Internationaler Druck auf deutsche Dienstleister Das Data-Warehousing soll Wettbewerbsnachteile mildern

14.04.1995

MUENCHEN (gfh) - Es gibt hierzulande einen Bedarf fuer Data- Warehousing. Diesen Eindruck vermittelte die von der European Management Group, Kirchheim bei Muenchen, im Muenchner Siemens- Museum veranstaltete dreitaegige Data-Warehouse Executive Konferenz.

Wie ernst die Anwender das Thema nehmen, zeigt, dass nach einer elektronischen Umfrage 73 Prozent der Teilnehmer bereits konkrete Plaene zum Aufbau eines Data-Warehouses haben. Die nach Augenschein rund 80 Anwender vertraten vor allem Dienstleistungsunternehmen wie Versicherungen und Banken oder die Deutsche Telekom. Gekommen sind aber auch DV-Spezialisten aus der Industrie.

Wie aus der elektronischen Umfrage zudem indirekt hervorgeht, sind die Anwender durchaus bereit, betraechtliche Summen in ein Data- Warehouse zu investieren. Als geplante Konfiguration nennen 49 Prozent der Befragten Parallelrechner und 63 Prozent ein relationales Datenbanksystem, das parallele Abfragen ermoeglicht.

In den Vortraegen und mehr noch in den Kaffeepausen wurde deutlich, dass sich vor allem die Dienstleister unter enormem Druck sehen, moeglichst rasch ein Informationssystem aufzubauen, das ihnen hilft, den in den Markt draengenden auslaendischen Telecom- und Versicherungsanbietern Paroli zu bieten. Hier gilt das Data- Warehouse als zentraler Hoffnungstraeger.

Diesem Anspruch wird die Technik jedoch nur gerecht, wenn es sich dabei nicht nur um eine Neuauflage der Management-Informations- Systeme (MIS) handelt. "Es reicht nicht, die Geschaeftsleitung mit Eckdaten zu beliefern. Die aus den produktiven Systemen gewonnen Informationen muessen wieder in den Produktionsprozess eingeschleust werden", bringt Peter Page, Vorstandsmitglied bei Siemens-Nixdorf, die Anforderungen an ein Data-Warehouse auf den Punkt.

Konkret richtet sich die Hoffnung der Anwender auf zwei Bereiche: das Finden von Marktluecken fuer neue Produkte und das sogenannte Eins-zu-eins-Marketing. Beides wird nur moeglich, wenn die vorhandenen Kundendaten und externe Informationen ueber moegliche Kaeufer kombiniert werden koennen. Durch gezielte Fragen soll sich dann zum Beispiel herausstellen, dass es genuegend Singles mit hohem Einkommen gibt, die Angst vor Einbruechen haben, so dass es sich lohnen wuerde, fuer sie eine besondere Versicherungsvariante einzufuehren. Erfolgreiche Beispiele fuer die Entdeckung neuer Dienstleistungen aufgrund von Data-Warehouse-Informationen sind auch die in den USA inzwischen eingefuehrten Telefontarife fuer Familien.

Beim Eins-zu-eins-Marketing geht es darum, herauszufinden, welche Einzelpersonen, aus welchen Gruenden fuer einen bestimmten Service in Frage kommen. So koennten Banken versuchen, potentielle Kunden auf speziell zugeschnittene Anlagemoeglichkeiten aufmerksam zu machen. Vorstellbar ist auch, wie ein Referent von AT&T GIS vorschlug, dass ein Telecom-Anbieter, einen Privatkunden bevorzugt bedient, weil bekannt ist, dass er an seinem Arbeitsplatz ueber die Anschaffung von Telefontechniken zu entscheiden hat.

Bei dieser Art Marketing sehen sich die hiesigen Anwender jedoch aufgrund der Datenschutzgesetze im Nachteil gegenueber der auslaendischen Konkurrenz. So sei es in den USA kein Problem, etwa von Kreditkarten-Instituten personenbezogene Informationen zu kaufen. Einige der anwesenden Kongressteilnehmer sehen daher im Data-Warehousing vor allem ein Instrument, um die vorhandenen Kunden, deren Daten bereits gespeichert sind, durch besseren Service bei der Stange zu halten.

Das Data-Warehouse

Data-Warehousing beruht auf einer umfassenden Architektur der Informationsgewinnung. Dabei werden Betriebsdaten aus OLTP- Systemen, Datenbanken, Archiven und anderen Quellen in einer zusaetzlichen Informationsdatenbank zusammengefasst und so aufbereitet, dass sie von Managern zur Entscheidungsunterstuetzung verwendet werden koennen. Anwendungsgebiete sind vor allem das Marketing und die Entdeckung neuer Marktluecken.

Zu den Problemen bei der Einfuehrung solcher Systeme zaehlen aufgrund des hohen Bedarfs an Rechner- und Datenbankleistung sowie an Speicherplatz der oft siebenstellige Preis und die muehsame Integration der verschiedenen Komponenten. Vor allem aber ist die Errichtung eines Data-Warehouse ein aufwendiges Projekt mit vielen Fehlerquellen.