Berater sehen schwarz für Einzelkämpfer im Web-Geschäft

Internet-Landkarte von Andersen zeigt Konvergenzstrategien auf

07.05.1999
MÜNCHEN (CW) - In der Web-Wirtschaft kämpfen traditionelle Unternehmen mit neuen Firmen um führende Positionen. Mittlerweile zeichnet sich aber eine Konsolidierung ab. Die Unternehmensberatung Andersen Consulting trägt auf einer "Internet-Landkarte" für Deutschland die Konvergenzstrategien hiesiger Anbieter ein.

Die Bedeutung des Internet als Massenmedium und seine Chancen als Vertriebs- und Marketing-Kanal zwingen Unternehmen zum Handeln. Die derzeitige Übernahme- und Kooperationswelle schafft nach Ansicht der Andersen-Experten auch in Deutschland festere Strukturen in der Internet-Wirtschaft. Insgesamt sieben Teilbranchen haben die Berater ausgemacht. Dabei handelt es sich um die Bereiche Ausrüstung, Transport (von Sprache und Daten), Internet-Zugang, Software, Information sowie Navigation. Die notwendigen Glieder der Wertschöpfungskette vom Netz bis zu den Inhalten sind laut Andersen:

- breitbandiger Internet-Zugang zum Endkunden,

- einfache Zugangssoftware und Endgeräte,

- massenmarkttaugliche Informations-, Dienstleistungs- und Handelsangebote,

- sichere Transaktions- und Distributionsverfahren sowie

- weitreichende Werbestrategien.

Wer diese Kette kontrolliere, binde dauerhaft die Konsumenten, deren Kaufkraft und Zeit. Viele der etablierten Handels-, Medien- und Kommunikationsunternehmen hätten dabei die Dynamik reiner Web-Firmen unterschätzt. Jetzt suchen sie ihr Heil in teuren Aufkäufen und Allianzen.

Mit der Deutschen Telekom und T-Online sowie AOL-Bertelsmann und BOL haben sich erste Internet-Konglomerate herauskristallisiert, so Andersen. Sie sind dem Ziel einer Komplettabdeckung der Web-Wertschöpfungskette am nächsten. Doch die Internet-Wirtschaft hierzulande steht unter starkem Einfluß der US-Player.

Portale wie Yahoo beispielsweise expandieren in den Handel und kooperieren mit Medien- und TK-Gesellschaften, während Internet-Handelsunternehmen wie Amazon.com oder E-Bay einerseits ihre Portalfunktionen ausbauen und andererseits durch die Aufnahme weiterer Produktkategorien wachsen. Viel hängt dabei von den Investitionen in die Bekanntheit, den Kundenservice und die Logistik ab. Andersen geht von der weltweiten Dominanz einiger weniger "Superstores" aus.

Traditionelle Medienunternehmen versuchen durch Aufkäufe und Kooperationen ihre Inhalte ins Internet zu bringen und haben dabei vor allem die Portale im Visier. Weil sie den "Kitt" zwischen Netzinfrastruktur und Internet-Inhalten bilden, sind Software-Anbieter wie Netscape, Intershop oder Brokat nach Ansicht der Berater attraktive Übernahme- und Kooperationspartner für Infrastruktur- und Content-Anbieter.

Die Internet-Service-Provider rivalisieren im Bereich des Sprach- und Datentransports mit den TK-Unternehmen und bedrohen durch IP-Technologie deren Kerngeschäft. Trotzdem kooperieren sie mit den Telcos, da auch Online-Dienste wie AOL ihren Kunden beispielsweise einen Breitbandzugang wie DSL garantieren müssen. Gleichzeitig bauen sie ihre Stellung als Portale aus. Telekommunikationsfirmen wie die Deutsche Telekom oder Arcor wiederum expandieren über Internet-Zugangsangebote (T-Online, Germany.net) in den Bereich Internet-Handel, Information und Navigation. Dabei kooperieren sie mit Handels- und Medienunternehmen sowie Portalen.

Schließlich treiben TK-Ausrüster wie Cisco oder Siemens durch eigene Entwicklungen, Aufkäufe und Kooperationen die Sprach-Daten-Integration und die Breitbandtechnologie (wie DSL) voran.

Andersen Consulting kommt zu dem Ergebnis, daß die Konsolidierung des Internet-Markts sowohl von den Anbietern der Netzinfrastrukturseite als auch von der Inhaltsseite vorangetrieben wird. Isolierte Telekommunikations- und Internet-Dienstleistungsstrategien werden in Zukunft nach Ansicht der Berater keinen Bestand mehr haben. Ob allerdings kleinere, spezialisierte Anbieter in Nischenmärkten und lokalen Bereichen gerade wegen einer Konzentration auf wenige, vielleicht schwerfällige Komplettanbieter sehr wohl noch eine Perspektive haben, thematisieren die Andersen-Experten nicht.