Fremdbetreuung des Web-Auftritts

Internet-Präsenz: Lohnt sich das Outsourcen?

25.04.1997

Seit geraumer Zeit macht das Schlagwort Outsourcing die Runde in der DV-Branche: Warum sollen Unternehmen bestimmte Aufgaben selbst erledigen, wenn man sie kostengünstiger einem externen Dienstleister überlassen kann? Gerade bei der Selbstdarstellung des Unternehmens im World Wide Web scheint sich die Vergabe außer Haus anzubieten: Das Hosting des Web-Servers, der Aufbau und die Pflege der Web-Seiten sind beispielsweise Funktionen, die ein externer Serviceanbieter übernehmen könnte. Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, daß dies nur unter bestimmten Voraussetzungen zutrifft.

Ein häufig gehörter Grund, Web-Aktivitäten einem Dritten anzuvertrauen, ist der, daß intern das nötige Know-how fehlt. Doch allein deswegen die Internet-Aktivitäten außer Haus zu geben, halten Insider für grundverkehrt. Abhängig davon, was mit der Darstellung im World Wide Web erreicht werden soll, kann es lohnender sein, nach entsprechender Fortbildung eine eigene Abteilung oder Arbeitsgruppe damit zu beauftragen.

Daher ist die absolute Grundvoraussetzung für die Web-Präsenz überhaupt, erst recht aber für ihre erfolgreiche Auslagerung, daß klare Vorstellungen existieren, wie die Selbstdarstellung im Internet gestaltet werden soll und welche Ziele langfristig damit erreicht werden sollen. Ohne die deutliche Formulierung dieser Ideen braucht erst gar nicht an die Vergabe an einen externen Dienstleister gedacht zu werden. Obwohl diese Forderung als Binsenweisheit erscheinen mag, zeigt das Beispiel der Eastman Kodak Co., wie wichtig solche Planung ist. Als eine der ersten Firmen sammelte das Unternehmen bereits 1989 Erfahrungen mit dem Outsourcen. Joseph Luppino, Leiter IT-Services bei Kodak, erinnert sich: "Wer nicht in der Lage ist, eine Spezifikation für das Internet-Outsourcing zu schreiben, der sollte die ganze Idee schnell wieder vergessen. Wir hatten damals keine klaren Vorgaben für unseren Web-Auftritt gemacht und zudem völlig die schnelle technologische Entwicklung des Mediums unterschätzt." Daher entschied sich Kodak 1994, sämtliche Aktivitäten rund um das weltweite Datennetz wieder unter eigener Regie zu betreiben, unter anderem, um schneller und gezielter auf technologische Veränderungen reagieren zu können.

Genau darum empfehlen einige Insider, bei der Festlegung von Rahmenkriterien für das Outsourcing von Web-Leistungen nicht zu restriktiv zu sein. Besonders im Hinblick beispielsweise auf Leistungsumfang oder Preisgestaltung sollte die Schnellebigkeit des Mediums Internet einkalkuliert werden: Was heute schnell und billig ist, muß es deswegen morgen noch lange nicht sein.

Bill Schallenberg, Manager Internet Services bei Marriott International Inc., hält das Outsourcing auf diesem Gebiet gerade deswegen für schwierig. Vor langfristigen Verträgen, wie sie bei Outsourcing-Deals sonst üblich sind, warnen derweil einige US-amerikanische Branchenkenner. Ein Jahr, so die Argumentation, sei im Internet-Geschäft eine sehr lange Zeit, außerdem könne es nicht schaden, wenn der externe Dienstleister in regelmäßigen Abständen beweisen müsse, daß er den Vertrag zu Recht habe.

Auch beim Outsourcing der Internet-Aktivitäten müssen Punkte beachtet werden, die bei einem Auftritt im Web grundsätzlich eine Rolle spielen. Dazu gehört, daß Web-Seiten einen starken optischen Eindruck hinterlassen sollten. Es ist daher wichtig, dem Betrachter einen gewissen visuellen Anreiz zu bieten, was nur gelingen kann, wenn die Besonderheiten des Mediums berücksichtigt werden. Zudem ist darauf zu achten, die Web-Darstellung konform zur Unternehmensidentität zu halten. Gerade weil es ziemlich schwer ist, hier einen praktikablen Mittelweg zu finden, erscheint es unter Umständen verlockend, die Gestaltung Dritten anzuvertrauen.

Der "Playboy" in Chikago hat sich dennoch dagegen entschieden. Eileen Kent, Vice-President Neue Medien bei Playboy, erklärt die Gründe: "Niemand kennt das Unternehmen und die Produkte besser als wir selbst." Kent führt die schlechte Qualität vieler Unternehmensseiten im Web gerade darauf zurück, daß sie von externen Dienstleistern entwickelt werden, denen Detailkenntnisse über ihren Auftraggeber fehlen.

Aus einem anderen Grund ist das Web-Outsourcing für international operierende Firmen problematisch: Jede Niederlassung möchte womöglich mit eigenen Seiten im Web vertreten sein, wobei die nationale Identität nicht verlorengehen soll. Entscheidet sich ein Unternehmen, das in mehreren Ländern vetreten ist, dafür, die Web-Präsenz in externe Verantwortung zu geben, müssen daher klare Richtlinien erarbeitet werden, anhand derer die Entwicklung der Seiten zu erfolgen hat. Geschieht dies nicht, und sehen die jeweiligen Länderseiten desselben Unternehmens nachher aus als kämen sie von zwei völlig verschiedenen Anbietern, schadet die Präsentation dem Image des Unternehmens mehr, als sie ihm nützt.

Es kann gute Gründe geben, die das Outsorcen der Web-Aktivitäten plausibel machen. Dennoch sollte bei einer komplexen Selbstdarstellung im Internet (beispielsweise mit Interaktionsmöglichkeiten wie Produktrecherche in einer Datenbank) genau abgewogen werden, ob es wirklich eine gute Idee ist, wichtige und eventuell vertrauliche Produkt- oder sogar Anwenderdaten auf einem Rechner bei einem externen Dienstleister zu speichern, der womöglich auch den Konkurrenten betreut.

Web-Outsourcing - für wen?

Ja:

-Sie brauchen eigene Web-Seiten so schnell wie möglich.-Sie haben klare Vorstellungen, wie die Internet-Präsenz aussehen soll.-Im Unternehmen ist kein Internet-Know-how vorhanden.-Ein Outsourcer bietet bessere Sicherheitsleistungen, als sie im Unternehmen realisiert werden können.-Sie brauchen große Zuverlässigkeit und Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, was im Unternehmen nicht machbar ist.-Vom Stammpersonal kann sich niemand um die Web-Präsenz kümmern.

Nein:

-Die IT-Abteilung kennt sich mit Internet-Technologien aus und hat noch Kapazitäten frei-Internet-Dienste haben strategische Bedeutung für das Unternehmen, größtmögliche Kontrolle der Inhalte ist daher nötig.-Sie legen Wert darauf, jederzeit Änderungen an Gestalt und Kontent vornehmen zu können.-Im Unternehmen herrscht Unklarheit darüber, wie die Web-Seiten aussehen sollen und was damit erreicht werden soll.