeden"

17.05.2002
Christoph Witte Chefredakteur CW

Auch die IBM - im vergangenen Jahr noch als der Inbegriff des idealen Geschäftsmodells in der IT-Branche gefeiert - ist trotz Global Services nicht vor Marktkrisen gefeit.

Dieser Geschäftsbereich, der inzwischen 40 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, unterliegt den konjunkturellen Zyklen genauso wie die Hard- und Software-Divisions des Anbieters. Lediglich die Höhen und Tiefen der ökonomischen Wellen sind versetzt. In kurzen Rezessionsphasen stützen die oft aus langfristigen Verträgen generierten Umsätze des Servicegeschäfts andere bereits schwächelnde Segmente soweit ab, dass die Leistungskurve des Gesamtkonzerns weiter nach oben zeigt. Doch damit ist es jetzt vorbei.

In der heutigen, lang anhaltenden Schwächeperiode hat sich dieser Effekt abgenutzt. Die Serviceumsätze sinken seit dem vierten Quartal 2001; zunächst um gut ein Prozent, im ersten Quartal des laufenden Jahres aber bereits um knapp drei Prozent. Damit kann das schlechte Geschäft in den anderen Bereichen (Hardware -26 Prozent, Software -0,7 Prozent) nicht mehr ausgeglichen werden. So schnell kann aus einem Performance-Garanten ein weiteres Problem werden.

Wenn IBM-Boss Sam Palmisano gegenüber den Mitarbeitern seit neuestem (siehe Seite 1) von "zurechtstutzen" spricht und erklärt, dass die "Investitionen in das Unternehmen auf der Annahme hohen und robusten Wachstums basierten" dann räumt er indirekt Fehler ein. Fehler, die er ausbügeln muss, für die aber wohl noch sein Vorgänger Louis Gerstner verantwortlich ist, der voll auf die Karte Servicegeschäft gesetzt hatte. Vernachlässigt hat Gerstner dabei die Tatsache, dass die IBM langfristig nur erfolgreich sein kann, wenn auch das Produktgeschäft gesund ist.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Spekulationen um die Streichung von bis zu 9600 Stellen absolut realistisch. IBM muss Kosten abbauen, und im Service-Segment, das von dieser Maßnahme garantiert am stärksten betroffen sein wird, geht das nur durch Jobabbau. Palmisano sagt, es gebe keinen Grund, die Strategie zu ändern, lediglich kleinere Anpassungen seien nötig. Angesichts der Umsatzverluste in praktisch allen Geschäftsbereichen hört sich das allerdings stark nach dem berühmten Pfeifen im Wald an.