Intel, Apple und Microsoft bieten Eigenentwicklungen an Videos lassen sich nicht nur mit MPEG auf den PC bringen

25.11.1994

MUENCHEN (wm) - Video auf dem PC ist moeglich, aber nicht unbedingt erschwinglich. Fuer eine Sekunde bewegte Bilder im Normalformat (640 x 480 Bildpunkte) benoetigt man 27 MB Speicherplatz. Ohne Komprimierung lassen sich selbst kurze Filme weder auf einer Festplatte noch auf einer CD-ROM unterbringen. Damit beginnt das Dilemma: Soll der PC-Prozessor die Datenreduktion uebernehmen oder zusaetzliche Hardware? Wie speichert man komprimierte Filme am besten?

Die Welt der komprimierten Videobilder wird von vielen Produkten mit seltsamen Namen bevoelkert, die sich in Preis und Bildqualitaet deutlich voneinander unterscheiden.

"Indeo" ist eine Entwicklung von Intel, "Quicktime" stammt aus dem Hause Apple. MPEG ist eine Definition der Moving Photographics Experts Group. Die Joint Photographic Experts Group legte JPEG fest, das aber nur fuer die Komprimierung einzelner Bilder geeignet ist. Die beiden letztgenannten wurden vom American National Standardization Institute (ANSI) und der International Standards Organization (ISO) anerkannt, waehrend Intel und Apple eher auf ihre Marktmacht denn auf internationale Standards vertrauen.

Werden Bilder nach dem MPEG-Verfahren verdichtet - in einem Verhaeltnis von 200 zu eins -, dann kann selbst ein 386-PC mit VGA- Karte einen Echtfarbenfilm darstellen. Auf einer handelsueblichen CD-ROM lassen sich 74 Minuten MPEG-Video speichern. Doch diese Datenreduzierung war bisher nur mit relativ teuren Erweiterungskarten am PC moeglich: Zum Preis von 10000 Dollar liefert zur Zeit die amerikanische Firma Futuretel aus Sunnyvale "Primeview" aus, einen der billigsten MPEG-Verschluesselungsadapter auf dem Markt.

Die Entschluesselung ist wesentlich billiger zu haben: In Deutschland bieten inzwischen mehrere Hersteller MPEG- Abspielkarten an, die zwischen 500 und 700 Mark kosten. K+S Computing in Huemmerich vertreibt "MPEG Master" zum Preis von 700 Mark. Genausoviel kostet auch die "Real-Magic"-Karte von Sigma Design in Muenchen und

"Tut MPEG" von der KM Handelsgesellschaft in Kirchheim unter Teck.

Etwas billiger kommt der MPEG-Decoder "Cinerama", der in Deutschland ueber die Firma Manfred Gaus GmbH in Hamburg erhaeltlich ist.

Im Vergleich zu einer Videobearbeitung mit zusaetzlicher Hardware kann eine Softwareloesung wie Indeo oder Quicktime natuerlich nicht bestehen. Selbst auf PCs mit leistungsstarken CPUs wie dem Pentium-Chip von Intel oder der Power-PC-CPU im Apple Power- Macintosh ist die Wiedergabegeschwindigkeit niedrig. Ausserdem laufen die Filme auf normalen 486-PCs nur in einem briefmarkengrossen Ausschnitt auf dem Bildschirm.

Wenigstens die Videoaufzeichnung im Indeo-Format hat Intel vor kurzem mit dem "Smart Videorecorder Pro" verbessert. Die Einsteckkarte zum Preis von fast 1100 Mark digitalisiert Videobilder mit einer Aufloesung von 320 x 240 Bildpunkten und einer Bildwechselrate von 30 Hertz.

Doch die MPEG-Konkurrenz bleibt nicht zurueck: Vor wenigen Tagen kuendigte die amerikanische Firma Xing Technology aus Arroyo Grande an, dass ihre Software "Xing MPEG" MPEG-Videos ohne zusaetzliche Hardware dekodieren kann. Ein PC mit Pentium-Prozessor und Grafikbeschleuniger reicht aus, um MPEG-Videos in Echtzeit darzustellen, das heisst mit einer Aufloesung von 640 x 480 Bildpunkten bei einer Farbtiefe von 24 Bit und einer Bildwechselrate von 30 Hertz.

"Im naechsten Jahr werden Sie keinen Grafikbeschleuniger mehr ohne MPEG-Videotreiber erhalten", prophezeit Spencer Greene von Alliance Semiconductor, eines der ersten Unternehmen, das Xing MPEG mit seinen Grafikkarten ausliefern wird.

Doch in der Branche wird manchem bei so viel Zweckoptimismus schlecht: "Viele Videoentwickler konzentrieren sich doch nur auf Microsofts Audio-Video-Interleaved- (AVI-) oder Intels Indeo- Definition, weil damit die geringsten Anforderungen an die PC- Hardware gestellt werden", kritisierte Kirke Curtis von Videologic schon vor einiger Zeit. Dabei koenne man im AVI-Format nur mit einer Aufloesung von 160 x 120 Bildpunkten und einer Bildwechselrate von 15 Hertz arbeiten.

Massen- und Profimarkt trennen sich beim PC-Video

Auf einem VGA-Bildschirm nimmt ein solcher Film gerade ein Sechzehntel der vorhandenen Bildschirmflaeche ein und erinnert wegen der ruckartigen Bewegungen an die ersten Stummfilme aus den zwanziger Jahren.

Zu erwarten ist deshalb wahrscheinlich eine Zweiteilung des Marktes: Waehrend fuer die Masse der Anwender Videofilme im AVI-, Quicktime- oder Indeo-Format produziert und als CD-ROM oder ueber ISDN-Verbindungen angeboten werden, werden sich professionelle Firmen auf Werbungs- oder Schulungsvideos im MPEG-Format spezialisieren.